§ 27a
Rente wegen Erwerbsminderung und Hinzuverdienst
(1) 1Eine Rente wegen Erwerbsminderung wird bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in Abhängigkeit vom monatlich erzielten Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder von einem vergleichbaren Einkommen nach Maßgabe von Absatz 2 in voller oder teilweiser Höhe geleistet, wenn die in Absatz 2 genannten Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. 2Ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres bleibt außer Betracht. 3Für das zu berücksichtigende Einkommen findet § 96a Absatz 2, 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft nur berücksichtigt wird, wenn der Rentenbezieher Landwirt ist.
(1a) 1Steht das zu berücksichtigende monatliche Einkommen noch nicht fest, so wird das voraussichtlich erzielte Einkommen zugrunde gelegt. 2Ergibt die Feststellung des tatsächlichen Einkommens unter Berücksichtigung des bisher zu Grunde gelegten voraussichtlichen Einkommens eine Änderung des Hinzuverdienstes, sind die bisherigen Bescheide für die betreffenden Zeiträume entsprechend aufzuheben. 3Soweit Bescheide aufgehoben wurden, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten; § 50 Absatz 3 und 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt. 4Nicht anzuwenden sind die Vorschriften zur Anhörung Beteiligter (§ 24 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch), zur Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch) und zur Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse (§ 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch).
(2) Die Hinzuverdienstgrenze beträgt
1. bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung
-
a) in voller Höhe das 0,88fache,
- b) in Höhe der Hälfte das 1,07fache der monatlichen Bezugsgröße,
2. bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe das 0,44fache der monatlichen Bezugsgröße,
3. bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
-
a) in Höhe von drei Vierteln das 0,65fache,
-
b) in Höhe der Hälfte das 0,88fache,
- c) in Höhe eines Viertels das 1,07fache der monatlichen Bezugsgröße.
Erläuterungen
Allgemeines
Mit Wirkung vom 01.01.2001 wurden auch in der AdL Regelungen über die Hinzuverdienstgrenzen nach dem bis zum 30.06.2017 geltenden § 96a SGB VI eingeführt.
Bei der Übertragung der Hinzuverdienstgrenzen auf die AdL wurden die Besonderheiten des Alterssicherungssystems berücksichtigt. So wurde Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft nicht angerechnet. Der Ausschluss von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft aus der Einkommensanrechnung nach bisherigem Recht erfolgte vor dem Hintergrund, dass trotz Hofabgabe Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezogen werden konnten, wenn steuerlich nicht die Betriebsaufgabe erklärt wurde. Wurde sie hingegen erklärt, waren die aus der Verpachtung erzielten Einnahmen ohnehin nicht anrechenbare Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Es konnte wegen der bis zum 08.08.2018 erforderlichen Hofabgabe nicht dazu kommen, dass neben dem Rentenbezug Einkünfte aus der aktiven Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Unternehmens erzielt wurden.
Weiterhin wurden einheitliche Hinzuverdienstgrenzen eingeführt; sie wurden in der Höhe festgelegt, wie sie für die sog. Durchschnittsverdiener in der GRV gelten. Dem eindeutigen Wortlaut zufolge erfolgt eine Hinzuverdienstanrechnung nur bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Ein danach erzielter Hinzuverdienst führt bei einer Rente wegen Erwerbsminderung zu keiner Anrechnung.
Seit Inkrafttreten der für die Hinzuverdienstanrechnung maßgeblichen Teile des sog. Flexirentengesetzes (01.07.2017) finden nur noch die Regelungen des § 96a SGB VI bezüglich des zu berücksichtigenden Einkommens in der AdL Anwendung (§ 96a Abs. 2 bis 4 SGB VI). Die Rechtsfolgen einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen werden seither in § 27a geregelt.
Durch das Qualifizierungschancengesetz wurde mit Wirkung vom 09.08.2018 die Hofabgabeverpflichtung als Voraussetzung für den Bezug einer Rente aus der AdL abgeschafft. Seitdem können neben dem Rentenbezug Einnahmen aus der aktiven Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Unternehmens erzielt werden. Diese Einnahmen sind ab 01.01.2019 anrechenbar, wenn der Rentenbezieher Landwirt nach § 1 Abs. 2 oder 3 ist.
