§ 117
Beitragserstattung
(1) 1Personen, die am 31. Dezember 1994
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a) für 180 Kalendermonate Beiträge als Landwirt an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt haben,
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b) als Landwirt oder unabhängig von einer Tätigkeit als Landwirt oder mitarbeitender Familienangehöriger nicht beitragspflichtig waren und
- c) mit den gezahlten Beiträgen bei Vollendung des 65. Lebensjahres einen Anspruch auf Rente wegen Alters nicht gehabt hätten,
werden innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach dem Ende der Beitragspflicht auf Antrag die Beiträge, die sie als Landwirt entrichtet haben, erstattet. 2§ 76 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 ist anzuwenden.
(2) Beiträge für Zeiten vor dem 1. Januar 1995 werden nicht erstattet, soweit am 31. Dezember 1994 keine Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt wurden und nach dem am 31. Dezember 1994 geltenden Recht eine Erstattung von Beiträgen ausgeschlossen war.
Erläuterungen
Bei der Erstattung von Beiträgen wird zwischen zu Recht entrichteten und zu Unrecht entrichteten Beiträgen unterschieden. Während letztere über § 77 nach der allgemeinen Vorschrift des § 26 SGB IV zu erstatten sind, richtet sich die Erstattung zu Recht entrichteter Beiträge, die vor dem 01.01.1995 gezahlt wurden, nach § 117 Abs. 1 und - falls nicht durch § 117 Abs. 2 ausgeschlossen - nach § 75.
Eine Erstattung der für einen Mifa rechtmäßig entrichteten Beiträge (im Sinne der früheren Regelung des § 27a GAL) kommt weder nach § 117 noch nach § 75 in Betracht. Der Gesetzgeber hat sich bewusst und ausdrücklich dafür entschieden, eine derartige Regelung in das neue Recht nicht aufzunehmen, da er die Beitragserstattung in der AdL ähnlich wie in der GRV regeln wollte (BSG, 02.12.1999 - B 10 LW 15/98 R, SozR 3-5850 § 27a Nr. 3 GAL, Rdschr. AH 43/01; 11.12.2002 - B 10 LW 9/01 R, Rdschr. AH 06/03). Dies verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (BSG, a. a. O.).
Mit dieser Regelung ist die unbefristete altrechtliche Möglichkeit zur Beitragserstattung durch eine fristgebundene ersetzt worden (BSG, 24.04.2003 - B 10 LW 15/02 R, Rdschr. AH 19/03).
Nach Buchstabe a müssen am 31.12.1994 für 180 Kalendermonate rechtswirksame Beiträge an die LAK als Landwirt (§ 14 Abs. 1 Buchst. a GAL) gezahlt worden sein. Eine ununterbrochene Beitragszahlung für 180 Kalendermonate ist nicht erforderlich.
Nach Buchstabe b darf am 31.12.1994 eine Beitragspflicht als Landwirt oder als Weiterversicherter nach § 27 GAL nicht bestanden haben. Die Beitragspflicht nach dem GAL muss infolge Beendigung der Unternehmereigenschaft durch Aufgabe der Bewirtschaftung des Unternehmens oder durch Verkleinerung unter die Mindesthöhe entfallen sein. Eine Beschäftigung als mitarbeitender Familienangehöriger sowie die daraus ggf. folgende Beitragspflicht (§ 14 Abs. 1 Buchst. b GAL) steht der Erstattung von Beiträgen nicht entgegen. Diese Auffassung stützt sich auch darauf, dass nach dem bis zum 31.12.1985 geltenden Recht die Beschäftigung als Mifa und die dadurch begründete Beitragspflicht nach § 40a Abs. 1 GAL einer Erstattung von Beiträgen nach § 27a GAL ebenfalls nicht entgegenstand.
Buchstabe c fordert, dass mit den gezahlten Beiträgen bei Vollendung des 65. Lebensjahres ein Anspruch auf Rente wegen Alters nicht möglich ist. Da nach § 90 Beitragszeiten vor dem 01.01.1995 auf die Wartezeit nur dann angerechnet werden, wenn sie grundsätzlich ununterbrochen entrichtet wurden, ist diese Voraussetzung gegeben, wenn nach den insoweit maßgeblichen Regelungen eine anspruchsschädliche Beitragslücke - trotz Zahlung von 180 Kalendermonaten rechtswirksamer Beiträge - festgestellt wird.
