§ 3
Befreiung von der Versicherungspflicht
(1) Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, solange sie
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1. regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen (Absatz 4) beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich das Zwölffache der Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet,
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1a) Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch beziehen, wenn sie im letzten Kalendermonat vor dem Bezug von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht versichert waren,
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2. wegen Erziehung eines Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie nach § 56 Abs. 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind,
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3. wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie von der Versicherungspflicht befreit sind, oder
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4. wegen der Ableistung von Wehr- und Zivildienst in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind.
(2) 1Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. 2Der Antrag auf Befreiung kann im Falle der Erfüllung einer neuen Befreiungsvoraussetzung nach einer anderen Nummer des Absatzes 1 mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden; der Widerruf ist nur innerhalb von drei Monaten nach Erfüllung der neuen Befreiungsvoraussetzung möglich. 3Die Befreiung endet mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Widerruf eingegangen ist. 4§ 34 Absatz 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(2a) 1Es wird unwiderlegbar vermutet, dass der Antrag auf Befreiung aufrechterhalten wird, solange eine der Befreiungsvoraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und der Antrag auf Befreiung nicht widerrufen worden ist (Absatz 2 Satz 2 und 3). 2Die Befreiungsvoraussetzungen gelten auch dann als ununterbrochen erfüllt im Sinne von Satz 1, wenn für weniger als drei Kalendermonate das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen des Absatzes 1 unterbrochen worden ist.
(2b) Tritt innerhalb von weniger als sechs Kalendermonaten nach dem Ende der Versicherungspflicht nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 erneut eine entsprechende Versicherungspflicht ein und galt für die Zeit der vorherigen Versicherungspflicht eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 Absatz 1 Nummer 1, wird widerlegbar vermutet, dass der frühere Befreiungsantrag auch für die erneute versicherungspflichtige Tätigkeit nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 gilt.
(3) 1Von der Versicherungspflicht wird auf Antrag auch befreit, wer die Wartezeit von 15 Jahren bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht mehr erfüllen kann. 2Absatz 2 gilt.
(4) 1Erwerbsersatzeinkommen sind Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen. 2Hierzu zählen insbesondere
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Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Unfallversicherung, einer berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen und vergleichbare Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis oder aus der Versorgung der Abgeordneten,
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Krankengeld, Krankengeld der Sozialen Entschädigung nach § 47 des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch, Verletztengeld, soweit es nicht nach § 55a Absatz 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch gewährt wird, oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Qualifizierungsgeld oder Unterhaltsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen von einem Sozialleistungsträger.
3Erwerbsersatzeinkommen sind auch den in Satz 2 genannten Leistungen vergleichbare Leistungen, die von einer Stelle außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erbracht werden, sowie die Renten einer Einrichtung der betrieblichen oder überbetrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung. 4Kinderzuschuß, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen bleiben außer Betracht. 5Wird eine Kapitalleistung oder anstelle einer wiederkehrenden Leistung eine Abfindung gezahlt, ist der Betrag als Einkommen zu berücksichtigen, der bei einer Verrentung der Kapitalleistung oder als Rente ohne die Abfindung zu zahlen wäre. 6Bei der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bleiben die Beträge nach § 93 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit Absatz 2a und 2b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch unberücksichtigt.
Erläuterungen
Die Vorschrift ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von der Versicherungspflicht. Diese kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn für den zu beurteilenden Tatbestand nicht gleichzeitig Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes besteht (vgl. BSG, 28.08.1984 - 11 Ra 74/83, BSGE 57, 117).
Besonders bedeutsam ist die Möglichkeit der Antragsbefreiung, wenn außerlandwirtschaftliches Einkommen oberhalb des Zwölffachen der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV erzielt wird. Weitere Befreiungsmöglichkeiten nach Absatz 1 bestehen während der Versicherungspflicht in der GRV aufgrund des Bezugs von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II, Kindererziehung, Pflege oder Ableistung von Wehr- oder Zivildienst.
Die Befreiung nach Absatz 1 ist nicht endgültig; vielmehr hält sie nur an, solange die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen (BSG, 05.10.2006 - B 10 LW 6/05 R, Rdschr. V 33/07; 13.10.2005 - B 10 LW 2/05 R, Rdschr. AH 2/06). Sinkt etwa das regelmäßige Einkommen (Absatz 1 Nr. 1) wieder unter die Befreiungsgrenze ab, entsteht - vorbehaltlich von Absatz 2a - erneut Versicherungspflicht. Im Gegensatz zu dem bis zum 30.04.2007 geltenden Recht bleibt im Ergebnis die Befreiung von der Versicherungspflicht bestehen, wenn die Befreiungsvoraussetzungen des Absatzes 1 für weniger als drei Kalendermonate nicht vorgelegen haben (Absatz 2a).
Durch Widerruf des Versicherten kann die Befreiung bei Erfüllung eines anderen Befreiungstatbestandes des Absatzes 1 mit Wirkung für die Zukunft beendet werden (Absatz 2 Sätze 2 und 3).
Die Befreiung nach Absatz 3 wegen Nichterreichens der 15-jährigen Wartezeit ist hingegen endgültig.
Die Befreiung von der Versicherungspflicht können sowohl Landwirte (§ 1 Abs. 2 und 3) als auch Mifa beantragen, nicht jedoch Weiterversicherte nach § 84 Abs. 2 oder 3 (BSG, 19.10.2000 - B 10 LW 20/99 R, Rdschr. AH 16/01).
Weil ein Mifa, der zugleich als Landwirt der Versicherungspflicht unterliegt, nach § 2 Nr. 3 versicherungsfrei ist, kann er sich - zunächst - nur als Landwirt befreien lassen. Die Befreiung als Landwirt bewirkt das Ende der Versicherungsfreiheit als Mifa. Sollte der Betreffende zugleich auch die Befreiung von der Versicherungspflicht als Mifa wünschen, kann dem aus Vereinfachungsgründen in einem Bescheid Rechnung getragen werden.
Eine Anwendung der Befreiungsregelung auf volljährige Mifa, die als Auszubildende im landwirtschaftlichen Unternehmen der Eltern tätig sind und mit ihrem geringen Entgelt nicht die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen, ist mit dem eindeutigen Wortlaut der Regelung und ihrem klaren Konzept nicht zu vereinbaren. Eine daraus resultierende „Doppelversicherung“ - sowohl in der AdL als auch in der GRV - ist unter Berücksichtigung des Teilsicherungscharakters der AdL verfassungskonform (BSG, 25.07.2002 - B 10 LW 12/01 R, Rdschr. AH 45/02). Diese Rechtsauffassung behält ihre Bedeutung auch unter Geltung des am 01.01.2015 in Kraft getretenen MiLoG, denn Auszubildende gelten nach § 22 Abs. 3 MiLoG nicht als Arbeitnehmer i. S. dieses Gesetzes.
Die Befreiung endet, wenn die Versicherungspflicht dem Grunde nach wegfällt, lebt also bei erneuter Versicherungspflicht nicht wieder auf (Rdschr. Nr. 88/01).
Sie endet auch, wenn sich der Versicherungsstatus ändert (Rdschr. Nr. 76/99).
- Beispiele:
- Der befreite Ehegatte eines Landwirts (§ 1 Abs. 3) wird selbst Unternehmer i. S. d. § 1 Abs. 2.
- Der als Mifa (§ 1 Abs. 8) befreite Sohn des Landwirts übernimmt das Unternehmen und wird selbst Landwirt i. S. d. § 1 Abs. 2.
Möchte der Versicherte auch im neuen Versicherungsstatus befreit bleiben, muss er einen neuen Antrag stellen.
Nummer 1
Die Befreiung ist abhängig von der Erzielung von Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen - ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft -, vergleichbarem Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen. Auch das im Ausland erzielte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen ist zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob es nach deutschem oder ausländischem Recht zu versteuern ist.
Zu beachten ist, dass negatives und positives Arbeitseinkommen zu saldieren ist, da der Verlustausgleich - abweichend vom Beitragszuschussrecht - nicht ausgeschlossen ist (vgl. auch die nachfolgenden Ausführungen zu „Arbeitseinkommen“).
Das insoweit ermittelte Einkommen muss jährlich das Zwölffache der Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV überschreiten. Diese Voraussetzung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; die mit der Einführung von Grenzwerten im Einzelfall immer auftretenden Härten müssen im Interesse der Verwaltungspraktikabilität hingenommen werden (zum Rechtszustand vor dem 01.04.2003: BSG, 08.10.1998 - B 10 LW 2/98 R, Rdschr. AH 5/99).
Bis zum 30.09.2022 musste das Einkommen den festen Grenzwert von jährlich 4.800 EUR überschreiten. Die Änderung zum 01.10.2022 steht im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Anpassung der Geringfügigkeitsgrenze in § 8 SGB IV. Die Geringfügigkeitsgrenze wird nun nicht mehr aus der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV gebildet, sondern nach § 8 Abs. 1a SGB IV aus einem Vielfachen des nach dem MiLoG zu bestimmenden Mindestlohns. Wer nach altem Recht befreit worden ist, genießt Vertrauensschutz, solange er die bisherige Grenze nicht unterschreitet (§ 85 Abs. 9),
Arbeitsentgelt
Das sozialversicherungsrechtlich relevante Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit wird durch § 14 SGB IV definiert. Danach gehören zum Arbeitsentgelt alle laufenden und einmaligen Einnahmen, die unmittelbar aus einer Beschäftigung (z. B. Lohn, Gehalt, Gratifikation, Prämie, Gewinnanteil, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Urlaubsabgeltung) oder im Zusammenhang mit ihr (z. B. Beihilfen) erzielt werden. Entsprechend einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts kommt es nicht auf das Nettoeinkommen, sondern auf das Bruttoeinkommen an. § 14 Abs. 2 SGB IV enthält daher eine Regelung für die Berechnung des Bruttoarbeitsentgelts, wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart wurde. Die aus einer Beschäftigung erzielten Einnahmen sind bei der Berechnung von Sozialversicherungsbeiträgen (abgesehen von den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen) und bei der Bemessung der Leistungen nur insoweit unberücksichtigt zu lassen, als die auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV erlassene SvEV dies bestimmt.
Die Vorschriften des EStG, der Lohnsteuerdurchführungsverordnung und der Lohnsteuerrichtlinien sind hinsichtlich des Begriffs Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung nur insofern maßgebend, als das Sozialversicherungsrecht dies vorschreibt.
Besonderheiten
Wird ein Ehrenamt im Rahmen einer Beschäftigung (§ 7 SGB IV) ausgeübt, liegt in Höhe des steuerpflichtigen Anteils Arbeitsentgelt i. S. d. § 14 SGB IV vor, und zwar unabhängig davon, ob daneben weitere Beschäftigungen ausgeübt werden (Rdschr. Nr. 84/05).
Auch aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährte Sachbezüge gehören zu den Einnahmen und sind unter den Begriff des Arbeitsentgelts zu fassen. Unberücksichtigt bleiben lediglich Einnahmen, die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV i. V. m. der SvEV dem Arbeitsentgelt nicht hinzuzurechnen sind. Deshalb zählen z. B. Zuschüsse des Arbeitgebers nach § 14 des Mutterschutzgesetzes nicht zum Arbeitsentgelt, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SvEV (vgl. aber die Ausführungen zu Absatz 4).
Mindestlohn
Mit Inkrafttreten des MiLoG gilt in Deutschland ab 01.01.2015 grundsätzlich für alle Arbeitnehmer ein flächendeckender allgemeiner gesetzlicher Mindestbruttolohn pro Zeitstunde.
