§ 15
Waisenrente
1Kinder haben nach dem Tode eines Elternteils entsprechend § 48 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch Anspruch auf Waisenrente. 2Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der verstorbene Elternteil die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt hat.
Allgemeines
Zu unterscheiden ist zwischen der Halbwaisenrente, § 48 Abs. 1 SGB VI, und der Vollwaisenrente, § 48 Abs. 2 SGB VI. Waisen sind Kinder verstorbener Versicherter.
Der Kindbegriff ist für die beiden Rentenarten identisch und richtet sich nach bürgerlichem Recht (siehe zu § 48 Abs. 1 SGB VI). § 48 Abs. 3 SGB VI erweitert den Kindbegriff unter bestimmten Voraussetzungen auf Stief- und Pflegekinder sowie Enkel und Geschwister des verstorbenen Versicherten.
§ 48 Abs. 4 - 6 SGB VI regeln die Dauer des Rentenanspruchs.
§ 48 Abs. 1 SGB VI - Halbwaisenrente
Kinder
Abgesehen von den Erweiterungen durch § 48 Abs. 3 SGB VI (s. u.) richtet sich der Kindbegriff nach dem bürgerlichen Recht. Durch das Kindschaftsreformgesetz vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942) wurde mit Wirkung vom 01.07.1998 die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Unterscheidung in eheliche (§§ 1591 - 1600 BGB), nichteheliche (§§ 1600a - 1600o BGB) und für ehelich erklärte Kinder (§§ 1723 - 1740g BGB) zugunsten eines einheitlichen Abstammungsrechts aufgegeben. Für ab dem 01.07.1998 geborene Kinder ist einzig entscheidend, ob das Kind unmittelbar von dem verstorbenen Versicherten abstammt (vgl. Artikel 224 § 1 Abs. 1 EGBGB). Der Verstorbene muss also die Mutter oder der Vater des Kindes gewesen sein.
Mutterschaft
Nach § 1591 BGB ist eine Frau als Mutter eines Kindes anzusehen, wenn sie es geboren hat. Dies gilt auch dann, wenn die gebärende Frau eine befruchtete Eizelle austrägt, die nicht von ihr, sondern von einer anderen Frau stammt (sog. Ei- oder Embryonenspende).
Vaterschaft
Vater eines Kindes ist gemäß § 1592 BGB der Mann,
- der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
- der die Vaterschaft anerkannt hat (§§ 1594 ff. BGB) oder
- dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellt ist.
Nur noch bei Eheauflösung durch Tod ist die Vaterschaft eines Mannes auch dann gegeben, wenn das Kind innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung geboren wird, vgl. § 1593 Satz 1 BGB. Steht allerdings fest, dass das Kind mehr als 300 Tage vor seiner Geburt empfangen wurde, ist dieser Zeitraum maßgebend. Wird von einer Frau, die eine weitere Ehe geschlossen hat, ein Kind geboren, das nach §§ 1592 Nr. 1 und 1593 Satz 1 BGB sowohl als Kind des früheren Ehemannes als auch als Kind des neuen Ehemannes anzusehen wäre, so ist es nach § 1593 Satz 3 BGB nur ein Kind des neuen Ehemannes. Dies gilt nicht, wenn nach Erhebung der Anfechtungsklage vom Familiengericht rechtskräftig festgestellt wird, dass der neue Ehemann nicht Vater des Kindes ist; in diesem Fall ist es ein Kind des früheren Ehemannes, vgl. § 1593 Satz 4 BGB.
Die Rechtswirkungen der Anerkennung, die regelmäßig der Zustimmung der Mutter bedarf (§ 1595 Abs. 1 BGB), können nach § 1594 Abs. 1 BGB grds. erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung wirksam wird. Die Anerkennung der Vaterschaft ist aber nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, § 1594 Abs. 2 BGB. Sowohl Anerkennung als auch Zustimmung bedürfen nach § 1597 Abs. 1 BGB der öffentlichen Beurkundung.
Wird die sich aus §§ 1592 Nr. 1 und 2 und 1593 BGB ergebende Vaterschaft bestritten, richtet sich das Verfahren zur Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft nach §§ 1599 ff. BGB. Zuständig ist das Familiengericht, vgl. § 1600e BGB.
Soweit nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB keine Vaterschaft festgestellt werden kann, ist diese gerichtlich festzustellen, vgl. § 1600d BGB. In diesem Verfahren wird nach § 1600d Abs. 2 BGB derjenige als Vater vermutet, der der Mutter während der Empfängniszeit (300. bis 181. Tag vor dem Tag der Geburt des Kindes) beigewohnt hat. Dies gilt nur dann nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen. Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden, § 1600d Abs. 2 BGB.