Die Hinzuverdienstregelung ist eine reine Anrechnungs- oder Ruhensvorschrift, d. h. es wird nur die Höhe der Rentenzahlung, nicht aber das Rentenstammrecht eingeschränkt. Selbst beim Überschreiten der höchsten Hinzuverdienstgrenze ist der Anspruch auf die Rente dem Grunde nach weiterhin gegeben, sofern die EM i. S. d. § 43 SGB VI weiterhin vorliegt. Wird eine Rente wegen Erwerbsminderung wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze zunächst nicht geleistet (sog. „Nullrente“), tritt kein neuer Versicherungsfall ein, wenn der rentenschädliche Hinzuverdienst wegfällt und die Rente wieder zu leisten ist. Somit besteht Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner und in der Pflegeversicherung selbst dann, wenn kein Zahlbetrag verbleibt, es sei denn, eine Versicherungspflicht in der GKV z. B. als Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist vorrangig.
Rente wegen Erwerbsminderung
Hierzu gehören die Renten wegen teilweiser und voller EM nach § 13 i. V. m. § 43 SGB VI.
Einkommen i. S. v. § 96a SGB VI
Hierzu zählt Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen sowie - in Abhängigkeit davon, ob Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser EM besteht - verschiedene Sozialleistungen, die zu diesem Zweck dem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gleichgestellt werden.
Arbeitsentgelt
Zum Arbeitsentgelt i. S. d. § 96a Abs. 2 SGB VI i. V. m. § 14 SGB IV zählen alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die in § 17 SGB IV enthaltenen Lohnbestandteile sind nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen.
Steuerfreie Zuschläge, wie z. B. Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzuschläge soweit der Grundlohn den Betrag von 25 Euro je Stunde nicht überschreitet sowie Fahrkostenzuschüsse sind nicht Bestandteil des Entgelts, wohl aber die tariflich zustehenden vermögenswirksamen Leistungen. Auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wird angerechnet. Dem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen ist nur der Teil der steuerfreien Zuschläge der auf einem den Grundlohn von 25 Euro übersteigenden Betrag beruht, jedoch nicht der vollständige steuerfreie Zuschlag (§ 1 SvEV -Sozialversicherungsentgeltverordnung).
Anzurechnen ist ebenso das im Ausland erzielte Arbeitsentgelt (zur Begründung s. u. zu Arbeitseinkommen).
Nichtberücksichtigt wird einmalig gezahltes Arbeitsentgelt aus einer früheren Beschäftigung, da es erst bei oder nach Rentenbeginn geleistet wird. Dieses Arbeitsentgelt wird dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum vor dem Rentenbeginn zugeordnet (§ 23a Abs. 2 SGB IV). Ein Verzicht des Berechtigten auf Entgeltteile wird bei der Prüfung der Hinzuverdienstgrenze nicht berücksichtigt. In diesen Fällen ist vielmehr vom zustehenden oder tariflich vereinbarten Entgelt auszugehen (BSG, 20.01.1976 - 5 RJ 119/75, Breith. 1976, 667). Leistet ein Berechtigter Altersteilzeit, ist bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts das Teilzeitarbeitsentgelt in Brutto zugrunde zu legen. Der steuerfrei gezahlte Aufstockungsbetrag ist kein Arbeitsentgelt und auch kein vergleichbares Einkommen. Er ist daher nicht als Hinzuverdienst zu berücksichtigen (BSG, 17.04.2012 - B 13 R 73/11 R).
Sonstige Einmalzahlungen sind grundsätzlich Arbeitsentgelt i. S. d. § 14 SGB IV. Sie werden dem Zahlungsmonat zugerechnet, wenn das Beschäftigungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt noch bestanden hat. Urlaubsentgelt ist kein einmalig gezahltes, sondern vielmehr laufendes Entgelt.
Arbeitseinkommen
Der Begriff des Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) umfasst den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit, wobei Einkommen dann als Arbeitseinkommen zu werten ist, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Dies gilt auch dann, wenn aus einem z. B. verpachteten Gewerbebetrieb Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden (BSG, 07.10.2004 - B 13 RJ 13/04). Hingegen liegt kein Arbeitseinkommen vor, wenn der Betrieb bzw. die selbstständige Arbeit auch steuerrechtlich aufgegeben ist und einkommensteuerrechtlich nur aufgrund des § 24 Nr. 2 EStG weiterhin Gewinneinkünfte erzielt werden (BSG, 17.02.2005 - B 13 RJ 43/03 R).
