§ 76
Umfang und Wirkung
(1) 1Erstattet wird die Hälfte der vom Versicherten getragenen Beiträge. 2Vor Ermittlung des Erstattungsbetrages werden erbrachte Zuschüsse zum Beitrag gegen die für den gleichen Zeitraum gezahlten Beiträge aufgerechnet.
(2) 1Sind Leistungen mit Ausnahme eines Zuschusses zum Beitrag in Anspruch genommen worden, werden nur die Beiträge erstattet, die für Zeiten nach dem Erlass des letzten Leistungsbescheides gezahlt worden sind. 2Beiträge werden nicht erstattet, soweit ein Erstattungsanspruch gegen Dritte bestanden hat oder besteht.
(3) 1Ist ein Zuschlag zur oder ein Abschlag von der Steigerungszahl zu berücksichtigen, wird der Erstattungsbetrag um die Hälfte des Betrages erhöht oder gemindert, der im Zeitpunkt des Endes der Ehezeit als Beitrag für den Zuschlag oder den Abschlag zu zahlen gewesen wäre; die Minderung ist bis zur Höhe des auf die Ehezeit entfallenden Erstattungsbetrages vorzunehmen. 2Sind Beiträge zur Wiederauffüllung der aufgrund eines Versorgungsausgleichs geminderten Anrechte gezahlt worden, erhöht sich der Erstattungsbetrag um die Hälfte des hierfür aufgewendeten Betrages.
(4) 1Der Antrag auf Erstattung kann nicht auf einzelne Beitragszeiten beschränkt werden. 2Mit der Beitragserstattung wird das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. 3Verwaltungsakte über die Erbringung von Zuschüssen zum Beitrag sind mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. 4Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.
Erläuterungen
Im Hinblick auf das in der Vergangenheit getragene Risiko (Gewährung von Erwerbsunfähigkeitsrente und Rehabilitationsleistungen) werden ehemaligen Landwirten sowie deren Hinterbliebenen - in Übereinstimmung mit dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung und im Gegensatz zu der bis zum 31.12.1994 geltenden Rechtslage (vgl. insoweit § 27a GAL) - die zur AdL gezahlten Beiträge hälftig erstattet.
Erstattungsfähig sind grundsätzlich alle rechtswirksam entrichteten Beiträge, soweit ein Erstattungsanspruch nach § 75 besteht.
Nach Satz 1 wird nur die Hälfte der vom Versicherten getragenen Beiträge erstattet. Erstattet werden können nur vom Versicherten getragene Beiträge, so dass eine Beitragserstattung an mitarbeitende Familienangehörige - deren Beiträge sind vom Landwirt zu tragen (§ 70 Abs. 1 Satz 1) - ausgeschlossen ist.
Vor Feststellung des zu erstattenden Betrages sind nach Satz 2 gezahlte Beitragszuschüsse aufzurechnen, soweit eine zeitliche Kongruenz zwischen der Beitragszuschussgewährung und dem Erstattungsanspruch besteht. Die Entstehung einer Aufrechnungslage setzt weiterhin u. a. das Vorliegen gegenseitiger Ansprüche voraus. Dem Anspruch auf Erstattung der Beiträge muss deshalb ein wirksamer Anspruch auf Rückforderung der gezahlten Beitragszuschüsse gegenüberstehen. Da nach Absatz 4 Satz 2 das bisherige Versicherungsverhältnis durch die Beitragserstattung aufgelöst wird, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung eines Beitragszuschusses - rückwirkend - nicht (mehr) vor. Folgerichtig ordnet Absatz 4 Satz 3 die Rücknahme der die Leistung „Beitragszuschuss“ bewilligenden Verwaltungsakte an. Der so entstandene Anspruch auf Rückforderung der Leistung „Beitragszuschuss“ (§ 50 Abs. 1 SGB X) kann nunmehr mit dem Erstattungsbetrag aufgerechnet werden.
Die Aufrechnung hat auch dann zu erfolgen, wenn der Anspruch auf Erstattung der Beiträge nach Absatz 2 ausgeschlossen ist. Dies entspricht der Gesetzessystematik und ist auch sachgerecht, weil anderenfalls für die von Absatz 2 betroffene Zeit der Zuschuss, nicht aber die Beiträge zu erstatten wären, der Versicherte also mit dem vollen Beitrag belastet bliebe.
Eine versäumte Aufrechnung hindert die LAK nicht an der späteren Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X, da der Zweckbestimmung der Aufrechnungsregelung, eine Bevorzugung landwirtschaftlicher Unternehmer bei der Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge zu verhindern, Rechnung zu tragen ist. Dürfte der Landwirt erstattungspflichtige, als Zuschuss geleistete Beitragsanteile behalten, würde dies der gesetzgeberischen Zielsetzung widersprechen (BSG, 27.08.1998 - B 10/4 LW 11/96 R, Rdschr. AH 20/98).