Voraussetzung für die Feststellung von Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (RV/AlV) im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens des § 7a SGB IV ist das Vorliegen eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses (§§ 7, 14 SGB IV). Hieran hat sich auch durch das MiLoG nichts geändert.
Das MiLoG verschafft dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf den Mindestlohn, auf den er auch nicht verzichten kann. Ungeachtet dessen kommt es im Rahmen der Frage, ob ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht besteht, nur darauf an, in welcher Höhe Arbeitsentgelt tatsächlich bezogen wird, und nicht darauf, ob ein darüber hinausgehender Anspruch besteht.
Ehegatten-Arbeitsverhältnisse
Besteht zwischen dem Landwirt i. S. d. § 1 Abs. 2 und seinem nach § 1 Abs. 3 versicherten Ehegatten ein Arbeitsverhältnis (zu dem besonderen Feststellungsverfahren für Ehegatten-Arbeitsverhältnisse vgl. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV), ist das Arbeitsentgelt des Ehegatten auf die Antragsbefreiungsgrenze anzurechnen; die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.10.1988 (Rdschr. AH 2/89) ist nicht einschlägig, weil sie zum Recht der Beitragsentlastung ergangen ist. Nach § 2 Abs. 4 Satz 3 KVLG 1989 gilt der im Unternehmen des anderen Ehegatten beschäftigte Ehegatte als Mifa, d. h. er ist versicherungspflichtig in der LKV. Arbeitsentgelt ist auch hierbei nur das tatsächlich bezogene Entgelt, nicht das ggf. höhere Entgelt, auf das der Ehegatte nach dem MiLoG einen Rechtsanspruch hat.
Mitarbeitende Familienangehörige
Während vor dem 01.01.2015 die Entscheidung, ob es sich um ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis mit RV-/AlV-Pflicht handelt, maßgebend durch die Höhe des vereinbarten Entgelts bestimmt wurde, ist dem Unternehmer mit Inkrafttreten des MiLoG der Spielraum, die Versicherungspflicht in der RV und AlV über die Lohnvereinbarung im Einvernehmen mit seinem Mifa aktiv zu gestalten, genommen. Vielmehr ist jetzt die tatsächliche arbeitsrechtliche Stellung des Mifa im landwirtschaftlichen Betrieb von maßgebender Bedeutung. Geht die Mitarbeit über die reine familienhafte Mithilfe hinaus - handelt es sich also um ein Arbeitsverhältnis - finden die Regelungen des MiLoG Anwendung. Der Mifa hat damit Anspruch auf Zahlung des tariflichen Mindeststundenlohns. Er kann auf diesen Mindestlohnanspruch nicht verzichten (§ 3 MiLoG).
Der bis Ende 2014 für Mifa geltende besondere Grenzwert (sogenannter Eckwert) für die Beurteilung der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (zuletzt monatlich 690 € im Westen und 580 € im Osten) wird durch die Regelungen des Mindestlohngesetzes sowie die ergänzenden Abgrenzungskriterien ersetzt. Die „Gemeinsamen Grundsätze zur Beurteilung der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung von mitarbeitenden Familienangehörigen in der Landwirtschaft vom 07.11.2001“ sind zum 31.12.2014 weggefallen (vgl. SVLFG-Info Nr. 054/2015).
Ungeachtet dessen kann der Anspruch eines rentenversicherungspflichtig beschäftigten Mifa auf Befreiung von der Versicherungspflicht nur daran gemessen werden, in welcher Höhe er Arbeitsentgelt tatsächlich bezieht, und nicht daran, welches Arbeitsentgelt er nach dem MiLoG beanspruchen könnte.
Pflegegeld nach § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB XI
Zuwendungen, die eine Pflegeperson von dem Pflegebedürftigen erhält, sind nicht als Arbeitsentgelt anzusehen, wenn sie das dem Umfang der Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld nach § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB XI nicht übersteigen (vgl. Rdschr. Nr. 114/98).
Für das Pflegegeld gelten folgende Abstufungen nach Pflegegrad und Leistungen pro Monat:
Zeitraum | ab 01.01.2017 | ab 01.01.2024 |
---|---|---|
Pflegegrad 2 |
316EUR | 332 EUR |
Pflegegrad 3 |
545 EUR | 573 EUR |
Pflegegrad 4 |
728 EUR | 765 EUR |
Pflegegrad 5 |
901 EUR | 947 EUR |
Bei Pflegegrad 1 werden nur Sachleistungen nach § 28a SGB XI gewährt.
Übersteigt das Arbeitsentgelt diese Grenzbeträge, ist es in voller Höhe als Arbeitsentgelt anzurechnen.
Arbeitseinkommen
§ 15 SGB IV definiert das sozialversicherungsrechtlich relevante Einkommen aus selbständiger Tätigkeit als den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn, ohne hiervon Ausnahmen vorzusehen oder zuzulassen. Auch für die Frage, welche Einkünfte dem Arbeitseinkommen zuzurechnen sind, ist das Einkommensteuerrecht maßgebend. Damit besteht für das sozialversicherungsrechtlich relevante Einkommen aus selbständiger Tätigkeit eine volle Parallelität zwischen Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht (amtliche Begründung zu Artikel 3 Nr. 2 ASRG 1995, BT-Drs. 12/5889, Materialband des GLA S. 176).
Anders als nach dem Rechtszustand vor dem 01.01.1995 sind daher bei der Ermittlung des Gewinns weder steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen, noch Veräußerungsgewinne abzuziehen. Seit Inkrafttreten des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 01.11.2011 (BGBl. I S. 2131) werden auch Kinderbetreuungskosten einheitlich als Sonderausgaben entsprechend § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu zwei Dritteln einkommensteuerrechtlich berücksichtigt (Rdschr. LSV 134/11). Zu beachten ist aber § 2 Abs. 5a EStG, wonach der Gewinn für außersteuerliche Zwecke ggf. um die nach § 32d Abs. 1 EStG und nach § 43 Abs. 5 EStG (sog. Abgeltungssteuer) zu besteuernden Beträge sowie um den nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Anteil der Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften zu erhöhen und um den nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abziehbaren Anteil der damit im Zusammenhang stehenden Abzugsposten sowie um Kinderbetreuungskosten zu vermindern ist. Der Erhöhungs- oder Minderungsbetrag wird im Einkommensteuerbescheid gesondert ausgewiesen (Rdschr. Nr. 116/01). Die Kinderbetreuungskosten sind als Sonderausgaben im Einkommensteuerbescheid ausgewiesen und in dieser Höhe zu berücksichtigen.
§ 15 SGB IV erfasst die Gewinneinkünfte i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Ob Gewinneinkünfte und damit Arbeitseinkommen vorliegen, richtet sich gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV allein nach den Entscheidungen der Finanzbehörden oder - wenn solche nicht getroffen worden sind - nach dem Einkommensteuerrecht (Zindel, SdL 1997, S. 198 f.). Dies gilt selbst dann, wenn der Gewinn ausnahmsweise nicht aus einer selbständigen Tätigkeit, sondern aus Vermögensverwaltung erzielt worden ist (für Einkünfte aus Betriebsverpachtung vor Betriebsaufgabe vgl. BSG, 27.08.1998 - B 10 LW 8/97 R, Rdschr. AH 10/99; 07.10.2004 - B 13 RJ 13/04 R, Rdschr. AH 2/05; zur Auflösung des Zusammenhangs zwischen selbständiger Tätigkeit und Arbeitseinkommen durch § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV vgl. Zindel, a. a. O., S. 191 ff.). Kein Arbeitseinkommen liegt vor, wenn der Betrieb auch steuerrechtlich aufgegeben ist und der Einkommensteuerbescheid nur aufgrund des § 24 Nr. 2 EStG weiterhin einen Gewinn ausweist (BSG, 17.02.2005 - B 13 RJ 43/03 R, Rdschr. AH 7/06).
Wenngleich § 15 Abs. 1 SGB IV ausdrücklich nur die Art der Einkommensermittlung erwähnt, erstreckt sich die Regelung unter Beachtung der vom Gesetzgeber in § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV verwirklichten engen Anlehnung an das Einkommensteuerrecht auch auf die Zuordnung der Einkünfte (vgl. auch Rdschr. Nr. 31/96).
Wird eine ehrenamtliche Tätigkeit einkommensteuerrechtlich als sonstige selbständige Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG eingestuft, stellt der steuerpflichtige Teil des Gewinns Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB IV dar (Rdschr. Nr. 84/05).
Zu den Gewinneinkünften gehören die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit, §§ 2 Abs. 1 Nr. 1 - 3, 13, 15, 18 EStG. Die darüber hinaus in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten aus Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung (BSG, 05.09.2001 - B 10 LW 8/01 B, Rdschr. AH 6/02) sowie sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 EStG, die nicht auf den Gewinn, sondern auf den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten abstellen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG), sind sozialversicherungsrechtlich, soweit § 15 SGB IV anzuwenden ist, irrelevant, es sei denn, dass sie sich ausnahmsweise dem Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit zuordnen lassen. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ebenfalls nach einkommensteuerrechtlichen Gesichtspunkten.
Der im Einkommensteuerrecht geltende Grundsatz des sog. horizontalen Verlustausgleichs (das ist der Ausgleich von Gewinnen und Verlusten innerhalb derselben Einkunftsart) ist auch im Rahmen des § 15 SGB IV zu beachten. Dabei steht das Arbeitseinkommen einer Einkunftsart gleich. Gewinne und Verluste sind also zu saldieren, soweit nicht das Einkommensteuerrecht ausnahmsweise den Verlustausgleich ausschließt (z. B. § 15 Abs. 4 EStG für Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung).
Unzulässig ist dagegen die mit dem steuerlichen vertikalen Verlustausgleich vergleichbare Saldierung von Arbeitseinkommen mit Einkommen, das außerhalb der dem § 15 SGB IV zuzuordnenden Einkünfte erzielt wird.
Unbeachtlich ist auch der Verlustabzug nach § 10d EStG, weil es sich dabei nicht um eine Gewinnermittlungsvorschrift, sondern um eine das Arbeitseinkommen unberührt lassende Durchbrechung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung handelt (BSG, 16.05.2001 - B 5 RJ 44/00 R, Rdschr. AH 7/02).
Die in § 15 Abs. 4 EStG vorgesehene Saldierung von Verlusten aus gewerblicher Tierhaltung mit Gewinnen aus gewerblicher Tierhaltung in vorangegangenen (Verlustrücktrag) oder künftigen Jahren (Verlustvortrag) ist unbeachtlich, weil es sich hierbei nicht um eine Gewinnermittlungsvorschrift handelt. Vielmehr bleiben die Gewinne bzw. Verluste der betroffenen Jahre von der Saldierungsmethode unberührt; insoweit gilt nichts anderes als für den ebenfalls sozialversicherungsrechtlich unbeachtlichen Verlustabzug nach § 10d EStG.
Unberücksichtigt bleibt das Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft, es kann also, gleich in welcher Höhe, nicht zur Befreiung von der Versicherungspflicht führen. Das Arbeitseinkommen aus land- und forstwirtschaftlichen Nebenunternehmen (vgl. §§ 123, 131 SGB VII) bleibt nur insoweit unberücksichtigt, als es nach der über § 15 SGB IV maßgeblichen einkommensteuerrechtlichen Zuordnung ebenfalls zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehört. Ist es dagegen einkommensteuerrechtlich als Gewinn aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit zu qualifizieren, muss es auf die Antragsbefreiungsgrenze angerechnet werden.