Adoptierte Kinder
Die Annahme als Kind wird auf Antrag des oder der Annehmenden durch das Vormundschaftsgericht ausgesprochen (vgl. §§ 1752, 1768 BGB). Das Kind erhält mit der Annahme die rechtliche Stellung eines Kindes des oder der Annehmenden (§§ 1754, 1770 Abs. 1 BGB). Werden minderjährige Kinder angenommen, erlöschen das Verwandtschaftsverhältnis zu den bisherigen Verwandten sowie die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten (§ 1755 Abs. 1 BGB). So ist das Kind nicht mehr eheliches oder nichteheliches Kind der leiblichen Elternteile. Dies führt dazu, dass ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung der früheren Verwandten nicht mehr entstehen kann (wegen bereits laufender Waisenrenten vgl. aber § 48 Abs. 6 SGB VI).
Tod eines Elternteils
Ob ein verstorbener Versicherter als Elternteil i. d. S. in Betracht kommt, richtet sich danach, ob zu ihm ein Kindschaftsverhältnis - auch unter Berücksichtigung des § 48 Abs. 3 SGB VI - bestanden hat. Ein Kind kann also u. U. mehr als zwei Elternteile haben.
Nicht aufklärbare Unsicherheiten bzgl. des Todeszeitpunkts gehen zu Lasten des Kindes (vgl. die Erläuterungen zu § 14 ALG).
Nummer 1 - Unterhaltspflichtiger Elternteil
Ist nach dem Tod eines Elternteils noch mindestens ein unterhaltspflichtiger Elternteil vorhanden, handelt es sich bei dem Kind um eine Halbwaise.
Elternteil
Der Begriff des Elternteils ist hier enger - nämlich unter Außerachtlassung der sich aus § 48 Abs. 3 SGB VI ergebenden Kindschaftsverhältnisse - auszulegen. Anderenfalls hätte das Kind selbst nach dem Tod beider Eltern nur einen Anspruch auf Halbwaisenrente, solange noch wenigstens ein Großelternteil lebt, denn Großeltern sind ihren Enkeln gegenüber - anders als Stief- und Pflegeeltern oder Geschwister - nach § 1601 BGB zum Unterhalt verpflichtet.
Die von § 48 Abs. 3 SGB VI einzig bezweckte Erweiterung des Kreises der Berechtigten würde in eine unerwünschte Benachteiligung der Waisen umschlagen.
Unterhaltspflicht
Es zählt allein die Unterhaltspflicht dem Grunde nach. Sie ergibt sich für leibliche Elternteile aus § 1601 BGB i. V. m. § 1589 Satz 1 BGB. Adoptivelternteile sind über § 1754 BGB bzw. § 1770 Abs. 3 BGB dem angenommenen Kind gegenüber unterhaltspflichtig.
Kinder sind auch dann Vollwaisen, wenn beide Elternteile verstorben sind oder die Mutter verstorben ist und der Vater nicht festgestellt werden kann. Ist der Vater bekannt, ist der Anspruch auf Vollwaisenrente ausgeschlossen, weil gegen den Vater dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch besteht (BSG, 15.03.1988 - 4/11a RA 50/87 SozR 2200 § 1269 Nr. 4). Das Kind ist auch dann Halbwaise, wenn die Möglichkeit zur Feststellung des Vaters gegeben ist (BSG, 14.12.1989 - 4 RA 46/89).
Unterhaltspflicht gegenüber adoptierten Kindern
Hierbei ist zu unterscheiden, ob es sich um die Adoption eines Minderjährigen oder eines Volljährigen handelt.
Annahme eines Minderjährigen
In diesen Fällen ist das Kind Vollwaise, wenn beide Adoptivelternteile verstorben sind. Wurde ein Minderjähriger von einer Einzelperson angenommen, wird er Vollwaise mit deren Tod.
Das Kind erlangt die volle rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes der Adoptiveltern oder des Annehmenden (§§ 1741, 1754 BGB). Das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern erlischt (§ 1755 Abs. 1 BGB). Unterhaltsansprüche bestehen also letzteren gegenüber nicht mehr.
Annahme eines Volljährigen
In derartigen Fällen wird das Kind Vollwaise erst nach dem Tod der leiblichen Eltern und der Adoptiveltern bzw. der annehmenden Einzelperson.
