§ 71
Fälligkeit und Wirksamkeit von Beiträgen
(1) Der Beitrag ist jeweils am Fünfzehnten eines Kalendermonats fällig.
(2) 1Beiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist. 2Im Übrigen gelten § 197 Abs. 2 bis 4 und § 198 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.
Der Beitrag zur AdL für den laufenden Kalendermonat ist am 15. des jeweiligen Monats fällig. Obwohl der Wortlaut insoweit keine Einschränkung enthält, findet er nur für Beiträge Anwendung, auf die die Alterskasse einen Anspruch hat; denn unter Fälligkeit kann nur der Zeitpunkt verstanden werden, von dem ab der Gläubiger die Leistung verlangen kann. Eintritt der Fälligkeit von Beitragsansprüchen bedeutet mithin, dass der Versicherungsträger als Anspruchsinhaber berechtigt ist, sofortige Zahlung zu verlangen und der Zahlungspflichtige verpflichtet ist, die Zahlung sofort zu bewirken.
Ein Anspruch auf Beiträge besteht jedoch nicht bei Beiträgen, die aufgrund einer Berechtigung zur Weiterversicherung (§§ 4, 5, 85 Abs. 7) gezahlt werden, da die Entrichtung dieser Beiträge in der Entscheidungsbefugnis des Versicherten liegt.
Werden die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht erst im Laufe eines Monats erfüllt, ist dennoch der volle Monatsbeitrag geschuldet (Prinzip der Unteilbarkeit des Monatsbeitrags). Dies ist aus der Regelung des § 23 Abs. 3 Nr. 1 zu folgern, die nur dann als sinnvoll erscheint, wenn für jeden Kalendermonat mit Beitragszeiten der volle Beitrag entrichtet wurde (BSG, 25.11.1998 - B 10 LW 10/97 R, Rdschr. AH 7/99). Auch lässt die gesetzlich festgeschriebene Parallelität von Beitragspflicht und Beitragszuschussberechtigung (§ 34 Abs. 1), die durch die Aufrechnungsregelung des § 70 Abs. 2 verstärkt wird, den Rückschluss auf die Fortgeltung des bereits im früheren Recht anerkannten Prinzips (BSG, 14.12.1994 - 4 RLw 4/93, BSGE 75, 241; 20.03.1962 - 7/3 RLw 4/60, Rdschr. AH 40/62) zu.
Nach Satz 1 sind gezahlte Beiträge wirksam, solange die in § 25 SGB IV genannte Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Beitragsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Verjährung für den am 15.12.2004 fällig gewordenen Beitrag für Dezember 2004 beginnt somit am 01.01.2005 und endet am 31.12.2008.
Zu beachten ist jedoch, dass die vierjährige Verjährung durch einen Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Beitragsanspruchs erlassen wird, gemäß § 52 Abs. 1 SGB X gehemmt wird; sobald dieser Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist, endet die Hemmung und die wieder einsetzende Verjährung verlängert sich gemäß § 52 Abs. 2 SGB X auf 30 Jahre.
Ist eine Beitragsforderung nicht vor Ablauf der Vierjahresfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV durch Bescheid festgestellt worden, ist zu prüfen, ob der Beitragsschuldner die Beiträge vorsätzlich vorenthalten hat; dann gilt gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV die 30-jährige Verjährung. Insoweit genügt bedingter Vorsatz (wenn die Vorenthaltung des Beitrags billigend in Kauf genommen wird).
Trotz der in § 25 Abs. 2 SGB IV bestimmten sinngemäßen Anwendung der die Verjährung betreffenden Vorschriften des BGB ist die Verjährung entgegen § 214 Abs. 1 BGB von Amts wegen zu beachten, der Versicherungsträger hat also auch dann, wenn die Verjährungseinrede nicht erhoben wird, vom Einzug der betroffenen Beitragsforderung abzusehen. Die entgegenstehende Meinung von Noell, GAL 1983, S. 409 ist mit dem Erfordernis der ununterbrochenen Beitragszahlung begründet worden und kann damit - über § 90 - nur noch für Beitragszeiten vor dem 01.01.1995 Beachtung finden, soweit § 197 Abs. 3 SGB VI eine wirksame Zahlung zulässt (Rdschr. Nr. 53/00).
Nach Satz 2 gelten § 197 Abs. 2 bis 4 und § 196 SGB VI entsprechend.
Entsprechend § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge nur dann wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden.
§ 197 Abs. 3 SGB VI regelt die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise trotz Verjährung oder - bei freiwilligen Beiträgen - Fristablaufs eine wirksame Zahlung von Beiträgen möglich ist. Eine besondere Härte i. S. d. § 197 Abs. 3 SGB VI dürfte jedenfalls für solche Beiträge gelten, die zum Schließen einer nach § 90 schädlichen Lücke erforderlich sind, wenn ohne die Beiträge in oder vor der Lücke die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt wäre. Auch dann, wenn die rechtzeitige Zahlung zahlreicher Beiträge unterblieben ist und deshalb die Rente ohne diese Beiträge erheblich niedriger ausfallen würde, kann eine besondere Härte vorliegen. Zusätzlich muss aber der Versicherte ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert gewesen sein. Auch die einfache Fahrlässigkeit des Versicherten nimmt ihm die Möglichkeit, verjährte Beiträge wirksam zu zahlen; etwas anderes kann gelten, wenn ein leichtes Verschulden des Versicherten mit einem Fehlverhalten des Versicherungsträgers zusammentrifft.
Nur insoweit, als die Voraussetzungen des § 197 Abs. 3 SGB VI vorliegen, sind Beiträge einzuziehen bzw. anzunehmen. Soweit die Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht vorliegen, ist also die Verjährung von Amts wegen zu beachten, d. h. Beiträge sind nicht einzuziehen. Dennoch gezahlte Beiträge sind nicht wirksam, lassen also keine Beitragszeit i. S. d. § 18 ALG entstehen. Entgegen § 222 Abs. 2 BGB sind sie nach der spezielleren Vorschrift des § 26 Abs. 2 SGB IV zu erstatten; die mitunter vertretene Auffassung, § 222 Abs. 2 BGB sei anzuwenden, ist abzulehnen, weil sie - entgegen dem Zweck des § 26 Abs. 2 SGB IV - dazu führt, dass der Versicherungsträger Beiträge behält, obwohl sie wegen Unwirksamkeit eine Rente weder begründen noch steigern können.
Können Beiträge für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr wirksam gezahlt werden, scheidet auch eine Umbuchung vom Beitragskonto einer Person, die sich später als nicht beitragspflichtig herausstellt, auf das Konto der tatsächlich beitragspflichtigen Person aus (LSG Niedersachsen-Bremen, 03.03.2005 - L 10 LW 15/04, Rdschr. AH 17/05).
Gegen den Willen des Versicherten können verjährte Beiträge nicht eingezogen werden, selbst wenn eine besondere Härte i. S. d. § 197 Abs. 3 SGB VI vorliegt (vgl. das Antragserfordernis sowie § 222 Abs. 1 BGB).
Entsprechend § 197 Abs. 4 SGB VI ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 27 SGB X) bei Versäumung der Wirksamkeitsfristen ausgeschlossen.
Der ebenfalls durch Satz 2 für anwendbar erklärte § 198 SGB VI regelt die Unterbrechung der für freiwillige Beiträge geltenden Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI, sowie in § 198 Satz 2 SGB VI die Hemmung der Verjährungsfrist für Beitragsansprüche (§ 25 SGB IV) und Ansprüche auf Beitragserstattung (§ 27 SGB IV).