Anhaltspunkt für die Höhe des Einkommens kann der letzte Einkommensteuerbescheid sein. Im Einzelnen wird zur Feststellung des Arbeitseinkommens und Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten auf die Ausführungen zu § 28 verwiesen.
Anders als in § 28 ist in § 27a ausdrücklich geregelt, dass die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 13 - 14a EStG) nur anzurechnen sind, wenn der Rentenbezieher Landwirt i. S. d. § 1 ist.
Liegt keine Landwirtseigenschaft vor, verbleiben als anrechnungsfähige Einkünfte lediglich die aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 15, 16 EStG) und aus selbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 18 EStG). Hierbei ist ausländisches Arbeitseinkommen gleichermaßen anzurechnen, wenn es sich dem Grunde nach um steuerpflichtiges Einkommen handelt. Dieses Ergebnis folgt aus der gebietsneutralen Fassung des § 27a i. V. m. § 96a SGB VI. Dies gilt auch für Arbeitseinkommen aus einem ausländischen land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen, weil nach Sinn und Zweck des § 27a lediglich das Arbeitseinkommen aus demjenigen Unternehmen ausgeklammert wird, welches die Grundlage für die Versicherungspflicht nach dem ALG war.
Bei einer selbstständigen Tätigkeit als Mitunternehmer sind die Gewinnanteile zum Arbeitseinkommen zu rechnen. Dies gilt nicht für Gesellschafter juristischer Personen, weil deren Gewinnausschüttungen Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen und somit von § 15 SGB IV nicht erfasst werden.
Bei Eheleuten ist das Einkommen entsprechend der steuerlichen Zuordnung durch das Finanzamt dem jeweiligen Ehegatten zuzuordnen. Zur Ermittlung des Arbeitseinkommens können unter Hinweis auf § 21 Abs. 4 SGB X auch die Finanzbehörden eingeschaltet werden.
Vergleichbares Einkommen
Hierzu zählt Einkommen, das dem Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung oder dem Arbeitseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit vergleichbar ist, wie z. B.
- Bezüge von Ministern, parlamentarischen Staatssekretären sowie Abgeordnetendiäten (nicht aber die zusätzlich gewährte Aufwendungspauschale),
- Überbrückungsgelder des Arbeitgebers nach § 3 AltTZG
- Abfindungen des Arbeitgebers wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zu berücksichtigen ist nur der Bestandteil, der dem Verlust des Arbeitsentgelts ausgleichen soll),
vgl. auch die Erläuterungen zu „vergleichbare Einkommen“ bei § 3.
Mehrere Beschäftigungen und andere Sonderfälle
Werden mehrere Beschäftigungen und/oder selbstständige Tätigkeiten ausgeübt, werden die hieraus erzielten Einkünfte zusammengerechnet (§ 96a Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Grundsätzlich gilt dies auch für das Entgelt aus mehreren geringfügigen Beschäftigungen oder Tätigkeiten, mit der Einschränkung, dass im Falle der Anrechnung dieser Entgelte auf eine oder mehrere Sozialleistungen (z. B. Arbeitslosengeld) nur der nicht angerechnete Teil oder gar nichts mehr bei der Hinzuverdienstgrenze angerechnet wird.
Werden bei mehreren selbstständigen Tätigkeiten während desselben Veranlagungszeitraumes sowohl positive als auch negative Einkünfte erzielt, ist nach den Grundsätzen der steuerrechtlichen Gewinnermittlung ein Verlustausgleich derart vorzunehmen, dass diese Einkünfte miteinander verrechnet werden. Dieser Verlustausgleich ist sowohl „horizontal“, d. h. innerhalb derselben Einkunftsart, als auch „vertikal“, insoweit aber nur innerhalb der dem Arbeitseinkommen zuzuordnenden Einkunftsarten zulässig. Eine Saldierung von Verlusten aus selbstständiger Tätigkeit mit positiven Einkünften aus einer abhängigen Beschäftigung ist demzufolge nicht zulässig.
Sozialleistungen
In Abhängigkeit davon, ob Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller EM besteht, werden unterschiedliche Erwerbsersatzeinkommen (Sozialleistungen) als Hinzuverdienst berücksichtigt.
Als Hinzuverdienst ist nicht die Sozialleistung selbst, sondern das ihr zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt/-einkommen zu berücksichtigen (§ 96a Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Durch die Anrechnung von kurzfristigen Sozialleistungen auf die Renten wegen Erwerbsminderung wird sichergestellt, dass der Rentner nicht besser gestellt wird, wenn an die Stelle des Einkommens eine Sozialleistung tritt.