Bei der Adoption eines Volljährigen bleiben die Verwandtschaftsverhältnisse des Angenommenen und seiner Abkömmlinge und damit der Unterhaltsanspruch gegenüber den leiblichen Eltern bestehen (vgl. § 1770 Abs. 2 BGB).
Ausnahmsweise können jedoch Vorschriften über die Wirkung der Annahme eines Minderjährigen auch bei der Annahme eines Volljährigen gelten (vgl. § 1772 BGB), so dass in derartigen Einzelfällen bereits nach dem Tod der Adoptiveltern oder wenn die Adoption durch eine Einzelperson erfolgt ist, nach deren Tod Anspruch auf Vollwaisenrente bestehen. In diesen Fällen ist das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern erloschen; ein Unterhaltsanspruch besteht dann nicht mehr.
Unterhaltspflicht gegenüber Stief- und Pflegekindern, Enkeln und Geschwistern
Solange noch ein leiblicher oder Adoptivelternteil lebt, ist eine nach § 48 Abs. 3 SGB VI den Kindern gleichgestellte Person Halbwaise, weil sie nach § 1601 BGB dem Grunde nach unterhaltsberechtigt ist.
Vollwaise ist hingegen der Enkel eines verstorbenen Versicherten selbst dann, wenn noch andere - nach § 1601 BGB dem Grunde nach unterhaltspflichtige - Großelternteile leben (näheres oben zum Begriff „Elternteil“).
§ 48 Abs. 2 SGB VI - Vollwaisenrente
Bei der Vollwaisenrente handelt es sich wie bei der Halbwaisenrente um einen eigenen Anspruch, d. h. um eine eigenständige Rentenart.
Nummer 1 - kein unterhaltspflichtiger Elternteil
Das Kind ist Vollwaise, wenn es keinen Elternteil mehr hat, der unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse unterhaltspflichtig ist (näheres s. o. zu § 48 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
§ 48 Abs. 3 SGB VI - den Kindern Gleichgestellte
Die Vorschrift bestimmt, welche Personen neben den von §§ 1591 ff. BGB umfassten Kindern einen Anspruch auf Waisenrente haben können.
Nummer 1 - Stief- und Pflegekinder
Stiefkinder in diesem Sinne sind Kinder des anderen Ehegatten, die dieser in die Ehe mit dem Versicherten eingebracht hat. Hierzu gehören auch Kinder, die während der Ehe geboren wurden und bei denen das Nichtbestehen der Vaterschaft des Versicherten rechtskräftig festgestellt worden ist, § 1599 BGB. Auch die nur von einem Ehegatten adoptierten Kinder sind Stiefkinder des anderen Ehegatten. Das Stiefkindschaftsverhältnis wird durch die Auflösung der Ehe, die es begründet hat, nicht beseitigt, d. h. das Kind bleibt weiterhin Stiefkind.
Weitere Voraussetzung ist die Haushaltsaufnahme zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten. Das Kind war zum Zeitpunkt des Todes in den Haushalt des Versicherten aufgenommen, wenn es in die Familiengemeinschaft aufgenommen wurde; es muss ein auf längere Dauer gerichtetes Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art vorgelegen haben (vgl. BSG, 22.01.1963 - BSGE 20, 91). Eine derartige Haushaltsaufnahme zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten liegt regelmäßig dann vor, wenn das Stiefkind und der Versicherte während des letzten Dauerzustandes vor dem Tod (vgl. BSG, 30.08.2001 - B 4 RA 109/00 R) einen gemeinsamen Wohnsitz hatten; der für die Beurteilung der Haushaltsaufnahme maßgebende letzte Dauerzustand vor dem Tode des versicherten Großelternteils kann auch mit Ausbruch einer zum Tode führenden länger andauernden Krankheit beginnen (BSG, 30.01.2002 - B 5 RJ 34/01 R). Einer Haushaltsaufnahme steht nicht entgegen, dass das Stiefkind z. B. zum Zwecke der Schul- oder Berufsausbildung auswärtig untergebracht war. Entscheidend ist in diesem Fall, dass ein Betreuungs- und Erziehungsverhältnis weiterhin besteht.
Die Haushaltsaufnahme wird durch das Verlassen der Familiengemeinschaft und die Beendigung des Betreuungs- und Erziehungsverhältnisses z. B. durch die Heirat des Kindes oder eine Heimunterbringung des Kindes beendet.
