§ 36
Betriebs- und Haushaltshilfe bei Arbeitsunfähigkeit, Schwangerschaft und medizinischen Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen
(1) 1Betriebshilfe kann bei Arbeitsunfähigkeit des Versicherten erbracht werden, wenn die Leistung zur Aufrechterhaltung des Unternehmens der Landwirtschaft erforderlich ist. 2Haushaltshilfe kann bei Arbeitsunfähigkeit des Versicherten erbracht werden, wenn die Weiterführung des Haushalts nicht möglich und diese auf andere Weise nicht sicherzustellen ist. 3Eine Leistung nach den Sätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn sie durch die landwirtschaftliche Krankenkasse oder die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft erbracht oder nur deshalb nicht erbracht wird, weil insoweit in der Satzung die Möglichkeiten zur Ausweitung der Leistungsansprüche nicht ausgeschöpft wurden. 4Eine Leistung nach Satz 1 und 2 ist auch ausgeschlossen, wenn sie von einem Träger der Sozialversicherung nur deshalb nicht erbracht wird, weil der Anspruch auf Leistungen nach §°8 Abs. 2a des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte oder nach §°16 Abs. 3a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ruht. 5Eine Leistung nach Satz 2 ist ferner ausgeschlossen, soweit sie von anderen als den in Satz 3 genannten Trägern der Sozialversicherung kraft Gesetzes oder infolge satzungsmäßiger Ausweitung der Leistungsverpflichtung erbracht wird.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend bei
-
Vorliegen einer Schwangerschaft und bis zum Ablauf von acht Wochen oder in den Fällen des §°3 Absatz 2 Satz 2 des Mutterschutzgesetzes bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Entbindung. Bei vorzeitigen Entbindungen ist §°3 Absatz 2 Satz 3 des Mutterschutzgesetzes entsprechend anzuwenden,
-
medizinische Vorsorgeleistungen nach den §§°23 und 24 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und
-
medizinische Rehabilitationsleistungen nach den §§°40 und 41 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.
(3) §°10 Abs. 3 gilt.
(4) 1Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 müssen wirksam und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. 2Das Nähere über die Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 wird in der Satzung der landwirtschaftlichen Alterskasse geregelt.
(5) Versicherter ist, wer im Zeitpunkt der Antragstellung oder, wenn ein Antrag nicht gestellt ist, im Zeitpunkt des Leistungsbeginns als Landwirt versicherungspflichtig ist.
Erläuterungen
Allgemeines
Seit Inkrafttreten des ASRG 1995 wird Betriebs- und Haushaltshilfe zielgerichtet durch die drei Bereiche der LSV gewährt. Daraus folgt, dass in Einsatzfällen, in denen die LKV oder die LUV Träger der Grundleistung ist, i. d. R. auch die Betriebs- und Haushaltshilfe durch die LBG oder die LKK direkt zu übernehmen ist. Der LAK verbleibt im Rahmen von § 36 ALG die Möglichkeit der Leistung grundsätzlich nur
- für Nebenerwerbslandwirte, die wegen ihrer Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft Mitglieder einer anderen gesetzlichen Krankenkasse sind, sofern weiterhin Versicherungspflicht bei der LAK besteht.
- für freiwillig Versicherte der LKK, sofern weiterhin Versicherungspflicht bei der LAK besteht (z. B. Personen i. S. v. § 63 KVLG 1989) sowie
- für privat Krankenversicherte wenn Versicherungspflicht bei der LAK besteht.
Die Leistung wird in allen Fällen - wie auch in § 10 Abs. 2 - davon abhängig gemacht, dass sie zur Aufrechterhaltung des Unternehmens bzw. Haushalts erforderlich ist (vgl. grundsätzlich zu diesem Tatbestandsmerkmal Vorbemerkungen zu § 10 Abs. 2). Im Gegensatz zu den Ausfalltatbeständen nach §§ 10 Abs. 2, 37 und 39 ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern und Mifa in Fällen des § 36 kein grundsätzlicher Ausschlusstatbestand, so dass die Leistung allein von der Erforderlichkeit des Einsatzes abhängt. Das Vorhandensein von Arbeitnehmern und/oder Mifa schließt die Annahme von Erforderlichkeit an sich nicht aus. Sind jedoch qualifizierte Arbeitskräfte in dem Betrieb tätig, die den Ausfall des Landwirts kompensieren können, ist eine Betriebshilfe insoweit entbehrlich. Gleiches gilt für den Haushalt, hier sind insbesondere die im Haushalt lebenden Personen zu berücksichtigen.