Angesichts des klaren Wortlauts
- von § 27a Abs. 1 Satz 3 ALG i. V. m. § 96 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI und § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV (bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung) bzw. § 96a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI (bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung) hinsichtlich einer – nicht weiter differenzierten – Berücksichtigung von Verletztengeld beim Hinzuverdienst,
- sowie von § 27a Abs. 1 Satz 3 ALG i. V. m. § 96 Abs. 3 Satz 3 SGB VI hinsichtlich der den Verletztengeldzahlungen zugrunde liegenden Bemessungsgrundlage als maßgeblicher Hinzuverdienst,
hat auch bei den pauschalierten Verletztengeldern (§ 47 Abs. 5 SGB VII bzw. § 55a SBG VII) sowie beim Verletztengeld aus der Zusatzversicherung (§ 93 Abs. 5 SGB VII bzw. § 55a Abs. 3 Satz 2 SGB VII i. V. m. §§ 68 ff. Satzung SVLFG) eine Berücksichtigung bei der Hinzuverdienstanrechnung zu erfolgen.
Zu berücksichtigen ist nach § 27a Abs. 1 Satz 3 ALG i. V. m. § 96a Abs. 3 Satz 3 SGB VI allerdings die jeweils maßgebliche Bemessungsgrundlage:
- Beim Verletztengeld nach § 47 Abs. 5 SGB VII (Unternehmer ohne Bodenbewirtschaftung) ist dies der Durchschnitts-Jahresarbeitsverdienst.
- Beim Verletztengeld nach § 55a SGB VII (Unternehmer mit Bodenbewirtschaftung) ist auf ein Achtel der Beitragsbemessungsgrenze nach § 223 Abs. 3 SGB V abzustellen.
- Entsprechend ist beim Verletztengeld aufgrund Zusatzversicherung der beantragte zusätzliche Jahresarbeitsverdienst maßgeblich.
Ruht die Sozialleistung ganz oder teilweise wegen der Anrechnung einer anderen Leistung, ist dennoch das der Sozialleistung zugrunde liegende Einkommen zu berücksichtigen (§ 96a Abs. 3 Satz 4 SGB VI). Eine Sozialleistung, die wegen mangelnder Mitwirkung nicht mehr erbracht wird, ruht nicht und kann demzufolge nicht mehr angerechnet werden.
Sozialleistungen als Hinzuverdienst bei Rente wegen voller EM
Nach § 96a Abs. 3 Satz 2 SGB VI sind zusätzlich zu dem Hinzuverdienst nach Absatz 2 Satz 1
- Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII) und
- Übergangsgeld aus der UV (§§ 49 ff. SGB VII)
als Hinzuverdienst zu berücksichtigen.
Sozialleistungen als Hinzuverdienst bei Rente wegen teilweiser EM
Bei dieser Rente sind die in § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI aufgeführten Erwerbsersatzeinkommen als Hinzuverdienst zu berücksichtigen:
-
Krankengeld (§ 44 SGB V) aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung, die nach dem Rentenbeginn eingetreten ist bzw. begonnen hat,
-
Krankengeld der Sozialen Entschädigung nach § 47 SGB XIV aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit, die nach dem Rentenbeginn eingetreten ist, oder aufgrund einer stationären Behandlung, wenn ein nach dem Rentenbeginn erzieltes Arbeitsentgelt/-einkommen zugrunde liegt,
-
Übergangsgeld der ArblV und RV auf Basis von Arbeitsentgelt/-einkommen, das nach dem Rentenbeginn erzielt wurde,
- Übergangsgeld der UV (§ 49 ff. SGB VII).
Nach § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI sind folgende, in § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV genannte Sozialleistungen als Hinzuverdienst zu berücksichtigen:
-
Verletztengeld (§ 45 ff. SGB VII),
-
Pflegeunterstützungsgeld, das für eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung regelmäßig bis zu zehn Arbeitstagen gezahlt wird, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren (§ 44a Abs. 3 SGB XI),
-
Mutterschaftsgeld (§ 24i SGB V / § 29 Abs. 1 KVLG),
-
Arbeitslosengeld einschließlich Teilarbeitslosengeld (§§ 136 ff. SGB III),
-
Kurzarbeitergeld (§§ 95 ff. SGB III),
-
Saison-Kurzarbeitergeld (§ 101 SGB III) ist Sonderform des Kurzarbeitergeldes, wird in der Schlechtwetterzeit geleistet,
-
Transferkurzarbeitergeld, das gemäß § 111 SGB III bei einem Arbeitsausfall aufgrund betrieblicher Restrukturierungen gezahlt wird,
-
Insolvenzgeld (§ 165 ff. SGB III), das bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers geleistet wird,
- Qualifizierungsgeld, das gemäß § 82a SGB III Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung erhalten können.
