§ 129
Kürzung der Renten
(1) 1Bezieht der Empfänger einer Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder eine Rente wegen Todes, der einen Zuschuss zur Nachzahlung von Beiträgen für Landwirte zur gesetzlichen Rentenversicherung erhalten hat und deshalb nach dem vor dem 1. Januar 1995 jeweils geltenden Recht aus der Altershilfe für Landwirte ausgeschieden ist, gleichzeitig eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wird die Rente um den Teil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gekürzt, der dem Verhältnis entspricht, in dem die Entgeltpunkte für Beitragszeiten, auf die der Zuschuss entfällt, zur Summe aller Entgeltpunkte steht. 2Berechnet sich die Rente nach Werteinheiten, bemisst sich die Kürzung nach dem Verhältnis der Werteinheiten für Beitragszeiten, auf die der Zuschuss entfällt, zur Summe der Werteinheiten, die der Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage zugrunde gelegt worden ist. 3Das gleiche gilt, wenn eine Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder Rente wegen Todes mit einer Rente wegen Todes aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammentrifft und der Verstorbene einen Zuschuss erhalten hatte.
(2) Die Höhe des Kürzungsbetrages sowie seine Veränderungen sind der landwirtschaftlichen Alterskasse von dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen, der die Rente festgestellt hat.
Erläuterungen
Personen, die durch die Inanspruchnahme eines Zuschusses zur Nachzahlung von Beiträgen zur GRV, der nach § 47 GAL in voller Höhe aus Bundesmitteln bestritten wurde, schon begünstigt wurden, sollen bei Geltendmachung eines Anspruchs auf Renten nach dem ALG nicht uneingeschränkt an dem ebenfalls in erheblichem Maße bundesmittelabhängigen System der AdL teilhaben. Deshalb wird im Falle des Zusammentreffens einer Rente nach dem ALG mit einer Rente aus der GRV, die (zum Teil) auf einem Nachzahlungszuschuss beruht, die Leistung aus der AdL gekürzt.
Infolge des in § 48 Abs. 1 GAL (ab 01.01.1995 außer Kraft getreten) normierten Ausscheidens aus der Alterskasse im Falle der Inanspruchnahme eines Zuschusses zur Nachzahlung von Beiträgen zur GRV (und der damit regelmäßig einhergegangenen Erstattung rechtswirksam gezahlter Beiträge nach § 48 Abs. 2 GAL) können nur solche Personen von der Kürzungsbestimmung betroffen werden, die nach dem Ausscheiden aus der Alterskasse aufgrund einer nachfolgenden Tätigkeit als Landwirt oder als Mifa einen Anspruch auf Leistungen erworben haben. Wie bereits mit § 50 GAL will der Gesetzgeber durch die Kürzungsregelung eine „Doppelbezuschussung“ von Leistungen durch Bundesmittel ausschließen. Das Gleiche gilt nach Wortlaut, Sinn und Zweck für den hinterbliebenen Ehegatten einer solchen Person (so auch BSG, 23.10.1996 - 4 RLw 7/96, Rdschr. AH 5/97). Erhält der hinterbliebene Ehegatte eine (im Ergebnis ebenfalls bezuschusste) Witwen-/Witwerrentenabfindung gem. § 107 SGB VI, so ist diese in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 90 Abs. 2 SGB VI gedanklich in 24 gleiche Teile aufzuteilen. Die Rentenabfindung ist somit so zu behandeln, als hätte der hinterbliebene Ehegatte die Witwen-/Witwerrente noch für 24 Monate weiter bezogen. Somit erfolgt auch für diese Zeit eine Kürzung der Rente nach § 129 Abs. 1 Satz 3 ALG (vgl. Rdschr. Nr. 132/03).
Nach Satz 1 wird dem Bezieher einer Altersrente (§§ 11, 12), einer Rente wegen Erwerbsminderung (§ 13) oder einer Rente wegen Todes (§§ 14 bis 16) die Rente um den Teil der Rente aus der GRV gekürzt, der sich aus folgender Berechnung ergibt:
Voraussetzung hierfür ist, dass der Bezieher der o. a. Renten nach dem ALG einen Zuschuss zur Nachzahlung von Beiträgen für Landwirte zur GRV erhalten hat. Da nach § 47 Abs. 4 GAL der Zuschuss an den für die Nachzahlung der Beiträge zuständigen Rentenversicherungsträger zu zahlen war (nachdem der Berechtigte den auf ihn entfallenden Beitragsanteil an den Rentenversicherungsträger entrichtet hatte), ist der Zugang des Nachzahlungszuschusses beim Träger der GRV genügend.
Infolge der Gewährung dieses Zuschusses muss nach dem vor dem 01.01.1995 geltenden Recht ein Ausscheiden aus der Alterskasse erfolgt sein. Diese Rechtsfolge trat, vorbehaltlich des § 48 Abs. 1a GAL, regelmäßig nach Inanspruchnahme des Zuschusses ein, § 48 Abs. 1 GAL.
Ein Zusammentreffen von den o. a. Rentenarten nach dem ALG mit einer Rente aus der GRV (vgl. § 33 SGB VI) ist dann gegeben, wenn auf beide Renten ein durch Antragstellung realisierter (Einzel-)Anspruch für identische Zeiträume besteht (zeitliche Kongruenz); ein Ruhen ist unbeachtlich.
