§ 32
Anspruchsvoraussetzungen
(1) Versicherungspflichtige Landwirte erhalten einen Zuschuss zu ihrem Beitrag und zum Beitrag für mitarbeitende Familienangehörige, wenn das jährliche Einkommen weniger als 60 Prozent der Bezugsgröße beträgt.
(2) 1Das jährliche Einkommen wird aus dem Jahreseinkommen des Landwirts und seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten ermittelt; das Einkommen wird jedem Ehegatten zur Hälfte zugerechnet. 2Das Einkommen wird auf volle Euro abgerundet.
(3) 1Das Jahreseinkommen ist die Summe der in Satz 3 genannten Einkommen. 2Ein Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkommen und mit Verlusten aus Einkommen des Ehegatten ist nicht zulässig. 3Einkommen sind
-
die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, soweit die Einkünfte nicht unter die Nummer 2 fallen und
-
Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 4, wobei Renten wegen Todes als Erwerbsersatzeinkommen gelten.
4Maßgebend für die Feststellung des Einkommens nach Satz 3 Nr. 1 sind:
-
die sich aus dem sich auf das zeitnächste Veranlagungsjahr beziehenden Einkommensteuerbescheid ergebenden Einkünfte so, wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind, sofern eine Veranlagung zur Einkommensteuer für eines der letzten vier Kalenderjahre erfolgt ist, oder
-
die im vorvergangenen Kalenderjahr erzielten entsprechenden Einkünfte, sofern eine Veranlagung zur Einkommensteuer für die letzten vier Kalenderjahre nicht erfolgt ist, wobei das Arbeitsentgelt um den Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz) zu verringern ist.
5Maßgebend für die Feststellung des Einkommens nach Satz 3 Nr. 2 ist
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das Erwerbsersatzeinkommen des Jahres, auf das sich der Einkommensteuerbescheid nach Satz 4 Nr. 1 bezieht, oder
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in den Fällen des Satzes 4 Nr. 2 das im vorvergangenen Kalenderjahr bezogene Erwerbsersatzeinkommen.
6Die Anspruchsvoraussetzungen für den Zuschuss zum Beitrag sind in den Fällen des Satzes 4 Nr. 1 frühestens vom Kalendermonat der Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides an erfüllt.
(4) 1Änderungen des Einkommens sind vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides zu berücksichtigen; dies gilt entsprechend, wenn vor erstmaliger Bewilligung eines Zuschusses zum Beitrag Einkommensteuerbescheide aus unterschiedlichen Veranlagungsjahren vorliegen. 2Einkommensteuerbescheide, die dem Zuschuss zum Beitrag zugrunde gelegte Einkommensteuerbescheide ändern, werden mit Wirkung für die Vergangenheit berücksichtigt.
Erläuterungen
Die versicherungspflichtigen Landwirte - dieser Begriff erfasst neben dem vor dem 01.01.1995 beitragspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer auch den kraft Fiktion (§ 1 Abs. 3) als Landwirt geltenden Ehegatten - erhalten als laufende Geldleistungen Beitragszuschüsse. Die Zuschüsse sind einkommensabhängig. Gegenüber dem vor dem 01.01.1995 maßgebenden Recht (§§ 3c, 4b GAL) sind die Vorschriften über die Anspruchsvoraussetzungen und die Höhe des Beitragszuschusses jedoch grundlegend geändert worden.
Wenn beide Ehegatten als Landwirt versichert sind, hat jeder einen eigenen Anspruch auf den Beitragszuschuss. Der Landwirt ist auch Anspruchsinhaber für den Zuschuss zum Beitrag des Mifa. Ist der Landwirt von der Versicherungspflicht nach dem ALG befreit, besteht für den Mifa kein Zuschussanspruch (so auch Schmidt, SdL 1986 S. 43, 52).
Besteht die in § 1 Abs. 7 beschriebene Verwandtschaftsbeziehung zu beiden Ehegatten, so hat derjenige Ehegatte den Anspruch auf Beitragszuschuss für den Mifa, welcher als Landwirt - im Sinne von § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 - versicherungspflichtig ist. Sind beide Ehegatten als Landwirt versicherungspflichtig, so sind sie gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 bezüglich des Beitrags für den Mifa Gesamtschuldner (§ 421 BGB) und dementsprechend bezüglich des Beitragszuschusses für den Mifa Gesamtgläubiger (§ 428 BGB). Die nach § 70 Abs. 2 obligatorische Aufrechnung lässt den Beitragsanspruch gegen die Eheleute als Gesamtschuldner in der Höhe des den Eheleuten als Gesamtgläubiger zustehenden Zuschussanspruchs erlöschen (§ 389 BGB). Zur Erfüllung des verbleibenden Beitragsanspruchs für den Mifa sollte im Zweifel der nach § 1 Abs. 2 versicherte Landwirt vorrangig herangezogen werden.
Anspruch auf Beitragszuschuss besteht ab 01.04.2021 bis zu einem jährlichen Einkommen von weniger als 60 Prozent der jeweils gültigen jährlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Für Zeiträume mit Anspruch auf Beitragszuschuss bis 31.03.2021 gilt weiterhin die Einkommensgrenze von 15.500 Euro. Sind beide Ehegatten versichert, hat jeder von ihnen einen Zuschussanspruch, solange das jährliche Gesamteinkommen bis 31.03.2021 31.000 Euro nicht übersteigt und ab 01.04.2021 solange das jährliche Gesamteinkommen das Doppelte des aus der Bezugsgröße errechneten Grenzwerts unterschreitet (vgl. Absatz 2, „Splitting“).
