§ 44
Beginn und Abschluss
(1) Für den Beginn und den Abschluss des Verfahrens gelten § 115 Abs. 1 bis 5, § 116 Abs. 2 sowie § 117 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.
(2) Die landwirtschaftliche Alterskasse soll die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen.
(3) (weggefallen)
Beginn des Verfahrens
Für den Beginn des Verfahrens verweist Absatz 1 auf die entsprechende Anwendung der §§ 115 Abs. 1 bis 5 und 116 Abs. 2 SGB VI.
§ 115 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt, dass das Verfahren grundsätzlich mit einem Antrag beginnt, so genanntes Antragsprinzip.
Für das Stammrecht auf eine Sozialleistung, den Grundanspruch, der in der Regel bereits mit Erfüllung sämtlicher gesetzlicher Voraussetzungen entsteht (vgl. BSGE 61, 108), kommt dem Antrag i. d. R. keine materiell-rechtliche Bedeutung zu. Er ist aber insbesondere für die Bestimmung des Leistungsbeginns, also für die Ermittlung des Zeitpunkts entscheidend, ab dem der Anspruch auf die aus dem Stammrecht abgeleitete erste Einzelleistung entsteht.
Der Antrag ist an keine bestimmte Form gebunden, sodass z. B. auch eine (fern-)mündliche Antragstellung genügt.
§ 115 Abs. 1 Satz 1 SGB VI stellt darüber hinaus klar, dass ein Verfahren auch ohne Antrag, also von Amts wegen durchzuführen ist, wenn in anderen Vorschriften „etwas anderes bestimmt“ ist. So kann bzw. muss der Leistungsträger insbesondere nach den §§ 44 ff. SGB X, aber auch in den in § 115 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 bis 5 SGB VI genannten Fällen von Amts wegen tätig werden:
- Nach § 115 Abs. 1 Satz 2 SGB VI kann das Verfahren von Amts wegen eingeleitet werden, wenn eine Rente wegen der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse in niedrigerer Höhe zu leisten ist.
- Entsprechend § 115 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist bei Erreichen der Regelaltersgrenze von Amts wegen eine Altersrente festzustellen, falls die in § 11 ALG genannten Voraussetzungen vorliegen und der Betreffende bis zu diesem Zeitpunkt eine EM-Rente (§ 13 ALG) bezogen hat. Da in § 13 ALG eine Altersbegrenzung entsprechend § 43 SGB VI nicht enthalten ist, wird das Schicksal der seither geleisteten Rente wegen EM hiervon nicht berührt; das Konkurrenzverhältnis löst § 27 Abs. 1 ALG.
- Eine Feststellung der Altersrente von Amts wegen erfolgt nur, wenn alle Leistungsvoraussetzungen bei Erreichen der Regelaltersgrenze vorliegen.
- Dem durch den Wortlaut vorgegebenen Einleitungszwang steht die im letzten Halbsatz von § 115 Abs. 3 Satz 1 SGB VI geregelte Dispositionsfreiheit des Versicherten gegenüber, welche die Gewährung einer Altersrente durch anderweitige Bestimmung ausschließen kann. Ist die Erklärung, eine Altersrente nicht in Anspruch nehmen zu wollen, vom Versicherten bereits vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze abgegeben worden, setzt sie den für den Regelfall gültigen Einleitungszwang außer Kraft. Ist aber das Verwaltungsverfahren bereits eröffnet und hat der Versicherte zunächst nichts anderes erklärt, kann er nur bis zum Eintritt der Bestandskraft des die Altersrente feststellenden Bescheides etwas anderes bestimmen.
- Leistungen zur Teilhabe, die nach dem in § 115 Abs. 1 SGB VI fixierten Grundsatz i. d. R. nur auf Antrag gewährt werden, können gemäß § 115 Abs. 4 SGB VI nach pflichtgemäßem Ermessen des Leistungsträgers auch von Amts wegen erbracht werden, wenn der Versicherte zustimmt. Diese Zustimmung gilt gemäß § 115 Abs. 4 Satz 2 SGB VI als Antrag auf eine Leistung zur Teilhabe (Antragsfiktion).