Erzielt der Landwirt aus einem gemischten Betrieb einkommensteuerrechtlich nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb, kann in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur hauptberuflichen Tätigkeit im Unternehmen (Urteil vom 15.11.1979 - 11 RK 6/78, Rdschr. AH 2/80) nur eine einheitliche Betrachtung vorgenommen werden. Keinesfalls darf nämlich das aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit als Landwirt erzielte Einkommen zur Befreiung führen (SG München vom 17.04.2008 - S 30 LW 38/07, Rdschr. V 55/08; Bayerisches LSG vom 27.01.2009 - L 6 LW 5/06, Rdschr. V 22/09). Falls daher ein Versicherter hauptberuflich und nicht rentenversicherungspflichtig im Unternehmen tätig ist, sind die Einkünfte des Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft ungeachtet ihrer einkommensteuerrechtlichen Zuordnung (vgl. § 15 Abs. 3 EStG - OHG und KG betätigen sich selbst bei geringem gewerblichen Anteil stets in vollem Umfang gewerblich - Nummer 1 -, die GmbH und Co. KG ist selbst bei ausschließlich landw. Betätigung Gewerbebetrieb nach Nummer 2) als Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft anzusehen und unberücksichtigt zu lassen.
Die Tätigkeit eines Landwirts als (selbstbeschaffte) Ersatzkraft in einem anderen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb wird nach R 15.5 Abs. 10 Satz 2 und Absatz 11 der Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 seinem Betrieb zugerechnet, wenn die Umsätze daraus nicht mehr als 50 v. H. des Gesamtumsatzes und nicht mehr als 51.500 EUR im Wirtschaftsjahr betragen. Diese Voraussetzungen dürften regelmäßig vorliegen, so dass die entsprechenden Erlöse eine Befreiung wegen Einkommens nicht begründen können.
Das Gehalt des mit Sperrminorität ausgestatteten geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH, die ein Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, ist kein die Befreiung begründendes Einkommen. Mangels Beschäftigung i. S. d. § 7 SGB IV handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt. Das Geschäftsführergehalt ist aber auch kein Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB IV, weil es einkommensteuerrechtlich den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, § 19 EStG, zugeordnet wird. Vielmehr handelt es sich um vergleichbares Einkommen, welches wegen seiner Nähe zum Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft unberücksichtigt bleibt (Rdschr. Nr. 112/98).
Vergleichbare Einkommen
Zu den dem Erwerbseinkommen vergleichbaren Einkommen zählen insbesondere solche aus öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnissen, wie z. B.
- Bezüge von Ministern, parlamentarischen Staatssekretären sowie Abgeordnetendiäten (nicht jedoch die zusätzlich gewährte Aufwendungspauschale),
- Aufstockungsbeträge des Arbeitgebers nach § 3 ATG (vgl. Rdschr. Nr. 63/99),
- Abfindungen des Arbeitgebers wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese werden - vor allem aufgrund von Sozialplänen - als einmalige oder laufende Leistung oder aus einer Kombination aus beidem erbracht.
- Einmalig gezahlte Entlassungsentschädigung
Diese setzt sich regelmäßig aus einer Abgeltung für den Verlust von Arbeitsentgelt und einer Entschädigung für den Verlust sozialer Besitzstände zusammen (vgl. BSG, 28.04.1987 - 12 RK 50/85 und 23.02.1988 - 12 RKg 34/86, SozR 2200 § 180 Nr. 36 und 39). Nur der Bestandteil, der den Verlust von Arbeitsentgelt abgelten soll, ist als dem Arbeitsentgelt vergleichbare Leistung zu berücksichtigen. Hingegen ist der Anteil, der für den Verlust sozialer Besitzstände gezahlt wird, kein zu berücksichtigendes Einkommen. Der Arbeitsentgeltanteil an der Entlassungsentschädigung/Abfindung ist nach § 158 SGB III zu bestimmen. Danach wird ein Ruhenszeitraum errechnet, für den das seitherige Einkommen weiterhin als bezogen zugrunde zu legen ist. Der Ruhenszeitraum beträgt nach § 158 Abs. 2 Satz 1 SGB III längstens ein Jahr; er endet (zuvor) an dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden wäre (§ 158 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Die Frist beginnt nach § 158 Abs. 1 Satz 2 SGB III bei Fehlen einer Kündigung mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ist eine einmalig gezahlte Entlassungsentschädigung/Abfindung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, findet § 158 Abs. 1 Satz 3 SGB III Anwendung.
Die Höhe der zu berücksichtigenden Abfindung, Entschädigung oder ähnlichen Leistung - sog. Entlassungsentschädigung - ermittelt die Arbeitsagentur nach § 158 Abs. 2 SGB III (zur Berechnung vgl. Rockstroh/Polduwe, Der Betrieb 1999, S. 529 ff.).
- Laufend gezahlte Entlassungsentschädigung/Abfindung
Hierbei handelt es sich um „Überbrückungsgelder“, die in Nachwirkung des Beschäftigungsverhältnisses zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards bestimmt sind und dabei regelmäßig anstelle oder neben einer Lohnersatzleistung durch den Arbeitgeber gezahlt werden. Diese sind als dem Arbeitsentgelt vergleichbares Einkommen zu berücksichtigen. Ihre Anspruchsgrundlage haben derartige Leistungen entweder in einer einseitigen Zusage des Arbeitgebers, tarifvertraglichen Regelungen oder einer Betriebsvereinbarung, basierend auf den bisherigen arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten.
Auf die genaue Bezeichnung der Leistung (Überbrückungsgeld, Übergangsgeld, Vorruhestandsgeld, Ruhegeld, vorgezogene Betriebsrente oder eine Kombination dieser Begriffe) kommt es nicht an. Derartige Zusagen der Arbeitgeber erstrecken sich in der Regel auf die gesamte Übergangszeit zwischen dem Beschäftigungsende und dem (frühestmöglichen) Beginn einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Einmalig gezahlte Entlassungsentschädigung
- Vorruhestandsgelder i. S. d. Vorruhestandsgesetzes vom 13.04.1984, BGBl. I S. 601 (Vorruhestandsgeld und Altersübergangsgeld an ausgeschiedene Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern sind unter Absatz 4 Satz 2 Nr. 2 zu fassen.).
- Vorstandsvergütungen und Sitzungsgelder aus einem privatrechtlichen Amtsverhältnis (z. B. bei einer eingetragenen Genossenschaft), soweit sie der Einkommensteuerpflicht unterliegen.
Kein vergleichbares Einkommen sind:
- Leistungen nach § 6 USG, die z. B. ein Gewerbebetreibender aus Anlass einer Wehrübung erhält; vielmehr wirken sie als steuerpflichtige Betriebseinnahmen (vgl. § 3 Nr. 48 EStG) gewinnerhöhend. Deshalb sind sie Bestandteil des Arbeitseinkommens i. S. d. § 15 Abs. 1 SGB IV.
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG),
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG),
- die steuerfreien Teile einer Aufwandsentschädigung für eine ehrenamtliche Tätigkeit, desgleichen die wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht von vornherein nicht steuerbare Aufwandsentschädigung (Rdschr. Nr. 84/05),
- Unterhaltsleistungen nach zivilrechtlichen Grundsätzen, die ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte erhält (§ 22 Nr. 1a EStG),
- Beiträge zu einer Direktversicherung i. S. v. § 3 Nr. 63 EStG, die 4 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen (vgl. § 17 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 9 SvEV).
Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung und den Unterhaltsleistungen handelt es sich zwar um steuerbare Einkünfte, indes nicht um vergleichbares Einkommen, weil sie dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen von ihrer Funktion her nicht vergleichbar sind; so fehlt insbesondere eine auf Einkommenserwerb gerichtete Tätigkeit (für Einkünfte aus Kapitalvermögen vgl. BSG, 05.09.2001 - B 10 LW 8/01 B und 27.11.2001 - B 10 LW 9/01 B, Rdschr. AH 6/02; für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vgl. BVerfG, 02.12.2016 - 1 BvR 281/14 und 1 BvR 350/16).
Aus einem (Promotions-) Stipendium bezogene Einkünfte können weder als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder vergleichbares Einkommen noch als Erwerbsersatzeinkommen bewertet werden, da die finanzielle Unterstützung des Stipendiaten gerade die Ausübung einer Erwerbstätigkeit während der wissenschaftlichen Forschung entbehrlich machen und die Kosten für den Lebensbedarf während der Forschungstätigkeit abdecken soll (BSG, 23.01.2008 - B 10 LW 1/07 R, Rdschr. V 22/08).
Regelmäßiges Einkommen
Maßgebend ist das regelmäßige Einkommen. Es ist durch vorausschauende Betrachtung (BSG, 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R, Rdschr. AH 01/03) - angelehnt an die Verfahrensweise zur Feststellung der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V - zu ermitteln.
Der Begriff der „Regelmäßigkeit“ setzt eine gewisse Stetigkeit, Dauer und Gesetzmäßigkeit voraus (BSG, 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R, a. a. O.). „Regelmäßig“ ist das Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbare Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen jedenfalls dann, wenn zu erwarten ist, dass es bei normalem Ablauf der Dinge - abgesehen von einer anderweitigen Vereinbarung z. B. über das Arbeitsentgelt oder noch nicht voraussehbaren Änderungen in der Beschäftigung (Tätigkeit) - voraussichtlich über mehr als zwei Monate erzielt werden wird. An dieser Auslegung wird trotz der durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 erfolgten Rechtsänderung durch Einfügung des Absatzes 2a festgehalten.
Im Einzelnen ist bei der Ermittlung des regelmäßigen Einkommens Folgendes zu beachten:
Arbeitseinkommen
Die vorausschauende Einkommensermittlung für Selbständige bereitet vielfach Schwierigkeiten, weil ihr Arbeitseinkommen naturgemäß schwankt.
Regelmäßig wird auf eine vom Versicherten vorzulegende Bescheinigung des Steuerberaters abzustellen sein. Der Steuerberater hat ggf. das regelmäßige Arbeitseinkommen auf der Grundlage des Vorjahreseinkommens zu schätzen; wesentliche Änderungen im Betrieb sind zu berücksichtigen. Hat der Selbständige keinen Steuerberater, muss er die gewissenhafte Schätzung selbst vornehmen und den voraussichtlichen Gewinn mitteilen. Die Schätzung hat der Selbständige durch Vorlage von Buchführungsunterlagen oder sonstigen Unterlagen (Eigenerklärung) zu belegen.
Zur Schätzung des laufenden Arbeitseinkommens können der Umsatz oder die Betriebseinnahmen des letzten Kalenderjahres ins Verhältnis zu dem Gewinn des letzten Kalenderjahres gesetzt werden. Die hieraus sich ergebende Verhältniszahl ist mit den im laufenden Kalenderjahr erzielten Betriebseinnahmen oder dem Umsatz zu multiplizieren. Änderungen in den wirtschaftlichen und/oder tatsächlichen Verhältnissen sind dabei zu berücksichtigen.