Die Anbindung des Grenzbetrags an die sich jährlich ändernde Bezugsgröße nach § 18 SGB IV hatte außerdem zur Folge, dass bis zum 30.06.2024 (vgl. § 114, die Vorschrift ist zum 01.07.2024 entfallen) unterschiedliche Einkommensgrenzen für die Rechtskreise Ost und West galten. Welche Einkommensgrenze zu Grunde lag, bestimmte sich danach, ob der Beitrag nach § 68 oder nach § 68 i. V. m. § 114 zu ermitteln war.
Grundlage für den Anspruch auf Beitragszuschuss und seine Höhe ist das Jahreseinkommen des Landwirts. Was zum Jahreseinkommen gehört, bestimmt Absatz 3 im Einzelnen. Ungeachtet der möglicherweise abweichenden güterrechtlichen oder steuerrechtlichen Zuordnung ordnet Satz 1 an, das Jahreseinkommen der nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zusammenzurechnen und sodann zu gleichen Teilen (50:50) auf beide Ehegatten zu verteilen. Dieses Splittingverfahren ist nur anwendbar, solange seine Voraussetzungen vorliegen; auf das Bestehen der Ehe und ein nicht dauerndes Getrenntleben während der für die Einkommensermittlung maßgebenden Zeiträume (vgl. dazu Absatz 3 Sätze 4 und 5) kommt es nicht an. Für einen bei Beginn des Anspruchsjahres (auf Beitragszuschuss) bereits verwitweten Landwirt ist die Einkommensgrenze des Absatz 1 einschlägig. Einkommen, das vom inzwischen verstorbenen Ehegatten im betreffenden Bezugsjahr erzielt wurde, ist nicht anzurechnen. Dies gilt gleichermaßen, falls die Ehe aus anderen Gründen aufgelöst wurde oder ein dauerndes Getrenntleben der Ehegatten eingetreten ist. Maßgebend ist dann die einkommensteuerrechtliche Aufteilung des Einkommens unter den Eheleuten (vgl. Absatz 3 Satz 4).
- Beispiel:
- Die Ehegatten erhalten ab 01.05.2021 jeweils 48,00 Euro Zuschuss (Einkommensverhältnisse 2019: Landwirt 15.000 Euro, Ehegatte 25.000 Euro). Der Ehegatte verstirbt am 20.08.2021.
- Ab dem 21.08.2021 kann die in Satz 1 zweiter Halbsatz vorgesehene Hälftelung des Einkommens nicht mehr greifen; mithin kann ab diesem Zeitpunkt lediglich das Einkommen des Landwirts in Höhe von 15.000 Euro berücksichtigt werden. Dieser Änderung ist nach § 34 Abs. 4 Rechnung zu tragen. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Monatsbeitrages, der auch nach Inkrafttreten des ALG Gültigkeit behält (BSG, 25.11.1998 - B 10 LW 10/97 R, Rdschr. AH 7/99), ist der Verwaltungsakt über die Bewilligung des Beitragszuschusses mit Wirkung vom 01.09.2021 aufzuheben. Der Neuberechnung ist das im Kalenderjahr 2019 vom Landwirt erzielte Einkommen zugrunde zu legen.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Das BSG begründet dies in seinem Urteil vom 08.10.1998 - B 10/4 LW 10/96 R (Rdschr. AH 6/99) damit, dass die Zugrundelegung des verdoppelten Einkommensgrenzbetrages untrennbar verbunden sei mit der Beitragspflicht des Ehegatten nach § 1 Abs. 3, die ggf. mit einem Beitragszuschuss für beide versicherungspflichtigen Ehegatten subventioniert werde. Entfalle die doppelte Beitragspflicht, sei die Einstellung der Subvention selbst dann gerechtfertigt, wenn die Wirtschaftskraft des Hofes gleichbleibe oder sogar sinke.
Die hälftige Aufteilung des Gesamteinkommens der Ehegatten gilt auch dann, wenn
- jeder Ehegatte für sich ein landwirtschaftliches Unternehmen betreibt;
- der nach § 1 Abs. 3 versicherte Landwirt Arbeitsentgelt aufgrund eines mit dem Landwirt nach § 1 Abs. 2 geschlossenen Arbeitsvertrages erhält; das als Arbeitsentgelt bezogene Einkommen ist dann ebenfalls den Eheleuten hälftig zuzurechnen. Eine Doppelberücksichtigung von Einkommen ist damit nicht verbunden, weil das dem Ehegatten gezahlte Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe den nach Absatz 4 heranzuziehenden Gewinn mindert;
- nur ein Ehegatte versichert ist, während der andere Ehegatte z. B. nach § 3 befreit worden ist.
Betreiben die versicherten Ehegatten das landwirtschaftliche Unternehmen z. B. mit einem oder mehreren weiteren Mitunternehmern, bleibt bei Feststellung des Ehegatteneinkommens der auf den oder die weiteren Mitunternehmer entfallende Anteil am Arbeitseinkommen außer Betracht, auch wenn der weitere Mitunternehmer kein versicherter Landwirt i. S. d. Gesetzes sein sollte. Das verbliebene Ehegatteneinkommen ist hälftig zu teilen.