Die Betriebshilfe dient der Behebung eines Schadens der gleichen Art wie der Schadensersatzanspruch wegen Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit nach § 843 BGB, weil sie Einkommensausfälle vermeiden soll. Ein solcher Schadensersatzanspruch geht also ggf. nach § 116 SGB X auf die LAK über (für den Unterhaltsschaden bei Tötung vgl. OLG Stuttgart, 14.04.1992 - 12 U 201/91, Rdschr. Nr. 27/93).
Nach Satz 1 ist zu prüfen, ob der Einsatz einer Ersatzkraft als Betriebshilfe zur Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Unternehmens erforderlich ist (s. dazu oben „Allgemeines“). Für die Haushaltshilfe setzt Satz 2 voraus, dass die Weiterführung des Haushalts nicht möglich und auf andere Weise nicht sicherzustellen ist. Die Sätze 3 und 5 sind zum 01.05.2007 als Reaktion auf das Urteil des BSG vom 16.06.2005 (B 10 LW 14/02 R, Rdschr. AH 20/05) neu gefasst worden. Nach Satz 3 ist der LAK die Leistungsmöglichkeit verwehrt, wenn die gleiche Leistung von der LKK oder der LBG erbracht werden kann.
Nachrang gegenüber den Sparten LKV und LUV
Allein die Möglichkeit der Sparten LKV bzw. LUV, im gesetzlichen Rahmen Betriebs- oder Haushaltshilfe zu erbringen, schließt eine Leistung gleichen Inhalts durch die Sparte AdL aus.
Nach § 9 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 KVLG 1989 kann die LKK in ihrer Satzung Betriebs- und Haushaltshilfe als Mehrleistungen auch während einer Krankheit vorsehen. § 54 Abs. 3 Nr. 2 SGB VII gibt der LBG die Möglichkeit, in ihrer Satzung Betriebs- und Haushaltshilfe als Mehrleistung auch während einer nicht stationären Heilbehandlung bereitzuhalten. Von diesen Möglichkeiten wurde sowohl für die LKK als auch die LBG Gebrauch gemacht.
Die Erbringung von Betriebs- und Haushaltshilfe nach § 36 ist auch dann ausgeschlossen, wenn ein Versicherter auf eigenen Antrag nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 aus der LKV ausgeschieden ist und ggf. eine private Krankenversicherung besteht. Grundsätzlich wäre z. B. in Fällen der Arbeitsunfähigkeit eine Leistungserbringung durch die LKK möglich gewesen (§§ 9 und 10 Abs. 1 KVLG 1989). Wenn sich der Betroffene aus eigenem Willen aus dem System der LKV - welches die Leistung Betriebs- und Haushaltshilfe bei Krankheit vorsieht - verabschiedet hat, kann dies den Leistungsausschluss nicht beseitigen (zum inhaltsgleichen Rechtszustand vor dem 01.05.2007 vgl. Rdschr. Nr. 52/02).
Keine Eintrittspflicht der LAK, wenn der Anspruch gegenüber einer Krankenkasse wegen rückständiger Beiträge ruht
Satz 4 schließt seit 01.01.2008 Betriebshilfe (Satz 1) oder Haushaltshilfe (Satz 2) aus, wenn die Leistung eigentlich von der LKK oder einer anderen Krankenkasse zu erbringen wäre, dieser Leistungsanspruch aber nach § 8 Abs. 2a KVLG 1989 oder nach § 16 Abs. 3a SGB V ruht. Beide Vorschriften sind am 01.04.2007 in Kraft getreten und sanktionieren das wiederholte Nichtzahlen von Beiträgen. Die Sanktion soll nicht durch eine Leistung zu Lasten der AdL kompensiert werden (vgl. Rdschr. LSV 135/07).
Verhältnis zu nicht landwirtschaftlichen Krankenkassen
Haushaltshilfe durch die LAK ist nach Satz 5 ausgeschlossen, wenn eine andere als die landwirtschaftliche Krankenkasse die gleiche Leistung als Regelleistung nach § 38 Abs. 1 SGB V oder als Mehrleistung aufgrund ihrer Satzung erbringen kann (vgl. BSG, 16.06.2005, a. a. O.).