Satz 2 erläutert die Ermittlung des Kürzungsbetrages, falls die Rente aus der GRV nach „Werteinheiten“ ermittelt wurde. Die Ermittlung von Werteinheiten richtete sich nach § 1255 Abs. 3 bis 6a RVO, § 32 Abs. 3 bis 6a AVG sowie § 54 Abs. 3 bis 6a und 9 RKG. Mit dem Terminus „Werteinheiten“ wurde das Verhältnis, in dem das Bruttoentgelt des Versicherten zu dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten gestanden hat, bezeichnet. Dieser Verhältniswert wurde in einem Vomhundertsatz ausgedrückt, der auf zwei Dezimalstellen ermittelt wurde. Entsprach das Bruttoentgelt dem Durchschnittsentgelt, ergab dies einen Vomhundertsatz von 100 oder 100,00 Werteinheiten.
Soweit eine Rente nach dem vor dem 01.01.1992 geltenden Recht auf der Grundlage von Werteinheiten berechnet wurde, ermittelt sich der Kürzungsbetrag wie folgt:
Die vor dem 01.01.1992 geltende Rentenberechnungsformel (§ 1255 RVO) sah u. a. die Ermittlung der „persönlichen Bemessungsgrundlage“ vor. Dies geschah in der Weise, dass das Entgelt des Versicherten im jeweiligen Kalenderjahr dem für dieses Jahr geltenden Durchschnittsentgelt aller Versicherten in der Arbeiter- und Angestelltenversicherung gegenübergestellt wurde und die entsprechenden Verhältniswerte (= Werteinheiten) zusammengezählt und durch die Zahl der bewerteten Monate geteilt wurden. Der sich hieraus ergebende persönliche Vomhundertsatz wurde alsdann mit 12 vervielfacht, sodass sich der auf ein Jahr bezogene Vomhundertsatz ergab.
- Beispiel:
- Hat ein Versicherter zehn Jahre (120 Kalendermonate) genau das Durchschnittsentgelt aller Versicherten verdient (= 100 % des jährlichen Durchschnittsentgelts = 100 WE pro Jahr), 20 Jahre Entgelte von 20 % über dem Durchschnitt und die letzten zehn Jahre seines Arbeitslebens Entgelte von 44 % über dem Durchschnitt erzielt, so hatte er während seines gesamten Versicherungslebens
- 10 Jahre x 100 % = 1000 WE
- + 20 Jahre x 120 % = 2400 WE
- + 10 Jahre x 144 % = 1440 WE
- in 40 Jahren (480 Kalendermonate) insgesamt 4840 WE erworben. Hieraus errechnete sich ein monatlicher persönlicher Vomhundertsatz von (4840 : 480 =) 10,08 % und ein jährlicher persönlicher Vomhundertsatz von (10,08 % x 12 =) 120,96 %. Dementsprechend beträgt die „persönliche Bemessungsgrundlage“ 120,96 % der „allgemeinen Bemessungsgrundlage“.
Trotz der nach § 307 SGB VI erfolgten Umwertung von Renten, die nach dem vor dem 01.01.1992 geltenden Recht (auf der Grundlage von Werteinheiten) berechnet wurden, in persönliche Entgeltpunkte, können die Träger der GRV auf die der Rentenberechnung zugrunde liegenden Informationen und damit auf die Daten, die für die Kürzung erforderlich sind, zurückgreifen.
Satz 3 enthält die Kürzung von Altersrenten (§§ 11, 12), Renten wegen Erwerbsminderung (§ 13) oder Renten wegen Todes (§§ 14 bis 16), wenn diese Renten mit einer Rente wegen Todes der GRV (§§ 46 bis 49 SGB VI) zusammentreffen. Weitere Bedingung ist, dass an den Verstorbenen, aus dessen Versicherung die Rente wegen Todes der GRV gewährt wird, ein Zuschuss zur Nachzahlung von Beiträgen zur GRV gewährt wurde. Der Kürzungsbetrag ermittelt sich in entsprechender Anwendung der Sätze 1 und 2.
Bei Renten wegen Todes ist zu beachten, dass - anders als bei der Einkommensanrechnung nach § 28 i. V. m. § 97 SGB VI - die Rentenkürzung nach § 129 auch im sog. Sterbevierteljahr durchzuführen ist. Weder aus dieser Vorschrift noch aus § 23 Abs. 6 lässt sich ein Anspruch auf die ungekürzte Auszahlung im Sterbevierteljahr herleiten. Zwar ist nach § 97 Abs. 1 Satz 2 SGB VI das Sterbequartal von der Einkommensanrechnung ausdrücklich ausgenommen, jedoch findet sich eine entsprechende Regelung in § 129 nicht (vgl. Rdschr. L Nr. 80/10).
Aus Gründen der Sachnähe sind die Höhe des nach Absatz 1 festzustellenden Kürzungsbetrages sowie seine durch die jährliche Rentenanpassung bedingten Veränderungen der LAK von dem Träger der GRV mitzuteilen, der für die Rentenfeststellung zuständig war. Hierbei handelt es sich regelmäßig um den Träger der GRV, der im Zeitpunkt der Geltendmachung des Leistungsanspruchs zuständig war. Nach § 128 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (seit 01.01.2005; zuvor inhaltsgleich in § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB VI geregelt) ändert sich die örtliche Zuständigkeit auch im Falle der Verlegung des Wohnsitzes nach dem Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr. Die Beibehaltung der Zuständigkeit gilt somit nicht nur für die Dauer des Verfahrens, sondern darüber hinaus auch für die Dauer des Leistungsbezuges.