Arbeitsentgelt
Zum regelmäßigen Arbeitsentgelt gehören neben dem regelmäßig gewährten laufenden Arbeitsentgelt auch Sonderzuwendungen, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mindestens einmal jährlich gezahlt werden (z. B. Weihnachts-, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen). Die mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden jährlichen Sonderzahlungen müssen zur Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts auf die einzelnen Monate des Jahres verteilt werden (BSG, 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R, a. a. O.; SG Köln, 06.09.2000 - S 5 LW 5/00, Rdschr. AH 22/00). Ferner müssen Vergütungen für vertraglich vorgesehenen Bereitschaftsdienst in die Berechnung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgeltes einbezogen werden. Vergütungen für Überstunden gehören dagegen zu den unregelmäßigen Arbeitsentgeltbestandteilen und sind daher bei der Berechnung des regelmäßigen Jahresarbeitsentgeltes außer Betracht zu lassen; etwas anderes gilt lediglich für feste Pauschbeträge, die als Abgeltung für Überstunden regelmäßig zum laufenden Arbeitsentgelt gezahlt werden.
Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt ist durch Multiplikation der durchschnittlichen Monatsbezüge (bei Stundenlöhnern: Stundenlohn x individuelle wöchentliche Arbeitszeit ohne Überstunden x 13 : 3) mit zwölf unter Berücksichtigung regelmäßig gewährter Sonderzuwendungen zu errechnen. Bei schwankenden Bezügen muss das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt durch Schätzung ermittelt werden.
Jahreseinkommen oberhalb des Zwölffachen der Geringfügigkeitsgrenze
Entscheidend ist das tatsächlich erzielte Einkommen, so dass z. B. Regelungen über fiktive Beitragsbemessungsgrundlagen in §§ 162 ff. SGB VI unbeachtlich sind. Bei befristetem Einkommensbezug (z. B. befristetes Beschäftigungsverhältnis) ist das Einkommen mit dem anteiligen Grenzbetrag ins Verhältnis zu setzen.
Bezieht der Versicherte Einkommen aus unterschiedlichen Quellen (z. B. mehrere Beschäftigungen), sind die Einkommen zu addieren.
Hinsichtlich der Umrechnung einer täglichen Leistung nach dem SGB III finden nach § 154 SGB III folgende Berechnungsmethoden Anwendung:
- Berechnung des kalendermonatlichen Arbeitslosengeldes
tägliches Arbeitslosengeld x 30 = Monatsbetrag - Berechnung des Arbeitslosengeldes für Teilmonate
tägliches Arbeitslosengeld x Anzahl der Leistungstage = Teilmonatsbetrag
Überschreitet bei Mifa das Jahreseinkommen die Befreiungsgrenze nicht, erfolgt ungeachtet der dadurch eintretenden Doppelversicherung in der AdL und in der GRV (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 3 SGB VI) keine Befreiung von der Versicherungspflicht (BSG, 25.07.2002 - B 10 LW 12/01 R, Rdschr. AH 45/02).
Feststellung und Prüfung
Die Vorschrift setzt daher voraus, dass regelmäßig
- a) ein Zusammentreffen von Versicherungspflicht und Einkommen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 genannten Art gegeben ist und
- b) das jährliche Einkommen die Befreiungsgrenze überschreitet.
Maßgeblich für die Prüfung (vorausschauende Betrachtung), ob das regelmäßige Einkommen die Befreiungsgrenze überschreitet, ist - anfänglich - immer der Zeitpunkt, zu dem die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt wird. Bei der Feststellung ist grundsätzlich das regelmäßige Jahreseinkommen nach der Höhe der momentanen Einkommensbezüge zu berechnen. Daher bleibt z. B. eine für die Zukunft in Aussicht gestellte Gehaltserhöhung außer Betracht, und zwar auch dann, wenn Beginn und Höhe bereits vorher feststehen. Sie ist erst von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, von dem an der Anspruch auf das erhöhte Arbeitsentgelt besteht (BSG, 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R, Rdschr. AH 01/03)
Nach erfolgter Befreiung ist - soweit keine wesentlichen Änderungen des Einkommens der LAK bekannt werden - in regelmäßigen Abständen, zweckmäßigerweise zu Beginn eines Kalenderjahres, zu prüfen, ob die Befreiungsvoraussetzungen weiterhin gegeben sind. Wird im Rahmen dieser Prüfung festgestellt, dass das regelmäßige Einkommen im Laufe des Überprüfungszeitraums die jeweils maßgebliche Befreiungsgrenze unterschritten hat, oder ergibt die vorzunehmende Prognose, dass diese Grenze künftig nicht überschritten wird, tritt Versicherungspflicht erneut ein. Maßgebend für den erneuten Beginn der Versicherungspflicht ist der Zeitpunkt, zu dem das Einkommen die Grenze unterschritten hat (i. d. R. der Zeitpunkt der Minderung des im Zeitpunkt der Prognose bezogenen Einkommens - beachte aber die Besonderheiten bei schwankendem Einkommen).
Tatsächliches Einkommen unterschreitet die Befreiungsgrenze (nur bei schwankendem Einkommen)
Das tatsächliche Einkommen wird bei rückschauender Betrachtung i. d. R. stets von der Schätzung abweichen. Die Schätzung bleibt jedoch, unabhängig davon, zu welchem versicherungsrechtlichen Ergebnis sie geführt hat, für die Vergangenheit auch dann maßgebend, wenn sie sich nachträglich infolge nicht voraussehbarer Umstände im Einzelfall als nicht zutreffend erweist. Eine Änderung der versicherungsrechtlichen Beurteilung kann somit grundsätzlich nur für die Zukunft vorgenommen werden.
Verfahrensweise:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die vom Versicherten abgegebene Eigenschätzung nur ein Beweismittel darstellt, an dem sich die LAK orientieren kann (§ 20 SGB X). Daneben steht gleichrangig - soweit es sich nicht um ein Unternehmen handelt, das seinen Geschäftsbetrieb erst in jüngerer Zeit aufgenommen hat - das in der Vergangenheit durch Einkommensteuerbescheide dokumentierte Arbeitseinkommen. Aufgrund der bei Selbständigen bestehenden Möglichkeit, die Einnahmen zum Teil selbst - z. B. durch entsprechende Rechnungsstellung - zeitlich disponieren zu können, bietet sich diese Methode nach Auffassung des BSG (in einem zum Recht der GKV ergangenen Urteil vom 04.06.1981 - 3 RK 5/80, SozR 2200 § 205 Nr. 41) „als oft allein praktikable Möglichkeit an, aus den regelmäßigen Einnahmen über einen längeren Zeitraum einen durchschnittlichen Monatsbetrag zu ermitteln“.
Die LAK sollte folglich - soweit möglich - in erster Linie das durchschnittliche jährliche Arbeitseinkommen der vergangenen Jahre zur Grundlage ihrer Entscheidung machen; eine begründete Eigenschätzung über die aktuelle Einkommensentwicklung kann ausnahmsweise zu einem hiervon abweichenden Ergebnis führen.
In Sachverhalten, in denen das Arbeitseinkommen entgegen der Prognose die Befreiungsgrenze nicht überschreitet, sollte die LAK davon ausgehen, dass entweder
a) eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten ist, die für die Unterschreitung der Befreiungsgrenze ursächlich ist, oder
b) die Prognose von Anfang an fehlerhaft war.
Zu a)
Die Verhältnisse werden sich i. d. R. durch eine tatsächliche Änderung der Einkommenssituation gewandelt haben (z. B. durch Verschlechterung der Auftragslage oder durch das Einkommen mindernde außergewöhnliche Ausgaben). Dies konnte der Befreite grds. spätestens in dem Zeitpunkt erkennen, zu dem der Jahresabschluss gefertigt worden ist; gewinnwirksame Dispositionen - etwa die Bildung von Rückstellungen, die Vornahme von Anspar- und Teilwertabschreibungen - werden z. T. erst beim Jahresabschluss getroffen. Zeigt der Beitragsbefreite entgegen § 73 Abs. 1 ALG i. V. m. § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI die Änderung der Verhältnisse nicht an, ist die LAK grds. nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X zur rückwirkenden Bescheidaufhebung ab diesem Zeitpunkt berechtigt.
Legt der Versicherte überzeugend die Änderungen, die zur Verfehlung der Einkommensgrenze geführt haben, sowie den Zeitpunkt seiner Kenntniserlangung (grds. spätestens der Zeitpunkt, zu dem der Jahresabschluss gefertigt worden ist) dar, ist die Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X davon abhängig, wie sich die Einkommenssituation aus damaligem Blickwinkel vorausschauend darstellt:
- Ergibt die Prognose ein auch „künftig“ (aus damaliger Sicht) unter der Befreiungsgrenze liegendes Einkommen, liegt auch eine „wesentliche“ Änderung vor, so dass die LAK zur Bescheidaufhebung ab dem Zeitpunkt der Änderung verpflichtet ist, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X.
- Überschreitet das prognostizierte Einkommen hingegen die Einkommensgrenze, ist die eingetretene Änderung nicht „wesentlich“, sodass die LAK den Befreiungsbescheid nicht aufzuheben hat.
Bei der Prognose können die seit diesem Zeitpunkt eingetretenen tatsächlichen Entwicklungen als Bestätigung für jene Anhaltspunkte berücksichtigt werden, auf die die Vorausschau gestützt wird (BSG, 19.02.1987 - 12 RK 9/85, SozR 2200 § 172 Nr. 19).
Zu b)
Wird vom Versicherten eine Änderung sowie der Zeitpunkt, zu dem er sie erkannt hat, nicht substantiiert dargelegt, muss die LAK davon ausgehen, dass Ursache für die Abweichung von der Prognose nicht eine Änderung der Verhältnisse, sondern z. B. eine von Anfang an fehlerhafte Eigenschätzung durch den Versicherten war. Der auf der Prognose beruhende Befreiungsbescheid ist daher rechtswidrig und kann unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Das Vertrauen in den Bestand des VA wird in solchen Fällen regelmäßig nicht schutzwürdig sein (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X), sodass die Befreiung mit Wirkung von Anfang an zurückgenommen werden kann.
Nachweis des Einkommens bei gleichbleibenden Bezügen
Versicherte mit gleichbleibenden Bezügen weisen das Einkommen je nach Einkommensart (Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen) durch die Vorlage von z. B. Arbeitgeberbescheinigungen über die Höhe des Bruttoarbeitsentgelts oder bei Erwerbsersatzeinkommen durch Bescheinigungen der Zahlstellen, die die Höhe des aktuellen Einkommens ausweisen, nach.
Nachweis des Einkommens bei schwankenden Bezügen
Versicherte mit schwankenden Bezügen können den Nachweis zukünftigen Einkommens i. d. R. nur eingeschränkt erbringen. Die in diesem Zusammenhang durch geeignete Unterlagen bestätigte und für zulässig angesehene Eigenschätzung für das laufende Kalenderjahr muss in Bezug auf das abgelaufene Kalenderjahr überprüft werden. Als geeignetes und erforderliches Beweismittel kommt insoweit nur der Einkommensteuerbescheid in Betracht, der die maßgebenden Einkommensverhältnisse für das konkrete abgelaufene Jahr der Befreiung wiedergibt. Liegt dieser Bescheid im Zeitpunkt der Überprüfung noch nicht vor, kann vorläufig auf andere geeignete Unterlagen zurückgegriffen werden, z. B. Einkommensteuerbescheid für das letzte veranlagte Kalenderjahr, Fotokopie der Einkommensteuererklärung, Bescheinigung des Finanzamtes, des Wirtschaftsprüfers oder des Steuerberaters. Der betreffende Einkommensteuerbescheid muss jedoch umgehend nach Erteilung der Alterskasse vorgelegt werden.