Verhältnis zu anderen Unfallversicherungsträgern
Allein der Umstand, dass z. B. eine gewerbliche BG im Einzelfall nach der Generalklausel des § 39 Abs. 2 SGB VII eine der Betriebshilfe vergleichbare Leistung erbringen könnte, schließt die Leistungspflicht der LAK nicht aus. Denn im Regelfall liegt eine den Leistungsausschluss begründende Doppelleistung nicht vor, solange die gewerbliche BG lediglich Verletztengeld (für den Ausfall im landwirtschaftlichen Unternehmen) zahlt und nicht selbst Betriebshilfe oder Haushaltshilfe erbringt. Bis dahin entstehen wegen der Gleichrangigkeit der Leistungszuständigkeiten auch keine Erstattungsansprüche nach §§ 102, 104 SGB X.
Erbringt aber eine gewerbliche BG bereits Betriebshilfe aufgrund von § 39 Abs. 2 SGB VII oder Haushaltshilfe nach § 39 Abs. 1 SGB VII i. V. m. §§ 64 Abs. 1 Nr. 6 und 74 SGB IX, wird die LAK insoweit von ihrer Leistungspflicht frei. Demzufolge können Erstattungsansprüche nach §§ 102, 104 SGB X nur entstehen, wenn die LAK bereits Betriebs- oder Haushaltshilfe - in Unkenntnis der vergleichbaren Leistung durch die gewerbliche BG - erbracht hatte.
Der Einsatztatbestand Schwangerschaft nach Nummer 1 erfasst im Wesentlichen die gesetzlichen Mutterschutzfristen, so dass Betriebs- und Haushaltshilfe durch die LAK auch während der stationären Entbindung einschließlich des Entbindungstages und während der Zeit bis zu acht Wochen nach der Entbindung geleistet werden kann. Die Schutzfrist verlängert sich auf zwölf Wochen
- bei Früh- oder Mehrlingsgeburten
- wenn vor Ablauf von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ärztlich festgestellt wird.
Seit dem 01.01.2001 (Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) ist eine Verlängerung der Einsatzdauer um den bei Frühgeburten nicht in Anspruch genommenen Zeitraum (vgl. für das Mutterschaftsgeld § 200 Abs. 3 Satz 2 RVO und § 29 Abs. 4 Satz 2 KVLG; seit 30.10.2012 in § 24i Abs. 3 SGB V bzw. § 14 KVLG 1989 geregelt) vorgesehen. Eine weitere Änderung ist mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Mutterschutzrechts zum 20.06.2002 in Kraft getreten. Die Mutterschutzfrist wird nunmehr bei jeder vorzeiten Entbindung entsprechend der Regelung bei medizinischen Frühgeburten um die Anzahl der Tage verlängert, bei denen die Schutzfrist vor der Geburt nicht zum Tragen kommen konnte (Rdschr. GA 105/02). Die vor dem mutmaßlichen Entbindungstag erfolgende Geburt eines Kindes soll bei einer Frühgeburt und bei sonstigen vorzeitigen Entbindungen nicht zu einer Verkürzung des höchstmöglichen Leistungszeitraums von sechs Wochen vor und acht bzw. zwölf Wochen nach der Entbindung führen. Der 8- bzw. 12-wöchige Leistungszeitraum nach der Entbindung verlängert sich also um die an sechs Wochen fehlende Zeit, für die die Leistung vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnte.
Für die Art der Leistungserbringung (Stellung von Ersatzkräften oder Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Ersatzkräfte) gilt § 10 Abs. 3.
Die Vorschrift begrenzt den Kreis der Anspruchsberechtigten auf aktuell Versicherungspflichtige. Sog. latent Versicherte, d. h. Personen, deren Versicherungspflicht etwa durch Befreiung nach § 3 geendet hat, kommen also - anders als in den Fällen des § 10 Abs. 2 - nicht in den Genuss der Leistungen. Versicherte, deren Versicherungspflicht als Folge einer Mindestgrößenänderung nach § 84 Abs. 1a fortbesteht, zählen hingegen ebenfalls zum Kreis der Anspruchsberechtigten, weil nach dem Gesetzeswortlaut lediglich auf die aktuell bestehende Versicherungspflicht als Landwirt abgestellt wird.