Nach Satz 2 ist das Einkommen des einzelnen Versicherten - also ggf. nach der hälftigen Aufteilung (Satz 1 zweiter Halbsatz) - auf volle Euro abzurunden.
Die Arten des zu berücksichtigenden Einkommens ergeben sich aus den in Satz 3 enthaltenen Bezugnahmen auf § 2 Abs. 1 und 2 EStG und - bezüglich des Erwerbsersatzeinkommens - auf § 3 Abs. 4. Die Summe aus diesen Einkommensarten ergibt das für den Zuschussanspruch maßgebende Jahreseinkommen. Aus Satz 2 folgt, dass ein Verlustausgleich nur zulässig ist, wenn die versicherte Person sowohl positives als auch negatives Einkommen derselben Art erzielt. Ein sich dabei evtl. ergebender Negativsaldo darf nicht mit positiven anderen Einkommensarten verrechnet werden.
- Beispiel:
- Der Landwirt betreibt neben seinem landwirtschaftlichen Unternehmen ein Sägewerk und eine Gastwirtschaft.
- Er hat in dem nach Satz 4 Nr. 1 maßgebenden Kalenderjahr erzielt
-
- aus der Landwirtschaft einen Gewinn von 12.782,30 Euro,
-
- aus dem Sägewerk einen Verlust von 30.677,51 Euro,
-
-aus der Gastwirtschaft einen Gewinn von 28.121,05 Euro.
-
- aus der Landwirtschaft einen Gewinn von 12.782,30 Euro,
- Bei vollem Verlustausgleich verbliebe ein Jahreseinkommen von 10.225,84 Euro.
- Zulässig ist aber der Ausgleich nur unter den Gewinnen/Verlusten aus Sägewerk und Gastwirtschaft, weil beide zu der Einkommensart „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ zählen. Der sich dabei ergebende Verlust aus Gewerbebetrieb von 2.556,46 Euro darf nicht mit dem Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft ausgeglichen werden, sodass ein Jahreseinkommen von 12.782,30 Euro zugrunde zu legen ist.
Ausgeschlossen ist nach Abs. 3 Satz 2 sowohl ein Verlustausgleich mit negativen Einkünften aus einer anderen Einkunftsart des Landwirts oder seines Ehegatten - erste Alternative - als auch ein Ausgleich mit Verlusten des Ehegatten, die innerhalb derselben Einkunftsart entstanden sind, so genannter horizontaler Verlustausgleich, - zweite Alternative -. Dadurch soll verhindert werden, dass steuertechnische Abzugsmöglichkeiten, die zu Verlusten führen, einen Anspruch auf Sozialleistungen begründen, wobei es nicht darauf ankommt, ob im Einzelfall nur ein steuertechnischer oder ein realer Verlust vorliegt. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BSG, 08.11.2001 - B 10 LW 37/00 R, Rdschr. AH 4/02).
Satz 3 Nr. 1 - Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 und 2 EStG
Einkommen sind hiernach
- die Gewinne aus
- Land- und Forstwirtschaft,
- Gewerbebetrieb,
- selbstständiger Arbeit,
- die Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten aus
- nichtselbstständiger Arbeit (auch bei Pauschalversteuerung nach §§ 40 bis 40b EStG - s. aber zu Satz 4 Nr. 1),
- Kapitalvermögen,
- - Vermietung und Verpachtung,
- der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften im Sinne des § 22 EStG.
Im Ausland erzielte Einkünfte sind zu berücksichtigen, weil für den Zuschuss die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versicherten bestimmend sein muss. Hat der Versicherte seinen Wohnsitz im Inland, ergibt sich dies bereits aus der unbeschränkten, ausländische Einkünfte einschließenden Steuerpflicht (vgl. §§ 1 und 2 EStG). Nichts anderes kann gelten, wenn Versicherte mit ihren Auslandseinkünften wegen eines Doppelbesteuerungsabkommens oder wegen Wohnsitzes im Ausland nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen.
Auszusondernde Einkünfte
Auszusondern sind Einkünfte, die als Erwerbsersatzeinkommen von Nummer 2 erfasst sind. Diese Vorschrift betrifft i. e. L. Renten und Versorgungsbezüge.
Renten aus der GRV etwa stellen sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 EStG dar (vgl. § 22 Satz 3 Buchst. a EStG); Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen Vorschriften werden dagegen einkommensteuerrechtlich den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zugeordnet (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG). Beide Einkommensarten sind zugleich Erwerbsersatzeinkommen i. S. d. § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 (kraft Fiktion auch die Renten wegen Todes, Absatz 3 Satz 3 Nr. 2), sind also bei der Ermittlung des Jahreseinkommens aus der Summe der positiven Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 und 2 EStG auszusondern und stattdessen über Nummer 2 zu erfassen.
Am Beispiel der Rente aus der GRV ist also der im Steuerbescheid ausgewiesene Betrag der sonstigen Einkünfte um den Überschuss des steuerpflichtigen Teils dieser Rente über die Werbungskosten (i. d. R. Pauschbetrag von 200 DM für Veranlagungszeiträume bis 2000 und danach von 102 Euro, § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG) zu mindern; sind dem Steuerbescheid diese Einzelbestandteile nicht zu entnehmen, bedarf es insoweit ergänzender Ermittlungen. Stattdessen ist die Rente aus der GRV mit ihrem Bruttobetrag als Erwerbsersatzeinkommen zugrunde zu legen.