Rundungsvorschriften
Das Einkommen des Versicherten ist der Antragsbefreiungsgrenze gegenüberzustellen.
Nach § 47 i. V. m. §§ 121 und 123 SGB VI gelten die Berechnungsgrundsätze der GRV entsprechend.
Bei der Ermittlung von Geldbeträgen ordnet § 123 Abs. 1 SGB VI die Berechnung auf zwei Dezimalstellen, mithin centgenau, an. Diese Bestimmung ist sowohl bei der Ermittlung von Einkommen als auch bei der Festlegung der Antragsbefreiungsgrenze zu beachten. Da das ALG keine Regelung enthält, wonach nur volle Euro bei der Prüfung der Befreiung zugrunde zu legen sind, ist § 123 Abs. 2 SGB VI nicht einschlägig. Gemäß § 121 Abs. 2 SGB VI ist bürgerlich zu runden, so dass die letzte Dezimalstelle um 1 zu erhöhen ist, falls sich in der nachfolgenden Dezimalstelle eine der Zahlen 5 bis 9 ergäbe.
Nummer 1a
Mit Wirkung vom 01.05.2007 wurde durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I S. 554) eine neue Nummer 1a in den Absatz 1 eingefügt. Danach konnten Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II), die vor dem Beginn des Bezugs von ALG II nicht nach dem ALG versichert waren, von der Versicherungspflicht befreit werden. Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 entfiel mit Wirkung vom 01.01.2011 die Rentenversicherungspflicht von Arbeitslosengeld II-Beziehern. Die bis zum 31.12.2010 für die Befreiung bestehende Voraussetzung „Versicherungspflicht in der GRV während der Dauer des Bezugs der Leistung Arbeitslosengeld II“ ist mit dem o. g. Gesetz als Folgeänderung ebenfalls entfallen.
Mit dem Zwölften Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz) vom 16.12.2022 wurde die Leistung Bürgergeld eingeführt, welches das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld ab 01.01.2023 ersetzt. In § 19 Abs. 1 SGB II werden die Begriffe „Arbeitslosengeld II“ (im Satz 1) und „Sozialgeld“ (im Satz 2) durch den neuen einheitlichen Begriff „Bürgergeld“ ersetzt. Demzufolge wurde auch der § 3 Abs. 1 Nr. 1a ALG ab 01.01.2023 neu gefasst. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht ist möglich, solange Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II bezogen wird, wenn im letzten Kalendermonat vor dessen Bezug keine Versicherung in der AdL bestand. Folglich führt nur ein Bezug von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu einer Befreiungsmöglichkeit, da nur dieses Bürgergeld das bisherige Arbeitslosengeld II ablöst. Der Bezug von Bürgergeld nach § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB II kann nicht zu einer Befreiung führen, da es lediglich das bisherige Sozialgeld ablöst.
Unter Beginn des Bezuges von ALG II oder Bürgergeld ist nicht der Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung oder der Zeitpunkt, ab dem tatsächlich die Leistung bezogen wird, maßgeblich, sondern der in der Verwaltungsentscheidung festgelegte Leistungsbeginn/Bezugszeitraum. Unerheblich ist, ob die Leistung in voller Höhe oder nur vermindert wegen eines zu berücksichtigenden Einkommens und/oder Vermögens bezogen wird.
Voraussetzung für die Befreiung von der Versicherungspflicht ist weiterhin, dass der Leistungsbezieher im letzten Kalendermonat vor dem Beginn des ALG II oder des Bürgergeldes nicht in der AdL versichert war. Die Versicherungsbefreiung kommt daher nur in Betracht, wenn auf den Kalendermonat vor Beginn des Leistungsbezugs kein Pflichtbeitrag nach § 1 und kein freiwilliger Beitrag nach §§ 4, 5 entfällt (s. auch die vergleichbare Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 1b Nr. 1 SGB VI).
Nummer 2
Versicherungspflichtige können auch befreit werden, solange sie wegen Erziehung eines Kindes
a) in der GRV versicherungspflichtig sind oder
b) nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie nach § 56 Abs. 4 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind.
Zu a)
Nach § 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI) anzurechnen sind. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden KEZ angerechnet für Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren.
Für den Beginn der Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung ist grundsätzlich der 1. Tag des auf den Monat der Geburt des Kindes folgenden Monats bestimmend, vgl. § 56 Abs. 5 Satz 1 SGB VI. Das gilt allerdings nur dann, wenn bereits in diesem Zeitpunkt sämtliche Voraussetzungen der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung erfüllt sind. Wird eine dieser Voraussetzungen erst danach erfüllt, also z. B. erst später als ab Beginn des auf den Monat der Geburt des Kindes folgenden Monats die Zugehörigkeit zum begünstigten Personenkreis (etwa durch Annahme als Kind) begründet oder die Erziehung des (bis dahin in einem Heim untergebrachten) Kindes aufgenommen, ist dieser spätere Zeitpunkt für den Beginn der Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung maßgebend; zur Berücksichtigung von KEZ im Falle der Vollzeitpflege mit dem Ziel der Annahme als Kind, vgl. Rdschr. Nr. 20/04. Die Drei-Jahres-Frist beginnt allerdings ausnahmslos mit dem 1. Tag des auf den Monat der Geburt des Kindes folgenden Monats, so dass bei späterer Erfüllung der Voraussetzungen der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung die anrechenbare KEZ weniger als 36 Kalendermonate beträgt.
Die Versicherungspflicht wegen Kindererziehung endet vor Ablauf des Gesamtzeitraums von 36 Kalendermonaten, wenn vorher entweder insgesamt (z. B. infolge des Todes des Kindes) oder in der Person des bis dahin erziehenden Elternteils (vgl. die Regelungen über die Dispositionsfreiheit der Eltern in § 56 Abs. 2 SGB VI) die Voraussetzungen für die Anrechnung einer KEZ entfallen. Ist das nicht der Fall, endet die KEZ nach 36 Kalendermonaten nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes, d. h. nach drei Jahren mit dem letzten Tag des Monats, der seiner Benennung nach dem Monat der Geburt des Kindes entspricht.
Wird während der 36 Kalendermonate nach dem Ablauf des Monats der Geburt eines Kindes ein weiteres Kind geboren und auch durch dessen Erziehung eine Pflichtbeitragszeit desselben erziehenden Elternteils begründet, verlängert sich die Dauer der KEZ um die Anzahl der Kalendermonate, in denen bis längstens zum Ende des ersten Zeitraums von 36 Kalendermonaten zugleich das erste Kind erzogen wird bzw. worden ist (§ 56 Abs. 5 Satz 2 SGB VI). Hierdurch wird sichergestellt, dass auch bei Geburt eines weiteren Kindes während der Dauer der KEZ eines zuvor geborenen Kindes für jedes Kind eine KEZ von 36 KM berücksichtigt werden kann, falls die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind (s. die Ausführungen oben).
Damit beläuft sich z. B. die gesamte Dauer der Pflichtbeitragszeit bei Zwillings- (Drillings-) Geburten auf 72 (108) Kalendermonate.
- Beispiel:
- Wird im 20. Monat nach dem Ablauf des Monats der Geburt eines Kindes ein weiteres Kind geboren und von demselben Elternteil erzogen, dauert die Pflichtbeitragszeit wegen der Erziehung des weiteren Kindes bis zum Ende des 52. Kalendermonats nach dem Ablauf des Monats seiner Geburt, weil für die Dauer von 16 Kalendermonaten eine gleichzeitige Erziehung beider Kinder vorliegt. Insgesamt ergeben sich also KEZ von 72 KM.
In der Verlängerungszeit brauchen die Voraussetzungen für die Anrechnung der KEZ nicht mehr vorzuliegen (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI; Rdschr. Nr. 129/03).
Die Rentenversicherungsträger erkennen die KEZ regelmäßig erst rückwirkend im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens an. Damit die LAK jedoch zeitnah über einen bereits zu Beginn der KEZ gestellten Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht entscheiden kann, ist sie, falls der Antragsteller einen Nachweis des zuständigen Rentenversicherungsträgers nicht vorlegen kann, gehalten zu prüfen, ob der Antragsteller die Voraussetzungen der §§ 3, 56 SGB VI erfüllt.
Zu b)
§ 56 Abs. 4 SGB VI ist bei der Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen auszublenden, es ist also zu prüfen, ob und wie lange der Antragsteller nach §§ 3, 56 SGB VI rentenversicherungspflichtig wäre, gehörte er nicht zum Kreis der nach § 56 Abs. 4 SGB VI hiervon ausgeschlossenen Personen (Rdschr. Nr. 102/03). Dies schließt die Anwendung der Verlängerungsregelungen des § 56 Abs. 5 Satz 2 SGB VI (s. o. zu a) ein.
§ 56 Abs. 4 SGB VI umschreibt den Kreis der Personen, die trotz Erfüllung der positiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 SGB VI von der Anrechnung einer KEZ ausgeschlossen sind.
Steht fest, dass die Grundvoraussetzungen für eine rentenversicherungspflichtige KEZ vorliegen, brauchen die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 56 Abs. 4 SGB VI von der Alterskasse nicht abschließend geprüft zu werden, weil dann jedenfalls eine der beiden Befreiungsalternativen erfüllt ist.
Nummer 3
Weiterhin können sich Landwirte und Mifas befreien lassen, die
a) wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der GRV versicherungspflichtig sind oder
b) nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie von der Versicherungspflicht befreit sind.
Zu a)
Nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in dem Zeitraum versicherungspflichtig, in dem sie einen Pflegebedürftigen i. S. d. § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Voraussetzung für die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI ist somit, dass
- bei dem Pflegebedürftigen mindestens der Pflegegrad 2 vorliegt,
- der Pflegeaufwand mindestens zehn Stunden wöchentlich beträgt - verteilt auf mindestens zwei Tage in der Woche - und
- die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (§ 3 Satz 3 SGB VI).
Pflegepersonen, die für ihre Tätigkeit von den Pflegebedürftigen ein Arbeitsentgelt erhalten, welches das dem Umfang der Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld i. S. d. § 37 SGB XI (s. o. zu Nummer 1) nicht übersteigt, gelten als nicht erwerbsmäßig tätig; sie sind insoweit nicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig, vgl. § 3 Satz 2 SGB VI. Personen, die Pflegebedürftige erwerbsmäßig pflegen, sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig und erhalten - dies ist Voraussetzung dafür, dass die Versicherungspflicht durchgeführt werden kann (vgl. § 5 Abs. 2 SGB VI) - ein Arbeitsentgelt, das die Befreiungsgrenze überschreitet, so dass der Befreiungstatbestand der Nummer 1 erfüllt ist.
Nach § 3 Satz 3 SGB VI sind nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbständig tätig sind, nicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI versicherungspflichtig. Diese Personen bedürfen, da sie überwiegend erwerbstätig sind, und deshalb ohnehin bereits der Rentenversicherungspflicht unterliegen oder als nicht schutzbedürftig angesehen werden, nicht der Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI.