Der Antrag auf Erstattung ist innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach dem Ende der Beitragspflicht als Landwirt zu stellen. Auszugehen ist insoweit regelmäßig von dem Zeitpunkt, zu dem der Bescheid über die Beendigung der Beitragspflicht wirksam geworden ist (vgl. Urteile des BSG zu § 27 GAL vom 08.03.1973 - 11 RLw 7/72, Rdschr. AH 12/73, und vom 19.03.1976 - 11 RLw 3/75, Rdschr. AH 20/76). Wird der Antrag fristgerecht gestellt, sind die als Landwirt entrichteten Beiträge zu erstatten. Da es sich um eine Ausschlussfrist handelt, ist eine Wiedereinsetzung gemäß § 27 Abs. 5 SGB X unzulässig. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kommt in Betracht, wenn die LAK ihre nach § 44 Abs. 2 Satz 1 bestehende Hinweispflicht verletzt hat (BSG, 25.05.2000 - B 10 LW 16/99 R, Rdschr. AH 19/00).
Eine Beitragserstattung ist ausgeschlossen, wenn beim Familiengericht ein Versorgungsausgleichsverfahren anhängig ist. Dies ergibt sich aus § 29 VersAusglG. Nach dieser Regelung ist bis zum wirksamen Abschluss eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich der Versorgungsträger verpflichtet, Zahlungen an die ausgleichspflichtige Person zu unterlassen, die sich auf die Höhe des Ausgleichswerts auswirken. Mit dieser vorrangigen Norm soll verhindert werden, dass durch Manipulation eines Ehegatten oder Lebenspartners dem Versorgungsausgleich die Grundlage entzogen wird, indem während eines laufenden Versorgungsausgleichsverfahrens eine Auszahlung eines erworbenen Anrechts erfolgt. Das Zahlungsverbot des § 29 VersAusglG gilt nicht für Zahlungen, wenn diese ausschließlich zur Korrektur rechtswidrig bestehender Versicherungsverhältnisse dienen (Rückerstattung von zu Unrecht entrichteten Beiträgen nach § 77 i. V. m. § 26 SGB IV).
Satz 2 regelt mittels Verweis auf § 76, dass
- gewährte Beitragszuschüsse mit dem Erstattungsbetrag aufzurechnen sind (§ 76 Abs. 1 Satz 2 - lex specialis gegenüber § 51 SGB I),
- im Falle der Leistungsgewährung durch die Alterskasse nur die Beiträge erstattet werden können, die für Zeiten nach dem Erlass des letzten Leistungsbescheids gezahlt worden sind (§ 76 Abs. 2 Satz 1),
- eine Beitragserstattung ausgeschlossen ist, soweit ein Erstattungsanspruch gegen Dritte (z. B. Erstattungsanspruch während der Dauer des gesetzlichen Wehrdienstes gegenüber der Wehrbereichsverwaltung) bestanden hat (§ 76 Abs. 2 Satz 2),
- im Falle der Durchführung eines Versorgungsausgleichs zu Lasten von Versicherten, die die Beitragserstattung begehren, der zu erstattende Betrag um die Hälfte des Betrages zu vermindern ist, der bei Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich als Beitrag zum Ausgleich der im Zeitpunkt der Beitragserstattung noch bestehenden Minderung der Anwartschaft auf eine Rente zu entrichten gewesen wäre (§ 76 Abs. 3).
Weiterhin kann der Anspruch auf Erstattung der rechtswirksam gezahlten Beiträge nicht auf bestimmte Zeiträume beschränkt werden (§ 76 Abs. 4 Satz 1). Die Beitragserstattung löst das seitherige Versicherungsverhältnis auf, sodass Ansprüche aus den ggf. bis zur Erstattung zurückgelegten Beitragszeiten nicht mehr bestehen (§ 76 Abs. 4 Satz 2 und 4). Soweit Verwaltungsakte über die Erbringung von Beitragszuschüssen erlassen wurden, sind sie nach § 76 Abs. 4 Satz 3 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Vorschrift ist insoweit lex specialis gegenüber § 45 SGB X.
Anders als Absatz 1 enthält diese Regelung keine Anspruchsgrundlage, sondern nur einen Ausschlusstatbestand (BSG, 11.12.2002 - B 10 LW 9/01 R, Rdschr. AH 06/03, 24.04.2003 - B 10 LW 15/02 R, Rdschr. AH 19/03).