Gewinneinkünfte - Arbeitseinkommen
Die o. g. Gewinneinkünfte stimmen nach Art und Höhe mit dem Arbeitseinkommen i. S. d. § 15 SGB IV überein. Abzugsposten, die nach der einkommensteuerrechtlichen Systematik der Ermittlung der Einkünfte zuzuordnen sind, sind zu berücksichtigen (z. B. die Veräußerungsfreibeträge nach §§ 14a (für Landwirte), 16 Abs. 4 und 17 Abs. 3 EStG (für Gewerbetreibende), bis 2011 als Betriebsausgaben geltend gemachte Kinderbetreuungskosten i. S. d. § 9c EStG). Nicht zu berücksichtigen sind Abzugsposten außerhalb der Einkünfteermittlung, z. B. der erst bei Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehende Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG) und erst recht die zur Ermittlung des Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorzunehmenden Abzüge wie z. B. der Verlustabzug nach § 10d EStG, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen (BSG, 16.05.2001 - B 5 RJ 46/00 R, Rdschr. AH 7/02).
Mit lnkrafttreten des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 01.11.2011 (BGBI. I S. 2131) entfällt ab 01.01.2012 die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten. Beginnend mit der Steuerveranlagung für 2012 sind die Aufwendungen künftig nur noch einheitlich als Sonderausgaben abzuziehen. Einkommensteuerrechtlich sind sie damit nicht mehr schon bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (als Betriebsausgaben) oder aus nichtselbständiger Arbeit (als Werbungskosten) zu berücksichtigen.
Wegen § 2 Abs. 5a Satz 2 EStG ist beginnend mit der Steuerveranlagung für 2012 gleichwohl der im Einkommensteuerbescheid als Sonderausgaben anerkannte Betrag für die Kinderbetreuungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG bei den Gewinnen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit entsprechend § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nur zu zwei Dritteln einkommensmindernd zu berücksichtigen (Rdschr. LSV 134/11). Enthält der Einkommensteuerbescheid Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben, sind diese bereits entsprechend § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in verminderter Höhe ausgewiesen, so dass der im Bescheid aufgeführte Betrag zur Feststellung des anzurechnenden oder zu berücksichtigenden Einkommens einkommensmindernd zu verwenden ist (vgl. SVLFG- Information intern Nr. 008 /2025).
Die Kinderbetreuungskosten sind grundsätzlich von den betragshöchsten relevanten Einkünften zum Abzug zu bringen. Kann der Abzugsbetrag nicht vollständig abgesetzt werden, ist der Restbetrag von einer anderen Einkommensart abzuziehen, sofern weitere Einkünfte vorhanden sind.
Beruht das anzurechnende Jahreseinkommen ausschließlich auf Einkünften aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung oder sonstigen Einkünften nach § 22 EStG (Einkünfte gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 EStG), oder auf einem pauschal nach dem Wirtschaftswert (für Zeiträume bis zum 31.12.2024) ermittelten Arbeitseinkommen aus der Land- und Forstwirtschaft, ist kein Abzug von Kinderbetreuungskosten vorzunehmen - § 2 Abs. 5a Satz 2 EStG findet keine Anwendung, weil die Einkommensermittlung nicht an die in § 2 Abs. 1 bis 3 EStG genannten Begriffe anknüpft.
Kein Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft haben die nach § 1 Abs. 2 Satz 3 versicherten Mitglieder einer juristischen Person, weil ihre Gewinnanteile nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu werten sind. Als solche werden sie ebenfalls herangezogen, allerdings vermindert um den Sparerfreibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG).
Ausnahmsweise kann auch der Einkommensteuerbescheid eines nach § 1 Abs. 2 Satz 3 versicherten Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft statt Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft Kapitaleinkünfte ausweisen, weil ihn das Finanzamt als stillen Gesellschafter ansieht (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dann besteht freilich Anlass, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 zu überprüfen.
Überschusseinkünfte
Bei den Überschusseinkünften ist keine Deckungsgleichheit mit sozialversicherungsrechtlichen Begriffen gegeben. So erfasst § 14 SGB IV zum einen nicht die unter § 19 EStG fallenden Versorgungsbezüge, zum anderen lässt er keinen Werbungskostenabzug zu.
Bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind bis 2011 Kinderbetreuungskosten abzuziehen, wenn diese als sog. erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten als Werbungskosten vom Finanzamt berücksichtigt werden (vgl. Wortlaut des Satzes 4 („...so, wie sie der Besteuerung zu Grunde gelegt worden sind...“).
Wegen § 2 Abs. 5a Satz 2 EStG ist beginnend mit der Steuerveranlagung für 2012 demgegenüber der im Einkommensteuerbescheid als Sonderausgaben anerkannte Betrag für die Kinderbetreuungskosten auch bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG in Abzug zu bringen (Rdschr. LSV 134/11).
Die Rechtsänderung bleibt bei den Einkünften gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 7 EStG (Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte nach § 22 EStG) ohne Folgen, da die Kinderbetreuungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte seither schon einkommensteuerrechtlich nicht als Werbungskosten abgesetzt werden konnten.
Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist auch der Sparerpauschbetrag (§ 20 Abs. 9 EStG) in Höhe von jährlich 801 Euro - ab 2023 in Höhe von 1.000 Euro - vom Finanzamt abzuziehen.
Bei den sonstigen Einkünften i. S. d. § 22 EStG handelt es sich u. a. um
- wiederkehrende Bezüge,
- Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften,
- Bezüge nach dem Abgeordnetengesetz, dem Europaabgeordnetengesetz oder einem entsprechenden Landesgesetz,
- Leistungen aus einer schädlichen Verwendung von geförderten Altersvorsorgevermögen nach § 93 EStG.
Zu den wiederkehrenden Bezügen gehören auch die steuerpflichtigen Anteile von Leibrenten unabhängig davon, welchem Besteuerungssystem sie unterliegen und ob sie als Erwerbsersatzeinkommen auch unter § 3 Abs. 4 und Nummer 2 fallen. Leibrenten werden nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG entweder voll (Doppelbuchst. aa, z. B. Renten der GRV oder der AdL) oder mit dem Ertragsanteil (Doppelbuchst. bb, z. B. laufende Bezüge aus einer privaten Rentenversicherung) versteuert. Der steuerpflichtige Anteil wird vermindert um die Werbungskostenpauschale von 102 Euro.
Satz 3 Nr. 2 - Erwerbsersatzeinkommen i. S. d. § 3 Abs. 4
Auf die Erläuterungen zu § 3 Abs. 4 wird verwiesen. Kraft Fiktion stehen Renten wegen Todes (z. B. Witwen-/Witwer- und Waisenrenten) bei Feststellung des Beitragszuschusses Erwerbsersatzeinkommen gleich.
Hier zu berücksichtigende Einkommensarten (z. B. Renten aus der GRV) sind aus der Summe der Einkünfte i. S. der Nummer 1 auszusondern.
Maßgebendes Kalenderjahr
Satz 4 bestimmt, auf welches Kalenderjahr bei der Ermittlung des Einkommens nach Satz 3 Nr. 1 abzustellen ist.
Nach Nummer 1 ist der Einkommensteuerbescheid für das zeitnächste Kalenderjahr maßgebend, wenn eine Veranlagung zur Einkommensteuer für eines der letzten vier Kalenderjahre vor dem Kalenderjahr, für das der Anspruch auf Beitragszuschuss zu prüfen ist, erfolgt ist. Für den Anspruch auf Beitragszuschuss im Jahr 2005 ist also auf den Einkommensteuerbescheid 2001 abzustellen, wenn ein aktuellerer Bescheid noch nicht vorliegt; bezieht sich der letzte Bescheid hingegen auf das Kalenderjahr 2000, ist nach Nummer 2 das vorvergangene Kalenderjahr (2003) maßgebend.
Endet die Veranlagung zur Einkommensteuer, bleibt der sich auf das zeitnächste Kalenderjahr beziehende Einkommensteuerbescheid so lange maßgebend, wie die Vierjahresfrist noch nicht abgelaufen ist.
- Beispiel:
- Der zuletzt vom Finanzamt ergangene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 wird der Bemessung des Beitragszuschusses im Kalenderjahr 2005 zugrunde gelegt.
- Ergehen keine weiteren Einkommensteuerbescheide, hat die LAK bis zum Ende des Kalenderjahres 2005 die Einkünfte dem Steuerbescheid 2001 zu entnehmen. Ab dem 01.01.2006 sind nach Nummer 2 die Einkünfte des vorvergangenen Kalenderjahres maßgebend.
Bescheide über die Nichtveranlagung zur Einkommensteuer sind nicht maßgebend, weil sich aus ihnen keine hinreichenden Schlüsse auf die Höhe des Einkommens ziehen lassen (SG Koblenz, 16.01.2002 - S 10 LW 25/00).
Mit den Worten „so, wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind“ wird eine Bindung der LAK an die Feststellungen im Steuerbescheid bewirkt (LSG Niedersachsen, 09.03.2000 - L 10 LW 48/99, Rdschr. AH 15/00). Pauschal versteuerter Arbeitslohn bleibt deshalb außer Ansatz (vgl. §§ 40 Abs. 3 Satz 3, 40a Abs. 5, 40b Abs. 4 EStG).
Eine Ausnahme bilden die nach § 2 Abs. 5a EStG vorzunehmenden Zu- und Abrechnungen; sie sind ggf. den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid zu entnehmen (Rdschr. Nr. 116/01).
Bei einer Zurechnung nach § 2 Abs. 5a EStG ist ggf. auch eine Erhöhung des bisher nicht ausgeschöpften Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 EStG) zu berücksichtigen.
- Beispiel:
- Einkünfte aus Kapitalvermögen (zusammen veranlagte Eheleute)
- Einnahmen 1.500 Euro
- abzüglich Sparer-Pauschbetrag (begrenzt nach § 20 Abs. 9 Satz 4 EStG) 1.500 Euro
- Einkünfte 0 Euro
- Dabei sind 600 Euro nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei belassen worden.
- Der Wortlaut des § 2 Abs. 5a EStG ließe nur eine Erhöhung des Betrags der Einkünfte zu, so dass sich die Einkünfte aus Kapitalvermögen von 0 Euro auf 600 Euro erhöhen würden. Der nicht ausgenutzte Anteil am Sparer-Pauschbetrag bliebe unberücksichtigt.