Wird die Pflegetätigkeit unterbrochen, besteht in dieser Zeit keine Rentenversicherungspflicht (BSG, 22.03.2001 - B 12 P 3/00 R, SozR 3-2600 § 3 SGB VI Nr. 5). Dies gilt nicht für die Fälle des § 34 Abs. 3 SGB XI (z. B. vorübergehender Auslandsaufenthalt des Versicherten oder Erholungsurlaub der Pflegeperson von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr); hier besteht weiterhin Rentenversicherungspflicht. In allen anderen Fällen erstatten die Pflegekassen bei Unterbrechungen der Rentenversicherungspflicht von mehr als einem KM eine Abmeldung nach § 44 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6 SGB XI (vgl. Gemeinsames Rdschr. zur Rentenversicherung der nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen vom 28.12.2009, S. 60 f., Anlage zum Rdschr. des GKV-SV Nr. 2010/45). Aus Absatz 2a Satz 2 folgt, dass das Nichtvorliegen der Befreiungsvoraussetzungen des Abs. 1 für weniger als drei Kalendermonate keine Auswirkung auf eine ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht hat. Dennoch sollte der Befreiungsbescheid nach Vorlage der Abmeldung der Pflegekasse aufgehoben werden. Wird innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 ein neuer Befreiungstatbestand angezeigt, ist der Bescheid über die Beendigung der Befreiung aufzuheben, wenn die Lücke zwischen dem Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen weniger als drei Kalendermonate beträgt.
Zu b)
Das Befreiungsrecht steht auch Pflegepersonen zu, welche von der Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI befreit worden sind.
Nummer 4
Von der Versicherungspflicht in der AdL können sich auch die Versicherungspflichtigen befreien lassen, die
- wegen der Ableistung von Wehr- oder Zivildienst in der GRV versicherungspflichtig sind oder
- nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie in der GRV versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind.
Mit dem Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst (Bundesfreiwilligendienstgesetz - BFDG) ist der Bundesfreiwilligendienst ab dem 03.05.2011 an die Stelle des bisherigen Wehr- oder Zivildienstes getreten.
Eine Anpassung der Nummer 4 ist nicht vorgenommen worden. Der auf der Wehrpflicht beruhende Wehrdienst (und damit auch der Zivildienst) sind formal lediglich „Ableistung von Wehrdienst“. Hierbei ist es unerheblich, ob dieser freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Pflicht abgeleistet wird. Rentenversicherungspflicht besteht für die freiwillig Wehrdienstleistenden nach § 1 Satz 2 SGB VI i. V. m. § 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI (Rdschr. V 20/11).
Für die Teilnehmer an einem Bundesfreiwilligendienst besteht nur die Möglichkeit einer Befreiung nach Nummer 1 aufgrund der mit dem Dienst - ggf. zusammen mit weiteren außerlandwirtschaftlichen Einkommen - gewährten Geld- oder Sachbezüge (Rdschr. LSV 57/11). Damit ist sichergestellt, dass diese Personen wie die Teilnehmer an einem Jugendfreiwilligendienst behandelt werden.
Solange die Voraussetzungen für eine Rentenversicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI vorliegen, besteht ein Befreiungsrecht unabhängig davon, ob der Dienstleistende nach § 5 SGB VI z. B. als Zeitsoldat (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) versicherungsfrei oder nach § 6 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit ist.
Nicht einschlägig ist die Nummer 4 für Personen, die während des Dienstes Arbeitsentgelt oder Leistungen an Selbständige nach § 6 des Unterhaltssicherungsgesetzes erhalten; sie sind gemäß § 3 Satz 4 SGB VI nicht versicherungspflichtig nach § 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Diese Regelung betrifft i. e. L. Wehrübende. Diesen Personen steht aber ggf. die Möglichkeit der Befreiung nach Nummer 1 offen.
Der Nachweis der Befreiungsvoraussetzungen kann durch Vorlage einer Dienstzeitbescheinigung über die Ableistung des entsprechenden Dienstes geführt werden.
Eine Unterbrechung der gesetzlichen Dienstpflicht (z. B. wegen Gewährung von Sonderurlaub unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge) hat das Ende der Rentenversicherungspflicht in der GRV zur Folge. Unter Beachtung von Absatz 2a Satz 2 endet damit auch die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Nur die fristgerechte Antragstellung ermöglicht eine rückwirkende Befreiung. Falls der Befreiungsantrag nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten, gerechnet vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, gestellt wird, erfolgt die Befreiung erst vom Zeitpunkt des Eingangs des Antrages an. Für den Kalendermonat, in dem der Antrag gestellt worden ist, ist also noch ein Beitrag zu zahlen.
Mit der Vorschrift soll die Rückwirkung von Befreiungsanträgen begrenzt werden. Eine später einsetzende Befreiung berührt dagegen den Gesetzeszweck nicht. Deshalb kann der Antragsteller für den Beginn der Befreiung trotz Vorliegens der Voraussetzungen auch einen späteren Zeitpunkt bestimmen (Rdschr. Nr. 137/00).
Beginnt der Bezug des Einkommens i. S. des Absatzes 1 Nr. 1 im Laufe eines Kalendermonats, liegen die Befreiungsvoraussetzungen erstmals zu diesem Zeitpunkt vor.
- Beispiel:
- Der Landwirt nimmt aufgrund eines im März geschlossenen Arbeitsvertrages am 10. April eine Beschäftigung auf. Vereinbart ist ein Monatsentgelt von 2.000,00 EUR.
- Die Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag - und damit auch auf die vereinbarte Vergütung - entstehen am 10. April um 0.00 Uhr.
- Wird der Antrag binnen drei Monaten (Fristbeginn gemäß § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB: 10. April; Frist-ende: 9. Juli) gestellt, wirkt die Befreiung ab 10. April. Für den Monat April wird also noch ein Beitrag geschuldet.
Dies gilt auch dann, wenn aufgrund eines auf den Monatsanfang fallenden Wochenendes oder eines gesetzlichen Feiertages das Beschäftigungsverhältnis erst am zweiten Tag des Kalendermonats aufgenommen wird.
Kommt eine Befreiung wegen Rentenbezugs nach Absatz 1 Nr. 1 in Betracht, sind die Befreiungsvoraussetzungen mit dem Beginn des Bezugs der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gegeben. Es kommt nicht darauf an, unter welchem Datum die Rentenbewilligung erfolgt oder wann der entsprechende Rentenbescheid bekannt gegeben worden ist (LSG Niedersachsen-Bremen, 24.06.2004 - L 10 LW 3/04, Rdschr. AH 18/05).
In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 liegen die Befreiungsvoraussetzungen im Zeitpunkt des tatsächlichen Beginns der Pflege vor; der regelmäßig später liegende Zeitpunkt der Entscheidung des zuständigen Trägers der GRV über das Bestehen der Versicherungspflicht hat für den Fristlauf keine Bedeutung (SG Dortmund, 21.12.1999 - S 34 LW 8/99, Rdschr. AH 7/00).
Da Absatz 2a unter bestimmten Voraussetzungen im Ergebnis das Fortdauern der Befreiung regelt, wenn die Befreiung nicht widerrufen oder das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen für weniger als drei Kalendermonate unterbrochen worden ist, wird den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt, den Antrag auf Befreiung mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen und damit wieder versicherungspflichtig zu werden. Bei wesentlicher Veränderung der Lebensumstände, die zu einem Wechsel oder Hinzutritt eines Befreiungstatbestands führen, haben die Betroffenen die Möglichkeit, hierauf entsprechend zu reagieren. Die Betroffenen können die Befreiung nur innerhalb einer Frist von drei Monaten, gerechnet ab dem Tag des Vorliegens des neuen Befreiungstatbestandes, widerrufen. Die Befreiung endet mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Widerruf bei der LAK eingegangen ist; sie hat mithin immer nur Wirkung für die Zukunft.
- Beispiel:
- Ein Landwirt ist seither nach Absatz 1 Nr. 4 befreit. Nach Ende des gesetzlichen Wehrdienstes bezieht der Landwirt ab dem 1. März Arbeitsentgelt. Er widerruft die Befreiung mit Schreiben vom 30. März, das bei der LAK am 2. April eingeht.
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Die Befreiung endet mit Ablauf des 30. April.
Wird die Versicherungspflicht in der AdL rückwirkend festgestellt, beginnt die Frist nach Satz 4 i. V. m. § 34 Abs. 2 Satz 3 nicht vor dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherte von der eingetretenen Versicherungspflicht Kenntnis erlangt hat. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids über die Feststellung der Versicherungspflicht. § 34 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend, wobei die dieser Regelung zugrunde liegende gesetzgeberische Intention auch bereits für die Zeit vor ihrem Inkrafttreten die Anwendung des § 34 Abs. 2 Satz 3 einschränkt (BSG, 17.08.2000 - B 10 LW 22/99 R, Rdschr. AH 3/01 und 14/00; s. auch LSG NRW, 24.10.2001 - L 8 LW 16/00, Rdschr. AH 2/02).
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht ist nicht mehr streng an den Tatbestand gebunden, aus dessen Anlass die Befreiung zunächst beantragt worden ist. Vielmehr wird die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Befreiungsantrages unwiderlegbar vermutet. Im Ergebnis dauert mithin die Befreiung von der Versicherungspflicht fort, wenn zwar der ursprüngliche Befreiungstatbestand weggefallen ist, sich aber ein neuer Befreiungstatbestand anschließt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn zunächst eine Befreiung wegen Versicherungspflicht in der GRV aufgrund der Erziehung eines Kindes erfolgte und im Anschluss an die Kindererziehungszeit außerlandwirtschaftliches Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen bezogen wird.
Es ist unschädlich, wenn zwischen zwei Befreiungstatbeständen lediglich ein Unterbrechungszeitraum von weniger als drei vollen Kalendermonaten (nicht Zeitmonaten) liegt. Dies gilt auch für die kurzfristige Unterbrechung von Befreiungstatbeständen (z. B. innerhalb des Absatzes 1 Nr. 1; vgl. aber dort zur Frage der Regelmäßigkeit des Einkommensbezugs). Sollte eine zeitliche Unterbrechung von weniger als drei Kalendermonaten vorliegen, kommt es nicht zum Wiedereintritt von Versicherungspflicht. Der einmal gestellte Antrag auf Befreiung erhält somit gleichsam eine Langzeitwirkung. Die Möglichkeit des Widerrufs des Antrags auf Befreiung mit Wirkung für die Zukunft nach Absatz 2 Satz 2 und 3 bleibt hiervon unberührt.
Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es vertretbar, Absatz 2a entsprechend anzuwenden, wenn eine Befreiung nach § 85 endet und sich eine Befreiung nach Absatz 1 anschließt.
Die LAK ist nicht verpflichtet, von Amts wegen einen weiteren Befreiungstatbestand zu berücksichtigen, wenn sie hierüber von Dritten Kenntnis erlangt. Im Rahmen der Anhörung nach § 24 SGB X vor Beendigung der Befreiung sind dem Versicherten jedoch entsprechende Hinweise zu geben.
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Beispiel:
Der Bezug von zur Befreiung berechtigendem Einkommen endet am 20. April eines Jahres.
- Die Befreiung von der Versicherungspflicht endet, wenn nicht spätestens am 31. Juli des gleichen Jahres erneut eine der Befreiungsvoraussetzungen des (gesamten) Absatzes 1 vorliegt.
Bei saisonal tätigen Mifas findet ein regelmäßiger Wechsel zwischen Mifa-Tätigkeit und Arbeitslosigkeit statt, ohne dass ein Arbeitgeberwechsel erfolgt. Der Zeitraum, in dem die Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 nicht besteht, beträgt regelmäßig drei Kalendermonate und mehr, so dass bei Wiederaufnahme der Tätigkeit nach seitheriger Rechtslage ein erneuter Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG zu stellen war.
