§ 37
Betriebs- und Haushaltshilfe bei Tod des Landwirts
(1) 1Betriebshilfe kann für den überlebenden Ehegatten eines Landwirts erbracht werden, wenn er das Unternehmen des Verstorbenen als versicherungspflichtiger Landwirt weiterführt und
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die Leistung zur Aufrechterhaltung des Unternehmens der Landwirtschaft erforderlich ist und
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in dem Unternehmen keine Arbeitnehmer oder mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden.
2Haushaltshilfe kann in entsprechender Anwendung des Satzes 1 erbracht werden, wenn die Weiterführung des Haushalts nicht möglich und diese auf andere Weise nicht sicherzustellen ist.
(2) 1Betriebs- oder Haushaltshilfe kann innerhalb von zwei Jahren nach dem Tode des Landwirts für insgesamt zwölf Monate erbracht werden. 2§°10 Abs. 3 gilt.
(3) Der Leistungsberechtigte beteiligt sich angemessen an den entstehenden Aufwendungen unter Berücksichtigung seines Einkommens (Selbstbeteiligung); die Selbstbeteiligung beträgt höchstens 50 vom Hundert der entstehenden Aufwendungen.
(4) 1Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 müssen wirksam und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen. 2Das Nähere über die Durchführung der Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 wird in der Satzung der landwirtschaftlichen Alterskasse geregelt.
Erläuterungen
Der Wortlaut weist auf eine Ermessensleistung hin. Allerdings ist fraglich, welche Ermessenserwägungen zu einer Ablehnung führen könnten, wenn zuvor das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit bejaht worden ist.
Die Betriebshilfe dient der Behebung eines Schadens der gleichen Art wie der Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Unterhalts nach § 844 Abs. 2 BGB, so dass der Schadensersatzanspruch ggf. nach § 116 SGB X auf die LAK übergeht (so zur Vorgängernorm § 8 GAL das OLG Stuttgart, 14.04.1992 - 12 U 201/91, Rdschr. Nr. 27/93).
Betriebs- oder Haushaltshilfe wird nach dem Tod eines Landwirts erbracht. Der verstorbene Landwirt braucht nicht versichert gewesen zu sein. Im Übrigen wird nicht unterschieden zwischen der Versicherung nach § 1 Abs. 2 und der nach § 1 Abs. 3.
Somit kann auch der bisher schon nach § 1 Abs. 2 versicherte Landwirt nach dem Tod seiner nach § 1 Abs. 3 versichert gewesenen Ehefrau in den Genuss der Leistung kommen; dabei ist freilich die Erforderlichkeit der Hilfe (Nummer 1) besonders sorgfältig zu prüfen.
Der Tatbestand der Weiterführung ist auch dann gegeben, wenn beide Ehegatten rechtlich getrennte Unternehmen bewirtschaftet haben und der überlebende Ehegatte das Unternehmen des Verstorbenen übernimmt. Auch der überlebende Ehegatte, der z. B. wegen Getrenntlebens vor dem Tod des Landwirts nicht selbst Landwirt i. S. d. § 1 Abs. 3 war, hat im Falle der Weiterführung des Unternehmens einen Anspruch.
Nach dem Wortlaut müsste der verstorbene Ehegatte Unternehmer i. S. d. § 1 Abs. 2 Satz 2 gewesen sein. Damit würden aber die überlebenden Ehegatten von Landwirten i. S. d. § 1 Abs. 3 in zweckwidriger Weise ausgegrenzt. Der Gesetzeszweck erschließt sich aus § 39 Abs. 1 Nr. 1: Wenn sogar der Tod einer Person, die die Aufgaben des Ehegatten eines Landwirts ständig wahrgenommen hat, Leistungsansprüche auslöst, muss dies erst recht gelten, wenn der Ehegatte selbst verstorben ist (ebenso zu § 38 Abs. 1 Nr. 3 und 5). Deshalb reicht es aus, wenn beim Tod ein Unternehmen der Landwirtschaft i. S. d. § 1 Abs. 4 vorhanden war.