Ausländische Leistungen
Leistungen ausländischer Stellen, die den nationalen Leistungen gleichgestellt sind, werden gleichermaßen angerechnet (s. § 96a Abs. 4 SGB VI).
Nicht zu berücksichtigender Hinzuverdienst
-
Arbeitseinkommen aus Land- und Forstwirtschaft wenn der Rentenbezieher kein Landwirt ist
Nach Satz 3 bleiben Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der Prüfung der Hinzuverdienstgrenze unberücksichtigt, wenn der Rentenbezieher kein Landwirt ist. Die Landwirtseigenschaft ergibt sich aus § 1.
Unberücksichtigt bleiben auch Verluste aus Land- und Forstwirtschaft, soweit der Rentenbezieher kein Landwirt ist.
Beispiel:
Gewinn aus Gewerbebetrieb 30.000 EUR
Verlust aus Land- und Forstwirtschaft 10.000 EUR
Landwirtschaftseigenschaft i. S. d. § 1 ALG liegt nicht vor.
Weil Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei fehlender Landwirtschaftseigenschaft - positiv wie negativ - unberücksichtigt bleiben, beläuft sich das als Hinzuverdienst zu berücksichtigende Arbeitseinkommen auf 30.000 EUR.
-
Entgelt für Pflegepersonen und Behinderte
Das Entgelt, welches eine Pflegeperson von einem Pflegebedürftigen erhält, gilt nicht als Arbeitsentgelt, wenn es das dem Umfang der Pflegetätigkeit entsprechende Pflegegeld (§ 37 SGB XI) nicht übersteigt (§ 96a Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB VI). Wenn dem Grunde nach Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorliegt, muss das gesamte Entgelt und nicht nur der die Grenzen des § 37 SGB XI übersteigende Teil berücksichtigt werden.
Auch das Entgelt, das ein Behinderter von einem Träger in einer nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI genannten Einrichtung erhält, gilt nicht als Arbeitsentgelt (§ 96a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB VI).
-
Elterngeld
Das Elterngeld ist für die Prüfung des Hinzuverdienstes nicht zu berücksichtigen, da diese Leistung ausdrücklich in § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB IV genannt und damit systematisch nicht zugleich eine Sozialleistung i. S. d. § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB IV, auf den § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI verweist, darstellen kann.
Mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz hat der Gesetzgeber u. a. den § 27a ALG mit Wirkung vom 01.01.2023 um einen Absatz 1a erweitert. Weiter wurde im § 23 Abs. 10 Satz 4 ALG ein Verweis auf diese Regelung eingefügt.
Mit der Neuregelung erhalten sogenannte Prognoseentscheidungen bei voraussichtlich erzieltem Einkommen im Rahmen der Hinzuverdienstanrechnung auf Renten wegen Erwerbsminderung eine gesetzliche Grundlage.
Steht das zu berücksichtigende monatliche Einkommen noch nicht fest, ist zunächst das voraussichtlich erzielte Einkommen zugrunde zu legen. Ergibt die Feststellung des tatsächlichen Einkommens unter Berücksichtigung des bisher zugrunde gelegten prognostizierten Einkommens eine Änderung, die die Höhe des Rentenanspruchs betrifft, sind die bisherigen Bescheide nach § 27a Abs. 1a Satz 2 ALG aufzuheben. Die Änderung der Höhe des Rentenanspruchs muss darauf beruhen, dass anstelle des bisherigen prognostizierten Hinzuverdienstes der tatsächlich erzielte Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist. Hat die Veränderung der Höhe des Rentenanspruchs Auswirkungen auf einen zu der Rente gezahlten Zuschuss zur Krankenversicherung (§ 35a ALG), unterliegt die Aufhebung des Bescheides ebenfalls dem § 27a Abs. 1a Satz 2 ALG.