Zur Vermeidung bürokratischen Aufwandes wird widerlegbar vermutet, dass bei erneuter Versicherungspflicht als Mifa innerhalb von sechs Monaten der ursprüngliche Befreiungsantrag auch für die erneute Versicherungspflicht gilt. Die betroffenen Personen sind hierüber regelmäßig aufzuklären.
Vorschrift beinhaltet eine gesonderte Befreiungsmöglichkeit für Personen, die bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 11 Absatz 3 (§ 87a) unter Berücksichtigung aller nach § 17 und nach über- und zwischenstaatlichem Recht anrechenbarer Zeiten die Wartezeit von 15 Jahren nicht mehr erfüllen können. Wird eine Person z. B. erstmalig versicherungspflichtig zu einem Zeitpunkt, zu dem sie das 52. Lebensjahr bereits überschritten hat, und hat sie keine Zeiten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 (z. B. Pflichtbeitragszeiten in der GRV) zurückgelegt, liegen die Befreiungsvoraussetzungen von Anfang an vor.
Die Befreiungsvoraussetzungen liegen nicht vor, solange die Wartezeit von 15 Jahren unter Berücksichtigung auch der nach § 17 Abs. 1 Satz 2 anrechenbaren Zeiten theoretisch noch erfüllbar ist (LSG Schleswig-Holstein, 27.06.2002 - L 5 LW 6/01, nicht veröffentlicht). Maßgebend ist ausschließlich die objektive Möglichkeit der Wartezeiterfüllung; auf die Wahrscheinlichkeit, dass die Person bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze noch einmal versicherungspflichtig wird und darauf, ob sie dieses beabsichtigt oder nicht, kommt es nicht an (LSG Niedersachsen-Bremen, 15.05.2003 - L 10 LW 17/02, Rdschr. AH 24/04).
Nicht zu berücksichtigen sind die z. B. nach § 84 oder nach § 17 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 1 SGB VI bestehenden Möglichkeiten, die Wartezeit auch noch nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu erfüllen.
Die Vorschrift findet auch dann Anwendung, wenn z. B. ein Landwirt nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit wurde, aber zu einem späteren Zeitpunkt (nach Vollendung des 52. Lebensjahres), von dem an er die Wartezeit von 15 Jahren nicht mehr erfüllen kann, erneut versicherungspflichtig wird. Er kann nunmehr die Befreiung nach § 3 Abs. 3 beantragen.
Gemäß Satz 2 i. V. m. Absatz 2 wirkt die Befreiung vom Beginn der (erneuten) Versicherungspflicht an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Im Gegensatz zu den Befreiungen nach Absatz 1 ist die Befreiung endgültig.
Die Vorschrift definiert das Erwerbsersatzeinkommen in Anlehnung an § 114 SGB IV i. V. m. § 18a SGB IV. Wie dort, bleiben daher Leistungen mit Unterhaltsersatzfunktion (z. B. Hinterbliebenenrenten - mit Ausnahme von Erziehungsrenten) unberücksichtigt.
Satz 1 stellt mit der Beschränkung auf Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, sicher, dass Leistungen, die auf privatrechtlicher Grundlage beruhen und Erwerbseinkommen ersetzen, nicht zu berücksichtigen sind. Hierunter fallen z. B. Zahlungen aufgrund eines privatrechtlichen Unfall- und Lebensversicherungsvertrages. Dies ist durch die Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Versicherung sachlich gerechtfertigt i. S. d. Artikel 3 Abs. 1 GG (BSG, 16.06.2005 - B 10 LW 4/04 R, Rdschr. AH 21/05). Durchbrochen wird dieser Grundsatz durch Satz 3, wonach auch Renten einer Einrichtung der betrieblichen oder überbetrieblichen Altersversorgung anrechenbar sind; dies betrifft auch Zusatzversorgungsleistungen, weil sie - anders als in § 114 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 2 SGB IV - nicht ausgenommen sind.
Satz 2 enthält eine nicht abschließende Aufzählung („insbesondere“) der anrechenbaren Erwerbsersatzeinkommensarten, wobei die Nummer 1 das dauerhafte Erwerbsersatzeinkommen und die Nummer 2 das kurzfristige Erwerbsersatzeinkommen auflistet.
Dauerhaftes Erwerbsersatzeinkommen
Im Einzelnen handelt es sich bei dem aufgeführten dauerhaften Erwerbsersatzeinkommen um folgende Leistungen:
- Renten aus
- der GRV,
- der GUV,
- einer berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder
- einer Einrichtung der betrieblichen oder überbetrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung (Satz 3),
- Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen und
- vergleichbare Bezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis oder aus der Versorgung der Abgeordneten (z. B. Übergangsgebührnisse nach § 11 SVG an ausgeschiedene Soldaten auf Zeit).
- Kein vergleichbarer Versorgungsbezug ist der an einen ehemaligen ehrenamtlichen Bürgermeister gezahlte Ehrensold (BSG, 23.09.1980 - 12 RK 41/79, SozR 2200 § 1229 Nr. 12).
Renten aus der GRV sind unabhängig davon, ob sie auf Pflichtbeiträgen oder freiwilligen Beiträgen beruhen, zu berücksichtigen. Dies wird durch § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV bestätigt und verstößt nicht gegen Verfassungsrecht (BSG, 16.06.2005 - B 10 LW 4/04 R, Rdschr. AH 21/05).
Während die Verletztenrente einschließlich der auf § 83 Satz 2, § 92 Abs. 8, § 93 Abs. 2, 5 und 6 SGB VII beruhenden Rentenbestandteile, der Schwerverletztenzulage (§ 57 SGB VII) und der Erhöhung bei Arbeitslosigkeit (§ 58 SGB VII) sowie die an einen Beamten oder Berufssoldaten zu leistende Zahlung nach § 61 SGB VII zum dauerhaften Erwerbsersatzeinkommen gehört, ist die in der LUV zusätzlich aus Mitteln des damaligen BML und BMA gezahlte Schwerverletztenzulage, die letztmals für das 1. Halbjahr 1997 gewährt wurde, als Bestandteil der Verletztenrente nicht zu berücksichtigen (vgl. amtliche Begründung zu § 18a Abs. 3 SGB IV, BT-Drucks. 10/2677 S. 44); nicht zugrunde zu legen sind weiterhin Rentenbestandteile nach § 217 Abs. 1 Satz 3 SGB VII. (Mehr-) Leistungen nach §§ 13 und 94 SGB VII sind nicht anrechenbar; dies gilt auch für Pflegegelder nach § 44 SGB VII.
Renten nach dem ALG mit Ausnahme der Landabgaberente zählen, obwohl nicht ausdrücklich erwähnt, ebenfalls zum dauerhaften Erwerbsersatzeinkommen, weil auch sie erbracht werden, um Erwerbseinkommen zu ersetzen (vgl. auch § 18a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB IV). Die Landabgaberente zählt wegen ihrer überwiegend strukturpolitischen Zielsetzung nicht zum Erwerbsersatzeinkommen. Dies gilt auch für das Überbrückungsgeld nach § 38.
Kurzfristiges Erwerbsersatzeinkommen
Als kurzfristiges Erwerbsersatzeinkommen sind folgende Leistungen zu berücksichtigen:
- Krankengeld,
- Krankengeld der Sozialen Entschädigung nach § 47 SGB XIV (bis 31.12.2023 Versorgungskrankengeld),
- Verletztengeld - ausgenommen ist das in der LUV gewährte Verletztengeld nach § 55a Abs. 2 SGB VII,
- Übergangsgeld von einem Sozialleistungsträger,
- Arbeitslosengeld (auch das Teilarbeitslosengeld, § 136 SGB III),
- Arbeitslosenbeihilfe nach § 86a SVG,
- Zuschuss des Arbeitgebers zum Mutterschaftsgeld (Rdschr. Nr. 45/04).
Anzurechnen sind ferner vergleichbare Leistungen von einem Sozialleistungsträger. Die Vergleichbarkeit ist gegeben bei Leistungen, die Einkommensersatzfunktion haben und nicht von der Bedürftigkeit des Beziehers abhängig sind. Danach sind als vergleichbare Leistungen zu berücksichtigen:
- Kurzarbeiter-/Saison-Kurzarbeitergeld,
- Konkursausfall-/Insolvenzgeld,
- Überbrückungsgeld der Seemannskasse,
- Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 BKV,
- Mutterschaftsgeld
Das Mutterschaftsgeld ist auch dann in voller Höhe Erwerbsersatzeinkommen, wenn es mit einem Anspruch auf Elterngeld zusammentrifft.
Nach § 10 Abs. 1 BEEG bleibt das Mutterschaftsgeld, soweit es auf das Elterngeld angerechnet worden ist, bei anderen einkommensabhängigen Sozialleistungen (z. B. Beitragszuschuss nach § 32) bis zu einer Höhe von insgesamt 300 EUR im Monat unberücksichtigt.
Aus § 10 Abs. 1 BEEG folgt somit, dass das Mutterschaftsgeld- in voller Höhe zu berücksichtigen ist, wenn es um die Befreiung nach Absatz 1 Nr. 1 geht,
- nur mit dem 300 EUR übersteigenden Teil zu berücksichtigen ist, wenn es um die Feststellung des jährlichen Einkommens nach § 32 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 oder des monatlichen Einkommens nach § 8 Abs. 1 FELEG geht (Ausnahme: Nicht anzurechnen ist das Mutterschaftsgeld für ein weiteres Kind vor und nach seiner Geburt auf das Elterngeld für ein vorher geborenes Kind, § 3 Abs. 1 Satz 1 BEEG).
- Elterngeld, soweit es 300 EUR mtl. übersteigt. Bis zu dieser Höhe hat das Elterngeld keine Einkommensersatzfunktion (vgl. § 2 Abs. 4 BEEG). Der aus landwirtschaftlichem Einkommen berechnete Teilbetrag des Elterngeldes ist ebenfalls nicht zu berücksichtigen (Rdschr. LSV 1/07 und Rdschr. V 17/07). Der Geschwisterbonus zum Elterngeld nach § 2a BEEG ist als Bestandteil der Leistung Elterngeld jedoch zu berücksichtigen (Rdschr. LSV 29/09). Zum Zusammentreffen von Elterngeld mit dem Betreuungsgeld nach dem Betreuungsgeldgesetz vgl. SVLFG-Info Nr. 018/2013.
- Vorruhestandsgeld in den neuen Bundesländern an ausgeschiedene Arbeitnehmer nach der VO über Vorruhestandsgeld vom 08.02.1990,
- Berufsschadensausgleich gem. § 89 SGB XIV (bis 31.12.2023 gem. § 30 Abs. 3 bis 6 BVG), da dieser entgangenes Erwerbseinkommen ersetzt, vgl. auch § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SGB IV. Dies gilt gleichermaßen, falls Gesetze - Soldatenversorgungsgesetz, Bundesgrenzschutzgesetz, Zivildienstgesetz, Bundesseuchengesetz, Häftlingsgesetz, Infektionsschutzgesetz, Opferentschädigungsgesetz - die Gewährung eines Berufsschadensausgleiches in entsprechender Anwendung der Vorschriften des SGB XIV gestatten.