Nummer 1
Die Erforderlichkeit ist grds. dann gegeben, wenn der hinterbliebene Ehegatte allein oder zusammen mit den im Haushalt aufgenommenen Personen nicht in der Lage ist, den Betrieb weiterzuführen. Im Hinblick auf die lange Dauer der Betriebs- und Haushaltshilfe ist das Merkmal der Erforderlichkeit nicht nur beim erstmaligen Einsatz der Betriebs- oder Haushaltshilfe zu prüfen, sondern es muss ständig weiterhin die Erforderlichkeit bestehen bleiben. Zu berücksichtigen ist aber auch das Ausmaß des durch den Tod des Landwirts verursachten Ausfalls an Arbeitskraft. War der Landwirt vor seinem Tod bereits längere Zeit erwerbsgemindert und deshalb nur noch eingeschränkt arbeitsfähig, musste sich das Unternehmen auf diesen Dauerzustand einstellen, und der das Unternehmen weiter führende Hinterbliebene kann nur das Ausmaß an Arbeitskraft ersetzt verlangen, das der Landwirt mit Rücksicht auf seine gesundheitlichen Einschränkungen einbringen konnte, ohne eine Verschlimmerung seines Zustands in Kauf zu nehmen. Dies muss sich - je nach verbliebenem Leistungsvermögen - in einer entsprechend geringeren täglichen Einsatzdauer niederschlagen. War der Landwirt vor seinem Tod bereits längere Zeit - in der Regel länger als ein Jahr - schwerpflegebedürftig (Pflegegrad zwei bis fünf), kann sein Tod in aller Regel keinen zusätzlichen Personalbedarf ausgelöst haben, so dass die Erforderlichkeit zu verneinen ist.
Nummer 2
Der Anspruch auf Betriebs- und Haushaltshilfe bei Tod ist auf Unternehmen beschränkt, in denen keine Arbeitnehmer und keine mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden (vgl. Vorbemerkungen zu § 10 Abs. 2).
Die Betriebs- oder Haushaltshilfe kann innerhalb von zwei Jahren nach dem Tod des Landwirts für insgesamt zwölf Monate erbracht werden. Leistungen sind nur bis zum Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats der Zweijahresfrist möglich, welcher durch seine Zahl dem Todestag entspricht (§ 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB).
- Beispiel:
- Tod des Landwirts: 14.03.2022
- Letztmöglicher Leistungstag: 14.03.2024
Leistungen sind - unter Anrechnung auf die Höchstanspruchsdauer von zwölf Monaten - auch bereits am Todestag, d. h. unmittelbar im Anschluss an den Eintritt des Todes möglich. Anderenfalls wäre der Regelungszweck nicht vollständig erreichbar; § 187 Abs. 1 BGB ist also nicht anzuwenden. Dabei ist jedoch eine möglicherweise bestehende Leistungsgewährung durch einen anderen Leistungsträger (z. B. während stationärer Behandlung) zu beachten (Verbot der Doppelleistung).
- Beispiel 1:
- Der Landwirt bricht am frühen Morgen des 06.07.2022 im Stall tot zusammen. Die Alterskasse kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 37 sofort, also noch am Todestag, eine Ersatzkraft stellen. Der letzte mögliche Einsatztag ist gemäß § 37 Abs. 2 ALG und § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 188 Abs. 2 erste Alternative BGB der 06.07.2024.
- Beispiel 2:
- Der Landwirt befindet sich wegen einer Krebserkrankung im Krankenhaus und erhält Leistungen der Betriebshilfe von der LKK. Am frühen Morgen des 06.07.2022 verstirbt der Landwirt. Ein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse besteht bis einschließlich des Todestages, so dass die Betriebshilfe am 06.07.2022 noch zu Lasten der LKK abgewickelt werden kann. Eine Betriebshilfe zu Lasten der LAK kommt daher frühestens ab 07.07.2022 in Frage.
Innerhalb des Zeitrahmens zwischen Todeszeitpunkt und dem nach § 188 Abs. 2 1. Alternative BGB berechneten Fristende kann die Leistung für maximal zwölf Monate erbracht werden.
Da das Gesetz den Zeitraum nach Monaten bemisst, wird der Monat gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 191 BGB mit 30 Tagen gerechnet, und zwar unabhängig davon, ob die Leistung ununterbrochen oder unterbrochen in Anspruch genommen wird.
Der Berechtigte muss sich seit Inkrafttreten des Haushaltssanierungsgesetzes zum 01.01.2000 vom Beginn des Einsatzes an (früher: vom siebten Einsatzmonat an) an den entstehenden Aufwendungen beteiligen. Die Höhe der Selbstbeteiligung darf die Grenze von 50 v. H. der entstehenden Aufwendungen nicht übersteigen. Die Selbstbeteiligung muss unter Berücksichtigung der Höhe des Einkommens des Leistungsberechtigten angemessen sein. Ihre Höhe ist in der Satzung der SVLFG geregelt.