Die Bescheidaufhebung nach § 27a Abs. 1a ALG ist zwingend; nicht anzuwenden sind die §§ 24, 45 und 48 SGB X (§ 27a Abs. 1a Satz 4 ALG). Daraus ergibt sich zum einen, dass Versicherte vor der Bescheidaufhebung nicht anzuhören sind. Zum anderen, dass Vertrauensschutzaspekte oder Ermessensgesichtspunkte nicht zu berücksichtigen sind.
Nicht erfasst von Satz 4 des § 27a Abs. 1a werden Neufeststellungen auf Grund von Änderungen des zu berücksichtigenden – geschätzten – Einkommens.
Wird für ein neues Einkommensjahr eine neue Prognose erstellt, stellt dies eine Einkommensänderung dar, welche eventuell nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zur Neufeststellung der Rente führt. Ebenfalls nicht betroffen sind Neufeststellungen aufgrund eines Hinzutritts bzw. Wegfalls von Hinzuverdiensten.
Durch die Aufhebung des Bescheides bei einer Rente wegen Erwerbsminderung kann sich der für die Folgerenten – Regelalters- und Hinterbliebenenrenten – maßgebliche Abschlag nach § 23 Abs. 10 ALG ändern. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn das prognostizierte Einkommen für ein Jahr endgültig festgestellt wird, in dem der Abschlag bei der Folgerente nach § 23 Abs. 10 ALG zu mindern ist. In diesen Fällen ist auch der Bescheid der Folgerente nach § 27a Abs. 1a ALG aufzuheben (§ 23 Abs. 10 Satz 4 ALG).
Ermittlung der Hinzuverdienstgrenzen
Die Ermittlung der Hinzuverdienstgrenzen war ab 01.01.2008 durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz auf eine neue Basis gestellt worden. Der bisherige aktuelle Rentenwert der GRV wurde durch die Bezugsgröße ersetzt. Zudem wurde die variable Hinzuverdienstgrenze von 1/7 der monatlichen Bezugsgröße rückwirkend infolge des 7. Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 08.04.2008 durch einen festen Grenzwert ersetzt.
Diese feste Hinzuverdienstgrenze wurde dann mit Wirkung vom 01.10.2022 durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung (MiLoAnpG) um den Betrag der Geringfügigkeitsgrenze nach § 8 Abs. 1a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ersetzt. Mit dem 8. SGB IV-Änderungsgesetz berechnet sich diese Hinzuverdienstgrenze mit Wirkung vom 01.01.2023 nunmehr wieder auf Grundlage der monatlichen Bezugsgröße. Zudem wurden die übrigen Hinzuverdienstgrenzen angehoben.
In Abhängigkeit davon, ob eine teilweise oder volle Erwerbsminderungsrente geleistet wird, gelten unterschiedliche Hinzuverdienstgrenzen. Sie stellen dynamische Grenzen dar, in dem sie auf der monatlichen Bezugsgröße gem. § 18 SGB IV beruhen. Je nachdem, ob eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu leisten ist, wird die monatliche Bezugsgröße für die Ermittlung der Hinzuverdienstgrenzen mit den im Gesetz vorgegebenen Faktoren multipliziert.
In den neuen Bundesländern gelten bis 30.06.2024 abweichende Hinzuverdienstgrenzen, wenn das zu berücksichtigende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen ausschließlich dort erzielt worden ist. Die Hinzuverdienstgrenzen sind nach § 83 Abs. 1 Satz 2 auf Basis der geminderten Bezugsgröße (West) zu berechnen (vgl. die Erläuterungen zu § 83).
Die Hinzuverdienstgrenzen sind regelmäßig zum 01.01. eines Jahres neu zu berechnen, da die zugrunde liegende Bezugsgröße regelmäßig zu diesem Zeitpunkt der Einkommensentwicklung angepasst wird.