- Gründungszuschuss nach § 57 SGB III in der seit 01.08.2006 geltenden Fassung (seit 01.04.2012: § 93 SGB III) (Rdschr. V 49/07). Auch die enthaltene Pauschale zur sozialen Sicherung ist einzubeziehen (Bayerisches LSG, 12.07.2018 - L 1 LW 8/16). Die bisherige Rechtsauffassung, wonach der Gründungszuschuss dann keine dem Erwerbsersatzeinkommen vergleichbare Leistung mehr ist, wenn der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 versicherungspflichtige Landwirt einen Gründungszuschuss für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Landwirt erhält (Rdschr. V 78/08) wird ebenfalls aufgegeben. Mit Urteil vom 08.12.2012 hat das LSG NRW - L 8 LW 10/11 - festgestellt, dass ein Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft als Erwerbsersatzeinkommen nach § 3 Abs. 4 ALG zu berücksichtigen ist.
Nicht vergleichbar sind Bezüge, die nicht in erster Linie Erwerbseinkommen ersetzen sollen, sondern überwiegend andere Funktionen (Ausgleich, Entschädigung, Förderung bei der Existenzgründung) erfüllen. Dabei handelt es sich insbesondere um
- das bis zum 31.12.2022 gewährte Arbeitslosengeld II (Rdschr. Nr. 10/04 - vgl. aber Absatz 1 Nr. 1a a.F.),
- Bürgergeld nach § 19 SGB II (vgl. aber Absatz 1 Nr. 1a)
- Leistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe, Sozialzuschlag),
- Kriegsopferfürsorge,
- BAföG-Leistungen,
- Leistungen nach dem Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung (AFBG),
- Erziehungsgeld,
- Wohngeld,
- Blindengeld,
- Leistungen nach § 1 Wehrsoldgesetz während der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes (Wehrsold und Sachbezug),
- Berufsausbildungsbeihilfe nach §§ 56ff. SGB III,
- Übergangsgebührnisse nach § 11 Abs. 6 Satz 2 SVG an den überlebenden Ehegatten eines ausgeschiedenen Soldaten auf Zeit,
- ergänzende Leistungen zum Saisonkurzarbeitergeld nach § 175a SGB III (seit 01.04.2012: § 102 SGB III) (Rdschr. LSV 89/08),
- Betreuungsgeld nach dem Betreuungsgeldgesetz (SVLFG-Info Nr. 018/2013),
- Ausbildungsgeld (Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 112 ff. SGB III) - (vgl. Hess. LSG, 09.03.2016 - L AS 795/12)
sowie Leistungen nach dem
- SGB XIV – Soziale Entschädigung (mit Ausnahme des Berufsschadensausgleichs nach § 89 SGB XIV),
- Bundesversorgungsgesetz (mit Ausnahme des Berufsschadensausgleichs nach § 30 Abs. 3 bis 6 BVG); zum 01.01.2024 in das SGB XIV eingeordnet,
- Lastenausgleichsgesetz,
- Bundesentschädigungsgesetz
Bruttoprinzip
Erwerbsersatzeinkommen sind die Bruttobezüge, die sich ergeben
- nach Anwendung von Ruhens- oder Kürzungsvorschriften, aber
- vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben
Z. B. sind Renten der GRV nicht um von ihnen einbehaltene Beiträge zur KVdR und Pflegeversicherung zu mindern.
Beim Arbeitslosengeld ist der Betrag maßgebend, der nach Anwendung der Anrechnungs- und Ruhensvorschriften der §§ 155 ff. SGB III von dem sich aus § 149 SGB III ergebenden Betrag verbleibt; er ist nicht um die von der BA zu tragenden Sozialbeiträge (z. B. § 170 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI) zu erhöhen (BSG, 30.06.1999 - B 10 LW 17/98 R, Rdschr. AH 1/00; SG Mainz, 13.02.1997 - S 5 Lw 16/96, Rdschr. Nr. 75/99).
Entsprechendes gilt z. B. beim Krankengeld: Maßgebend ist der Betrag, der nach Anwendung der Ruhens- und Kürzungsvorschriften der §§ 49, 50 Abs. 2 SGB V von dem sich aus §§ 47 ff. SGB V ergebenden Betrag verbleibt.
Von der Höhe des ursprünglichen Erwerbseinkommens kann selbst dann nicht ausgegangen werden, wenn während des Bezugs des Erwerbsersatzeinkommens weiterhin Beiträge zur GRV abgeführt werden, deren Bemessungsgrundlage über dem in Absatz 1 Nr. 1 benannten Grenzwert liegt. Eine Regelungslücke besteht im Hinblick auf die typische Absenkungsquote des Erwerbsersatzeinkommens nicht. Der zu entrichtende RV-Beitrag begründet auch keine dem Schutzzweck der Versicherungspflicht in der AdL entgegenstehende anderweitige ausreichende Alterssicherung. Zudem ist die Regelung im Zusammenhang mit den Bestimmungen über den Beitragszuschuss zu sehen, die ebenfalls auf das verfügbare Einkommen abstellen (BSG, 08.10.1998 - B 10 LW 2/98 R, Rdschr. AH 5/99; 30.06.1999 - B 10 LW 17/98 R, Rdschr. AH 1/00).
Zeitliche Zuordnung von Erwerbsersatzeinkommen
Maßgebend ist das laufende monatliche Erwerbsersatzeinkommen. Dies ist, wie bei der Einkommensanrechnung nach § 28 i. V. m. § 97 SGB VI und nach § 8 FELEG, den Zeiträumen zuzuordnen, für die es bestimmt ist; der Zeitpunkt z. B. einer Rentennachzahlung ist unerheblich.
Besonderheiten für Leistungen ausländischer Träger, kinderbezogene Leistungen, Kapitalleistungen und Abfindungen sowie Verletztenrenten
Nach Satz 3 sind auch die von einem ausländischen Träger erbrachten vergleichbaren Leistungen zu berücksichtigen.
Ob es sich um eine vergleichbare Leistung handelt, kann mittels einer vergleichenden Übersicht der Alters- und Invaliditätsrenten in den Mitgliedstaaten der EU und den übrigen Abkommensstaaten festgestellt werden, die vom Hauptverband der gewerblichen BGen veröffentlicht wurde (Rdschr. VB 24/92).
So ist beispielsweise eine Leistung nach dem Gesetz über die Erwerbsunfähigkeit der Niederlande (WAO) eine der EM-Rente nach dem SGB VI vergleichbare Leistung, wenn sie wegen einer Erwerbsminderung von mindestens 80 v. H. bis 100 v. H. geleistet wird. Für die Umrechnung von ausländischem Erwerbsersatzeinkommen, das nicht auf Euro lautet, findet § 17a SGB IV Anwendung.
Nach Satz 4 bleiben Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kinderbezogene Leistungen generell außer Betracht, also auch insoweit, als sie das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz überschreiten.
Nach Satz 5 sind auch Kapitalleistungen bzw. anstelle einer wiederkehrenden Leistung gezahlte Abfindungen zu berücksichtigen; eine Kapitalleistung wird zu diesem Zweck verrentet, bei einer Abfindung wird die Rente berücksichtigt, die ohne die Abfindung zu zahlen wäre. Dabei ist der fiktiv als Rentenzahlbetrag berücksichtigte Wert jährlich entsprechend der Rentenanpassung zu dynamisieren.
- Beispiel:
- Ein Unfallverletzter erhält anstelle einer Rente nach § 62 Abs. 1 SGB VII eine Gesamtvergütung entsprechend § 75 SGB VII. Der Bemessung der Gesamtvergütung liegt der Zeitraum des voraussichtlichen Rentenaufwands von 30 Kalendermonaten zugrunde.
- Weil die Abfindung der Rente in Form einer Gesamtvergütung einen Zeitraum von 30 Kalendermonaten abdeckt, ist die zugrunde liegende Monatsrente für die Dauer des Zeitraums, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, als Erwerbsersatzeinkommen zu berücksichtigen.
Nach Satz 6 wird eine Verletztenrente aus der GUV nicht in voller Höhe als Erwerbsersatzeinkommen berücksichtigt, sondern nur in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gezahlten Verletztenrente und einem nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI berechneten Vielfachen des aktuellen Rentenwertes der Gesetzlichen Rentenversicherung, das pauschal einen verletzungsbedingte Mehraufwendungen und den immateriellen Schaden ausgleichenden Betrag darstellt. Der Betrag nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a SGB VI hat insoweit die Bedeutung eines Freibetrages. Der Freibetrag ist von der Höhe der der jeweiligen UV-Rente zugrunde liegenden MdE abhängig.
Anwendung von Satz 6 in der ab 01.01.2024 gültigen Fassung:
Entsprechend der Vorgehensweise bei der Berechnung von nicht anzusetzenden verletzungsbedingten Mehraufwendungen bei der Einkommensfeststellung bei Zusammentreffen mit Renten wegen Todes (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV) ist die Regelung zeitraumbezogen anzuwenden: Ist eine Verletztenrente als Erwerbsersatzeinkommen nach § 3 Abs. 4 für einen Zeitraum ab dem 01.01.2024 zu berücksichtigen, so ist der Abzugsbetrag nach § 3 Abs. 4 Satz 6 in der neuen Fassung zu berechnen. Ist die Verletztenrente hingegen für einen Zeitraum bis 31.12.2023 zu berücksichtigen, ist die Grundrente nach dem BVG für den jeweiligen MdE-Grad in Abzug zu bringen; selbst wenn die Bearbeitung des Falles nach dem 01.01.2024 erfolgt. § 94 Abs. 1 und 2 ALG sind nicht anzuwenden. Im Übrigen gilt der Freibetrag, der im Bezugsjahr der UV-Rente maßgebend war.
Anwendung von Satz 6 in der bis 31.12.2023 gültigen Fassung:
Für Zeiträume bis zum 31.12.2023 ist die UV-Rente um einen Betrag zu mindern, der dem Grundbetrag entspricht, der bei gleicher MdE nach dem BVG zu zahlen wäre. Der Grundbetrag nach dem BVG hat insoweit ebenfalls die Bedeutung eines Freibetrages. In den Fällen einer MdE von weniger als 25 v. H. - hier wurde nach dem BVG keine Grundrente gezahlt - ist die bezogene UV-Rente um folgende Beträge zu mindern
- a) bei einer MdE von 20 v. H. um zwei Drittel der Mindestgrundrente und
- b) bei einer MdE von 10 v. H. um ein Drittel der Mindestgrundrente.
Unter Berücksichtigung der Regelung des § 30 Abs. 1 BVG wird der MdE-Grad 15 v. H. vom nächst höheren MdE-Grad - also MdE von 20 v. H. - mit umfasst.
Die Freibetragsregelung bei den UV-Renten entspricht dem Einkommensbegriff, der nach Maßgabe von § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV der Einkommensanrechnung bei Renten wegen Todes nach § 28 i. V. m. § 97 SGB VI zugrunde zu legen ist.
Im Unterschied zu den Verletztenrenten aus der GUV besteht jedoch bei den Versorgungsbezügen oder vergleichbaren Einnahmen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis keine Übereinstimmung mit dem nach § 18a Abs. 3 SGB IV zu berücksichtigenden Einkommen. Unter den Einkommensbegriff des Absatzes 4 fallen alle in Betracht kommenden Versorgungsbezüge in voller Höhe. Bei der Anrechnung auf Renten wegen Todes ist dagegen nach § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB IV ein Unfallruhegehalt (auch andere vergleichbare Bezüge) wie die Verletztenrente aus der UV bei einer MdE von 20 v. H. um zwei Drittel und bei einer MdE von 10 v. H. um ein Drittel der jeweiligen Mindestgrundrente nach dem BVG für die Einkommensanrechnung zu kürzen. Der Grund hierfür besteht darin, dass in diesen Fällen kein Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG) gezahlt wird.