Die Vorschrift sperrt die Anwendbarkeit des § 75 für vor dem 01.01.1995 rechtswirksame Beiträge, soweit
- am 31.12.1994 keine Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt wurden und
- nach dem am 31.12.1994 geltenden Recht eine Erstattung von Beiträgen ausgeschlossen war.
Damit wird klargestellt, dass Beiträge, die bereits nach altem Recht nicht erstattet werden konnten, grundsätzlich auch künftig nicht erstattet werden; eine Ausnahme ergibt sich nur für solche Versicherten, die als Beitragszahler in das neue Recht hineingewachsen sind (BSG, 24.04.2003 - B 10 LW 15/02 R, Rdschr. AH 19/03).
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist es unerheblich, aufgrund welcher Rechtsgrundlage Beiträge zur LAH gezahlt wurden, sodass auch die für einen mitarbeitenden Familienangehörigen gezahlten Beiträge nicht zur Verneinung des Erstattungsanspruchs führen. Trotz des auf den 31.12.1994 abstellenden Wortlauts ist es genügend, wenn für Dezember 1994 ein rechtswirksamer Beitrag gezahlt wurde, mag auch die Beitragspflicht z. B. bereits am 15.12.1994 geendet haben. Beiträge zur AdL sind am 31.12.1994 auch dann gezahlt, wenn diese erst zu einem späteren Zeitpunkt z. B. im Wege der Zwangsvollstreckung entrichtet wurden oder wenn mit ihnen gegen Ansprüche auf Geldleistungen, z. B. den Erstattungsanspruch nach § 75, aufgerechnet worden ist (§ 51 SGB I). Nach § 92 zugesplittete Beiträge können nicht als „gezahlte“ Beiträge angesehen werden (BSG, 24.04.2003 - B 10 LW 2/02 R, Rdschr. AH 18/03).
Eine Erstattung rechtswirksam gezahlter Beiträge an Landwirte nach dem am 31.12.1994 geltenden Recht war dann nicht möglich, wenn die in § 27a Abs. 1 GAL genannten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben. Dies war z. B. der Fall, wenn der Betreffende noch nicht für 180 Kalendermonate rechtswirksam Beiträge als Landwirt an eine LAK gezahlt hatte.
Nur soweit beide Voraussetzungen des Absatz 2 erfüllt sind, besteht für Zeiträume vor dem 01.01.1995 kein Anspruch auf Erstattung zu Recht entrichteter Beiträge nach § 75.
- Beispiel:
- Beitragszeit als Landwirt vom 01.08.1985 bis 30.09.1992 für 86 Kalendermonate. Eine Beitragsweiterentrichtung nach § 27 GAL wurde nicht beantragt.
- Es besteht weder ein Anspruch auf Beitragserstattung nach § 117 Abs. 1, da nicht für 180 Kalendermonate Beiträge als Landwirt gezahlt wurden, noch ist ein Erstattungsanspruch gemäß § 75 gegeben, denn am 31.12.1994 wurden keine Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt und nach dem am 31.12.1994 geltenden Recht (hier § 27a Abs. 1 GAL) war eine Erstattung von Beiträgen ausgeschlossen, vgl. § 117 Abs. 2.
Ist jedoch bereits eine der Voraussetzungen des Absatzes 2 nicht erfüllt und besteht nach Absatz 1 kein Anspruch auf Beitragserstattung, kann eine Beitragserstattung nach § 75 in Betracht kommen.
- Beispiel:
- Beitragszeit als Landwirt vom 01.02.1970 bis 30.11.1982 für 154 Kalendermonate. Seit dem 01.08.1994 besteht Beitragspflicht als mitarbeitender Familienangehöriger.
- Ein Anspruch auf Beitragserstattung nach § 117 Abs. 1 besteht nicht, da nicht für 180 Kalendermonate Beiträge als Landwirt gezahlt wurden. Jedoch liegt, da im Dezember 1994 Beiträge zur Altershilfe für Landwirte gezahlt wurden, bereits eine der Voraussetzungen des § 117 Abs. 2 nicht vor, sodass eine Erstattung der rechtswirksam gezahlten Beiträge nach § 75 grundsätzlich möglich ist.