- Dies wäre mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht vereinbar. § 2 Abs. 5a EStG soll verhindern, dass Änderungen u. a. am Betrag der Einkünfte, die aus spezifisch steuerrechtlichen Vorschriften vorgenommen werden, nicht in Rechtsgebiete außerhalb des Steuerrechts ausstrahlen. Der Betroffene soll so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn die in § 2 Abs. 5a EStG genannten Vorschriften - § 3 Nr. 40 und § 3c Abs. 2 EStG - nicht existent wären. Wäre aber § 3 Nr. 40 EStG nicht anwendbar, würde sich der Betrag der Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 und 2 EStG erhöhen. Von diesem Betrag wäre anschließend der Sparer-Pauschbetrag gemäß § 20 Abs. 9 EStG abzuziehen.
- Vorliegend sind deshalb die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. H. v. 1.500 Euro um 600 EUR zu erhöhen; anschließend ist der Sparer-Pauschbetrag abzuziehen:
- Einnahmen 2.100 Euro
- abzüglich Sparer-Pauschbetrag (ab 01.01.2023: 2.000 Euro) 2.000 Euro
- Einkünfte 100 Euro
Der sich auf das zeitnächste Veranlagungsjahr beziehende Steuerbescheid ist auch dann zugrunde zu legen, wenn er vorläufig (§ 165 AO) oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergangen oder angefochten worden ist oder einen früheren dieses Jahr betreffenden Bescheid ändert.
Bei Versicherten, die ihren Wohnsitz im Ausland haben und deshalb nur mit ihren inländischen Einkünften steuerpflichtig sind (§ 1 Abs. 4 EStG), ist hinsichtlich der im Ausland erzielten Einkünfte der ausländische Steuerbescheid heranzuziehen. Entsprechendes gilt, wenn die im Ausland erzielten Einkünfte wegen eines Abkommens zur Vermeidung von Doppelbesteuerung im Inland nicht versteuert werden und sich die Höhe der ausländischen Einkünfte nicht aus dem deutschen Einkommensteuerbescheid (z. B. Erläuterungen zum Progressionsvorbehalt) ergibt.
Die Abgrenzung zwischen der Maßgeblichkeit des Steuerbescheides und der des vorvergangenen Kalenderjahres (Nummer 2) ist immer dann problematisch, wenn zu Beginn des Zuschussjahres zwar bereits eine Einkommensteuerveranlagung für ein hinreichend zeitnahes Jahr erfolgt ist, der Steuerbescheid aber erst im Zuschussjahr eingeht.
Der Wortlaut des Absatz 4 Satz 1 steht in diesen Fällen der Zugrundelegung des Steuerbescheides ab Januar des Zuschussjahres entgegen, während der Wortlaut des Absatz 3 Satz 4 Nr. 1 diese fordert. Letzterem ist der Vorzug zu geben, weil der Gesetzgeber der Maßgeblichkeit des Steuerbescheides den Vorrang vor der Heranziehung des vorvergangenen Kalenderjahrs einräumt. Dies wiegt schwerer als die in Absatz 4 Satz 1 getroffene Regelung (Rdschr. Nr. 100/97).
- Beispiel:
- Der Einkommensteuerbescheid 1997 ist im Dezember 2000 ausgefertigt worden und wird der LAK im Februar 2001 gemeldet.
- Der Steuerbescheid 1997 ist entgegen Absatz 4 Satz 1 auch bereits für Januar und Februar 2001 zugrunde zu legen.
Eine Abweichung vom Wortlaut des Absatz 4 Satz 1 ist auch dann geboten, wenn bisher nach Nummer 2 das Einkommen des vorvergangenen Kalenderjahres zugrunde zu legen war und erstmalig ein hinreichend zeitnaher Einkommensteuerbescheid vorliegt (Rdschr. Nr. 51/98).
Sind die Voraussetzungen der Nummer 1 nicht erfüllt, werden nach Nummer 2 die im vorvergangenen Kalenderjahr erzielten Einkünfte herangezogen. Dabei ist Arbeitsentgelt (einschließlich pauschal versteuerten Arbeitslohns) um den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.230 Euro ab dem Veranlagungsjahr 2023 (bis 31.12.2010: 920 Euro, bis 31.12.2021: 1.000 Euro, bis 31.12.2022: 1.200 Euro) zu vermindern; eine Berücksichtigung höherer tatsächlicher Werbungskosten ist nicht möglich.
Satz 5 bewirkt, dass stets nur ein Kalenderjahr für alle Einkommensarten maßgebend ist. In den Fällen des Satzes 4 Nr. 1 ist das für die Feststellung des Erwerbsersatzeinkommens maßgebende Kalenderjahr identisch mit dem Kalenderjahr, auf das sich der maßgebende Steuerbescheid bezieht; in den Fällen des Satzes 4 Nr. 2 ist - wie dort - auf das vorvergangene Kalenderjahr abzustellen.
Unerheblich ist, ob die einzelnen im Steuerbescheid aufgeführten oder im vorvergangenen Kalenderjahr erzielten Einkünfte sowie das im maßgebenden Kalenderjahr bezogene Erwerbsersatzeinkommen auch noch im Anspruchsjahr erzielt werden.