Rechtsfolgen des Überschreitens
Werden die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen überschritten und liegt die leistungsrelevante EM weiterhin vor, wird die Rente nur noch anteilig oder überhaupt nicht mehr geleistet, wenn der Hinzuverdienst auch die höchste Grenze des 1,07-fachen der maßgebenden Bezugsgröße überschreitet. Die jeweilige Hinzuverdienstgrenze darf nach Absatz 1 Satz 2 im Laufe eines jeden Kalenderjahres in zwei Kalendermonaten überschritten werden. Das zweimalige Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze ist unabhängig von der Art des Mehrverdienstes ohne Bedeutung für die Rentenhöhe (BSG, 31.01.2002 - B 13 RJ 33/01 R). Dieses (zulässige) Überschreiten darf nicht in unbegrenzter Höhe erfolgen, sondern nur bis zum Doppelten der für einen Monat geltenden Hinzuverdienstgrenze; es ist jeweils auf das Kalenderjahr und nicht auf das sog. Rentenjahr abzustellen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen das erste Kalenderjahr nach Rentenbeginn weniger als 12 Monate umfasst.
- Beispiel:
- Rente wegen EM ab 01.09.2023
- (EM liegt weiterhin vor)
- In dem Zeitraum vom 01.09.2023 bis 31.12.2023 ist ein zweimaliges Überschreiten zulässig.
Das zweimalige Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Hinzuverdienstgrenze in einem Kalenderjahr ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 27a Abs. 1 Satz 2 ALG sowohl bei der Rente wegen teilweiser EM als auch bei der wegen voller EM zulässig. Nicht zulässig ist ein mehr als zweimaliges Überschreiten innerhalb einer Rentenart.
Zeitpunkt der Rentenänderung wegen Hinzuverdienst
Im Rahmen der Mitwirkungs- und Meldepflichten, die dem Rentenberechtigten obliegen, hat dieser den Hinzutritt von Einkommen und Änderungen des Hinzuverdienstes mitzuteilen. Ist der LAK bereits bekannt, dass ein Hinzuverdienst erzielt wird, hat generell jeweils nach Ablauf eines Kalenderjahres eine Überprüfung zu erfolgen.
Wird eine leistungsrelevante Änderung festgestellt, d. h. der (geänderte) Hinzuverdienst führt zu einer Änderung der Rentenhöhe oder auch zur Nichtleistung der Rente („Nullrente“), liegt eine Änderung in den Verhältnissen vor; ein neuer Leistungsfall tritt in derartigen Fällen nicht ein. Die Änderung erfolgt von Amts wegen (§ 44 Abs. 1 i. V. m. § 115 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Maßstab für die jeweilige Rentenhöhe sind die Verhältnisse im jeweiligen Kalendermonat.
Eine leistungsrelevante Änderung in den Verhältnissen im Sinne des § 48 SGB X führt hinsichtlich des Zeitpunktes, ab dem die Änderung wirksam wird, zur Anwendung des § 30 Abs. 1 i. V. m. § 100 Abs. 1 SGB VI. Obwohl § 100 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nicht bei Anwendung von § 96a SGB VI gilt, mithin also § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in Gänze einschlägig wäre, soll nach der Beschlussempfehlung des G+S-Ausschusses zum Dritten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (vgl. BT-Drucks. 15/1893 S. 16) - entgegen dem Gesetzeswortlaut - Folgendes gelten:
- Ein Hinzuverdienst ist bereits vom Ersten des Monats an zu berücksichtigen, in dem er erstmals erzielt wird.
- Einem nur untermonatlich erzieltem Hinzuverdienst ist die volle monatliche Hinzuverdienstgrenze gegenüberzustellen; eine anteilige Ermittlung der Grenze scheidet aus.
Auch der Hinzuverdienst für einen Teilmonat wird der vollen monatlichen Hinzuverdienstgrenze gegenübergestellt (§ 30 Abs. 1 i. V. m. § 100 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Dies gilt - entgegen dem anders lautenden Wortlaut - bereits für den Monat des erstmaligen Erzielens von Hinzuverdienst.
- Beispiel:
- Der Bezieher einer Rente wegen voller EM nimmt für die Zeit vom 01.09.2023 bis 10.09.2023 eine Aushilfsbeschäftigung auf. Hierfür erhält er ein Arbeitsentgelt von 250 EUR.
- Obwohl das Arbeitsentgelt nur für einen Teil des Monats September bezogen wurde, ist diesem die volle monatliche Hinzuverdienstgrenze gegenüberzustellen.
- Ungeachtet des Wortlauts von § 100 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ist der Hinzuverdienst bereits im Monat September zu berücksichtigen (vgl. BT-Drucks. 15/1893 S. 16).
- Weil das Arbeitsentgelt von 250 EUR die maßgebende monatliche Hinzuverdienstgrenze vom 0,44-fachen der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreitet, ist die Rente in voller Höhe zu leisten.