Mit Ausnahme der bereits durch Absatz 1 Satz 2 behandelten Leistung Beitragszuschuss bewirken sonstige durch den Erstattungsberechtigten in Anspruch genommene Leistungen der Alterskasse nach Satz 1 einen Erstattungsausschluss. Danach sind nur die Beiträge erstattungsfähig, die für Zeiten nach dem Erlass des letzten Leistungsbescheides gezahlt worden sind. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt der Ausfertigung des Leistungsbescheides, mithin das im Bescheid angegebene Datum. Nur für Zeiten nach Ausfertigung des zuletzt erlassenen Verwaltungsaktes über die Bewilligung einer Leistung nach dem ALG kann eine Beitragserstattung erfolgen. Hierbei ist unter Beachtung des Prinzips des unteilbaren Monatsbeitrags die Erstattung der Beiträge auch für den Monat der Ausfertigung des entsprechenden Leistungsbescheids ausgeschlossen.
Weil die Aufrechnung nach Absatz 1 Satz 2 vorrangig ist, erfasst der Erstattungsausschluss nur die verbleibenden „Netto“-Beiträge.
Auch Satz 2 verdeutlicht, dass nur die vom Versicherten getragenen Beiträge erstattet werden können, sodass für Zeiten, für die der ehemalige Versicherte einen Anspruch auf Beitragserstattung gegen Dritte hatte, Beiträge nicht erstattet werden können. Dies ist beispielsweise für Zeiten zu bejahen, in denen der Betreffende für die Dauer einer gesetzlichen Dienstpflicht nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz einen Anspruch auf Erstattung seiner zur AdL gezahlten Beiträge hatte.
Eine Beitragserstattung ist während eines noch nicht abgeschlossenen Versorgungsausgleichsverfahrens nach § 29 VersAusglG ausgeschlossen (vgl. Ausführungen unter § 75).
Je nachdem, ob der Beitragserstattungsberechtigte der Ausgleichsverpflichtete oder Ausgleichsberechtigte ist, wird wie folgt differenziert.
- a) Ausgleichsverpflichteter ist Erstattungsberechtigter
- Der aufgrund der Übertragung von Anwartschaften notwendige Abschlag von der Steigerungszahl bewirkt, dass der Erstattungsbetrag um die Hälfte des Betrages gemindert wird, der im Zeitpunkt des Endes der Ehezeit als Beitrag zur Wiederauffüllung für den Abschlag zu zahlen gewesen wäre.
- Die Kürzung des Erstattungsbetrages nach der durch Satz 1 vorgeschriebenen Berechnungsmethode kann in Einzelfällen zu einer völligen Aufzehrung der Beitragserstattung führen. Diese Folge kann sich ergeben, wenn frühere in geringer Höhe entrichtete Beiträge zu erstatten sind, die Minderung der Erstattung aber aus einem auf das Ende der Ehezeit bezogenen höheren Beitrag zu errechnen ist. Die Minderung erfasst nach Satz 2 jedoch nur den auf die Ehezeit entfallenden Teil des Erstattungsbetrags, so dass der Berechtigte die Erstattung aus Beiträgen unvermindert erhält, die er vor oder nach dem Ende der Ehezeit entrichtet hat. Einer Minderung unterliegt ebenfalls nicht die erstattungsfähige Hälfte des Beitrags, die der Berechtigte zur Wiederauffüllung verlorener Anrechte nach §§ 72, 116 entrichtet hat.
- b) Ausgleichsberechtigter ist Erstattungsberechtigter
- Der Erstattungsbetrag erhöht sich in diesen Fällen um die Hälfte des Betrages, der im Zeitpunkt des Endes der Ehezeit als Beitrag für den Zuschlag zu zahlen gewesen wäre.
Der Antrag auf Beitragserstattung kann nach Satz 1 nicht auf einzelne Beitragszeiten beschränkt werden, sodass das Gesetz nur ein „entweder/oder“ zulässt.
Nach Satz 2 wird durch die Beitragserstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Der Berechtigte verliert damit den Status eines Versicherten. Bereits vor der Erstattung entstandene und fällig gewordene, aber noch nicht erfüllte Beitragsansprüche bleiben von der Auflösung des Versicherungsverhältnisses unberührt (Rdschr. Nr. 113/04). Die Regelung schließt eine zukünftige Versicherungspflicht nicht aus, denn in einer Erstattung rechtswirksamer Beiträge kann nicht gleichzeitig eine endgültige Befreiung von der Versicherungspflicht gesehen werden. Für den Fall, dass weiterhin Versicherungspflicht nach § 1 besteht, liegt eine Befreiung auf Antrag nach § 3 Abs. 3 nahe.
Satz 3 flankiert die in Absatz 1 Satz 2 vorgeschriebene Aufrechnung zu erstattender Beiträge mit erbrachten Zuschüssen zum Beitrag in der Weise, dass Verwaltungsakte über die Erbringung von Zuschüssen zum Beitrag mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen sind. Die Vorschrift verdrängt die allgemeinen Bestimmungen der §§ 45, 48 SGB X. Vertrauensschutzgesichtspunkte sind nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers hierbei nicht zu berücksichtigen (BSG, 27.08.1998 - B 10/4 LW 11/96 R, Rdschr. AH 20/98).
Ansprüche aus den vor der Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten sind nach Satz 4 ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn sie im Rahmen der Beitragserstattung nicht einbezogen werden konnten, weil sie
- für eine Zeit vor Erlass eines Leistungsbescheides gezahlt worden sind (Absatz 2 Satz 1),
- vom Versicherten nicht (mit-)getragen worden sind (Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 2).