- Beispiel:
- Maßgebend für den Beitragszuschuss 2002 ist der Steuerbescheid für das Jahr 1999. Dieser weist aus
- - Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 10.000 DM = 5.112,92 Euro,
- - einen nach § 4 EStG ermittelten Gewinn aus Land-
- und Forstwirtschaft in Höhe von 35.000 DM = 17.895,22 Euro.
Jahreseinkommen ist die Summe der Einkünfte, mithin 23.008,14 Euro, - selbst wenn der Landwirt inzwischen die Arbeitnehmertätigkeit beendet haben sollte.
Ist eine hälftige Aufteilung des Gesamteinkommens der Eheleute vorzunehmen (Absatz 2 Satz 1) und liegt ein gemeinsamer Einkommensteuerbescheid i. S. der Nummer 1 nicht vor, weil die Eheleute
- die getrennte Veranlagung gewählt haben (§ 26 Abs. 2 EStG) oder
- in dem Kalenderjahr, auf das sich die zeitnächste Veranlagung bezieht, noch nicht verheiratet waren oder dauernd getrennt gelebt haben (vgl. § 26 Abs. 1 EStG),
sind für das Einkommen eines jeden Ehegatten die Sätze 4 und 5 gesondert anzuwenden. Im Rahmen des Splittingverfahrens (Absatz 2 Satz 1) müssen dann ggf. Einkommen aus unterschiedlichen Veranlagungsjahren zusammengerechnet werden.
- Beispiel:
- Der Landwirt i. S. d. § 1 Abs. 2 und seine nach § 1 Abs. 3 versicherte Ehefrau haben im Jahr 2001 geheiratet. Die zeitnächsten Veranlagungen zur Einkommensteuer beziehen sich bei ihm auf das Jahr 1999, bei ihr auf 1998.
- Nach Satz 4 Nr. 1 sind beide Bescheide maßgebend; die positiven Summen der Einkünfte und ggf. Erwerbsersatzeinkommen (Satz 5 Nr. 1: für ihn aus 1999, für sie aus 1998) sind nach Absatz 2 Satz 1 zu addieren und hälftig aufzuteilen.
Das BSG begründet dies in seinem Urteil vom 08.10.1998 - B 10 LW 3/97 R (Rdschr. AH 4/99) damit, dass es bei der Anwendung des Absatzes 3 Satz 4 Nr. 1 allein auf die intakte Ehe in dem Bewilligungszeitraum, für den der Beitragszuschuss beansprucht werde, ankomme. Eine Diskriminierung der Begründung des Ehestandes im Sinne des Artikel 6 Abs. 1 GG resultiere daraus nicht, da die Einkommenszurechnung nach Aufhebung der Ehe oder im Falle dauernder Trennung entfalle. Zwar führe die Anwendung der Regelung in diesem Sinne zu einer Gleichbehandlung der Personengruppe, deren Ehe zu Beginn des Bemessungszeitraumes noch nicht geschlossen war, mit den Ehegatten, deren Ehe im Bemessungszeitraum bereits bestand, was aber als i. S. d. Artikel 3 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt angesehen werden müsse. Dies folge aus der Intention des Gesetzgebers, der insbesondere eine praxisnahe, für die beauftragte Verwaltung leicht anwendbare Ermittlungsmethode des jährlichen Einkommens habe zur Verfügung stellen wollen. Zudem sei mitzuberücksichtigen, dass spätere Einkommensminderungen mit gewisser zeitlicher Verzögerung auf den Beitragszuschussanspruch durchschlagen würden. Auch stehe der anfänglichen Belastung des Beitragszuschussanspruchs die hinzugewonnene Arbeitskraft des Ehegatten im Leistungszeitraum gegenüber und könne die Beitragslast als nicht übermäßig angesehen werden, zumal sie durch die gebotenen Leistungen der Alterssicherung kompensiert werde.
Satz 6, angefügt zum 01.01.2009 durch Artikel 4b des Gesetzes vom 21.12.2008 (Rdschr. LSV 148/08 und Rdschr. LSV 168/08), stellt klar, dass frühestmöglicher Zeitpunkt der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der KM der Ausfertigung des nach Satz 4 Nr. 1 maßgebenden Einkommensteuerbescheides ist. Danach richtet sich der in § 34 Abs. 2 geregelte Beginn des Beitragszuschusses.
Die Vorschrift nennt den Zeitpunkt, ab dem Änderungen des Einkommens bei Vorlage eines aktuelleren Steuerbescheides zu berücksichtigen sind.
Gleichzeitig wurde der Zeitpunkt, zu dem ein aktueller Einkommensteuerbescheid zu berücksichtigen ist, vom Zeitpunkt seiner Vorlage abgekoppelt (vgl. Satz 2) und eine Ermächtigung zur Einführung eines automatisierten Datenabgleichs mit Vermittlungsstellen der Finanzbehörden in das ALG aufgenommen (§ 61a). Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 wurde der Datenabgleich ab 01.01.2013 um die für die Zuschussgewährung relevanten Einkommensdaten erweitert. Insbesondere die Erkenntnisse aus dem automatisierten Datenabgleich, durch den die LAK seitens der Finanzbehörden über die Tatsache der Ausfertigung eines neuen Einkommensteuerbescheides sowie über die Höhe der einzelnen Einkünfte informiert wird, machen die seitherigen Sanktionsregelungen entbehrlich.