- Als weitere Ausnahme von dem Grundsatz des § 115 Abs. 1 SGB VI regelt § 115 Abs. 5 SGB VI, dass Rentenauskünfte auch von Amts wegen erteilt werden können.
Gemäß § 115 Abs. 2 SGB VI gilt der Antrag einer Witwe oder eines Witwers auf die Zahlung eines Vorschusses zugleich als Antrag auf Witwen- bzw. Witwerrente. Praktische Bedeutung erlangt diese Bestimmung derzeit nur im Bereich der GRV, da dort in der Praxis der Antrag auf Vorschuss häufig beim Renten Service der Deutschen Post AG gestellt wird. Der beim Leistungsträger gestellte Vorschussantrag gilt nach § 42 SGB I ohnehin als Antrag auf eine Witwen- bzw. Witwerrente.
Gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI greift eine Antragsfiktion bei aussichtsloser oder erfolgloser Leistung zur Teilhabe (Reha oder Teilhabe am Arbeitsleben) ein. Danach gilt der Antrag als Rentenantrag, wenn der Versicherte vermindert erwerbsfähig und eine erfolgreiche Leistung zur Teilhabe nicht zu erwarten ist, Nummer 1, bzw. Leistungen zur Teilhabe erfolglos durchgeführt worden sind, Nummer 2. Der Leistungsträger hat dann von Amts wegen das Rentenverfahren einzuleiten. Die Antragsfiktion bewirkt jedoch nicht, dass jeder Reha-Antrag bei einem anderen Träger, beispielhaft der DRV, eine Rentenantragstellung bei der LAK bewirkt. Ein Reha-Antrag kann nur als Rentenantrag gelten, wenn er bei der LAK oder einer der in § 16 SGB I genannten Stellen eingegangen ist und die LAK das Rehabilitationsverfahren i. S. d. § 15 SGB VI, ggf. auch im Rahmen des § 14 SGB IX, (erfolglos) durchgeführt bzw. hierfür die Kosten erstattet hat. Die Dispositionsbefugnis des Versicherten bleibt dabei erhalten; die Antragsfiktion greift nämlich dann nicht ein, wenn der Versicherte erklärt, der Antrag solle nicht als Rentenantrag gelten (vgl. BSG SozR 2200 § 1241 d RVO Nr. 2). Dabei liegt in der Ausübung des Wahlrechts kein unwirksamer Verzicht im Sinne des § 46 Abs. 2 SGB I (vgl. BSG SozR 1300 § 103 Nr. 3).
Abschluss des Verfahrens
Der Abschluss des Verfahrens besteht gemäß Absatz 1 i. V. m. § 117 SGB VI in einer schriftlichen Entscheidung der LAK. Im Übrigen gelten die Regelungen des § 33 SGB X.
Hinweispflicht der Alterskasse
Die Vorschrift verpflichtet die LAK, die Berechtigten in geeigneten Fällen auf die für eine Leistung erforderliche Antragstellung hinzuweisen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind.
Durch diese Bestimmung wird die allgemeine Aufklärungs- und Beratungspflicht zu einer konkreten Informationspflicht umgestaltet.
Die Regelung betrifft Sachverhaltsgestaltungen, in denen es nahe liegt, dass die Leistungsberechtigten Leistungen in Anspruch nehmen wollen, z. B. die Regelaltersrente, eine Hinterbliebenenrente beim Tod des Versicherten. Unter den Leistungsbegriff fällt auch eine Beitragserstattung (§ 117 ALG), da die Regelung nach der gesetzgeberischen Intention dem Anspruchsverlust bei verspätetem Antrag unabhängig von einer besonderen Qualität der entgangenen Leistung entgegenwirken soll (BSG, 25.05.2000 - B 10 LW 16/99 R).