Für Veranlagungszeiträume bis zum 31.12.2012 (vgl. § 107a) ist der Zuschussberechtigte verpflichtet, die ihn und - wegen Absatz 2 - seinen Ehegatten (vgl. Rdschr. Nr. 79/99) betreffenden Einkommensteuerbescheide spätestens zwei Kalendermonate nach ihrer Ausfertigung (Datum des Bescheides) der LAK vorzulegen. Für die Berechnung der Vorlagefrist ist ausnahmslos auf das Datum des Bescheides abzustellen; der Versicherte trägt die objektive Beweislast für den rechtzeitigen Zugang bei der LAK (Rdschr. Nr. 173/98). Die Versäumung der Vorlagefrist hat den Entzug der Leistung zur Folge.
Nach Satz 1 werden Änderungen des Einkommens erst vom Beginn des dritten auf die Ausfertigung des Steuerbescheides folgenden Kalendermonats an berücksichtigt. Dies gilt auch für Steuerbescheide, die auf einen den Anspruch auf Beitragszuschuss begründenden Einkommensteuerbescheid nachfolgen und vor Bekanntgabe des erstmaligen Zuschussbescheides ausgefertigt worden sind (vgl. Rdschr. Nr. 115/04). Diese Verfahrensweise ist mit der Ergänzung des Halbsatzes 2 durch Artikel 4b des Gesetzes vom 21.12.2008 (Rdschr. LSV 148/08 und Rdschr. LSV 168/08) seit dem 01.01.2009 (Inkrafttreten der Regelung) gesetzlich abgesichert.
Satz 1 gilt nicht, wenn bereits eine hinreichend zeitnahe Einkommensteuerveranlagung erfolgt ist und anderenfalls für die Zwischenzeit auf das vorvergangene Kalenderjahr abgestellt werden müsste (s. o. zu Absatz 3 Satz 4 Nr. 2 sowie Rdschr. Nr. 100/97 und Rdschr. Nr. 51/98).
- Beispiel:
- Beitragszuschuss wird auf der Grundlage eines Einkommensteuerbescheides gewährt, dessen Maßgeblichkeit am 31.12.2004 endet, da er ab dem 01.01.2005 nicht mehr eines der vier letzten Kalenderjahre betrifft (Absatz 3 Satz 4 Nr. 1). Am 16.12.2004 fertigt das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid für ein zeitnäheres Veranlagungsjahr.
- Der aktuelle Steuerbescheid ist ab dem 01.01.2005 der Zuschussbemessung zugrunde zu legen. Das Einkommen des vorvergangenen Kalenderjahres - 2003 - ist nicht zu ermitteln, da im Dezember 2004 bereits eine Veranlagung zur Einkommensteuer für eines der letzten vier Kalenderjahre erfolgt ist (Absatz 3 Satz 4 Nr. 2).
Satz 1 findet nach Satz 2 keine Anwendung, wenn ein Steuerbescheid vorgelegt wird, der einen früheren Steuerbescheid für dasselbe Veranlagungsjahr ändert und abweichende Einkünfte ausweist. Geändert hat sich hier nicht das Einkommen des maßgebenden Jahres, sondern seine Feststellung. Die geänderte Feststellung ist nach dem Wortlaut mit Wirkung für die Vergangenheit zu berücksichtigen, also ab dem Zeitpunkt, von dem an der ursprüngliche, nunmehr geänderte Einkommensteuerbescheid maßgebend war; die rückwirkende Aufhebung des Zuschussbescheides richtet sich nach § 34 Abs. 4 Satz 2.
Änderung bei der Ermittlung von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft aufgrund des neuen Grundsteuerrechts
Mit dem Inkrafttreten des neuen Grundsteuerrechts zum 01.01.2025 – Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts vom 26.11.2019, BGBl. I 2019 Nr. 43, S. 1794 – sind die gesetzlichen Grundlagen zur Ermittlung des Einheitswerts und damit auch des Wirtschaftswerts i. S. d. § 48 BewG außer Kraft getreten. Die Ermittlung von Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft nach Absatz 5 konnte in der bisherigen Form nicht mehr fortgeführt werden. Die sich auf den Wirtschaftswert beziehenden Regelungen mussten daher angepasst werden.
Mit Art. 13 des Gesetzes zur Anpassung des Zwölften und des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch und weiterer Gesetze (BGBl. 2023 I Nr. 408 vom 28.12.2023) wurden die notwendigen Folgeänderungen im ALG vorgenommen. Diese Änderungen sind ebenfalls zum 01.01.2025 in Kraft getreten (SVLFG- Information extern Nr. 076/2023).
Auch das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, das nach § 13a EStG festgesetzt wurde, wird bei der Einkommensfeststellung für Zuschusszeiträume ab dem 01.01.2025 nunmehr dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid entnommen. Es gilt Absatz 3 Satz 3. Entsprechend ist zu verfahren, wenn das Einkommen aus dem vorvergangenen Kalenderjahr zu ermitteln ist. Das Einkommen ist in diesen Fällen vom Zuschussberechtigten in geeigneter Form nachzuweisen.
Die früheren Vorschriften in Absatz 4 Satz 3, Absatz 5 und Absatz 6 sind weiterhin für Zuschusszeiträume bis zum 31.12.2024 anzuwenden; vgl. § 107c ALG, wo der Wortlaut und die in diesen Fällen weiterhin geltende Kommentierung dokumentiert sind.