Auch die Pflegekinder des Versicherten sind anspruchsberechtigt, wenn sie im Zeitpunkt des Todes in den Haushalt des Versicherten aufgenommen waren. In Verbindung mit § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I sind Pflegekinder Kinder, die mit dem Versicherten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. D. h. es muss wie bei den Stiefkindern ein Betreuungs- und Erziehungsverhältnis bestanden haben. Es ist nicht erforderlich, dass zwischen dem Kind und dem Berechtigten ein Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsverhältnis besteht. Ein Pflegekindschaftsverhältnis ist „auf längere Dauer“ angelegt, wenn es voraussichtlich mindestens drei Jahre dauert. Wegen der Haushaltsaufnahme wird auf die Ausführung zu den Stiefkindern verwiesen.
Nummer 2 - Enkel und Geschwister
Die Enkel und Geschwister eines Verstorbenen sind anspruchsberechtigt, wenn sie zum Zeitpunkt des Todes in den Haushalt des Verstorbenen aufgenommen waren oder von ihm überwiegend unterhalten worden sind. Als Enkel sind die Abkömmlinge zweiten Grades zu berücksichtigen; Stiefenkel und Urenkel sind nicht anspruchsberechtigt. Diese können ggf. Pflegekinder sein.
Zu den Geschwistern gehören sowohl Halb- als auch Stiefgeschwister. Bei der Auslegung des Begriffs „Haushaltsaufnahme“ gelten dieselben Grundsätze wie bei den Stief- und Pflegekindern. So ist grds. Voraussetzung, dass das Kind aus dem Haushalt der Eltern ausgeschieden und in den Haushalt des Versicherten übergetreten ist. Ist ein gemeinsamer Hausstand durch die Eltern oder einen Elternteil und der Versicherten, z. B. Großeltern oder Geschwister gegründet worden, liegt die erforderliche Aufnahme im Haushalt der Versicherten vor, wenn beide - Eltern / Elternteil und Versicherte - zur Führung des Haushalts zumindest in gleicher Weise beitragen (BSG, 30.01.2002 - B 5 RJ 34/01 R).
In den Fällen, in denen keine Haushaltsaufnahme vorliegt, ist zu prüfen, ob der Versicherte den überwiegenden Unterhalt des Kindes bestritten hat. Dies ist der Fall, wenn der Berechtigte mehr als die Hälfte des den gesamten Lebensbedarf umfassenden Unterhalts des Kindes trägt. Zum Unterhaltsbedarf eines Kindes gehören neben den finanziellen Aufwendungen für Ernährung, Kleidung, Wohnung u. a. auch die Betreuungsleistung, wie z. B. Erziehung und Pflege.
§ 48 Abs. 4 SGB VI - Dauer des Anspruchs auf Halb- und Vollwaisenrente
Nummer 1 - Waisenrente bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres besteht der Anspruch auf Waisenrente ohne weitere Voraussetzungen. Die Waisenrente endet nach § 30 Satz 1 ALG i. V. m. § 100 Abs. 3 Satz 1 SGB VI mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Waise das 18. Lebensjahr vollendet.
Nummer 2 - Waisenrente bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres
Über das 18. Lebensjahr hinaus besteht ein Anspruch auf Waisenrente längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn sich das Kind
- in Schul- oder Berufsausbildung befindet (Buchstabe a) oder
- sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines maßgebenden freiwilligen Dienstes liegt (Buchstabe b) oder
- einen freiwilligen Dienst im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG leistet (Buchstabe c) oder
- sich aufgrund einer Behinderung nicht selbst unterhalten kann (Buchstabe d).
Eine Ausnahme hiervon regelt die mit Wirkung vom 01.01.2020 eingeführte Sonderregelung des § 87d ALG. Die mit dem Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (Sozialschutz-Paket II) vom 20.05.2020 eingefügte Regelung verweist inhaltlich auf die zum gleichen Zeitpunkt in Kraft getretene Vorschrift des § 304 Abs. 2 SGB VI. Demnach kann abweichend von § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a bis c SGB VI eine Waisenrente auch dann gezahlt oder weitergezahlt werden, wenn bedingt durch die Covid-19-Pandemie eine Schul- oder Berufsausbildung oder ein freiwilliger Dienst wegen der epidemischen Lage nicht angetreten werden kann oder hierdurch die Übergangszeit länger als vier Monate andauert.
Buchstabe a - Schul- oder Berufsausbildung
Sie umfasst die Ausbildung an allgemeinbildenden öffentlichen oder privaten Schulen sowie die Weiterbildung an Fach- und Hochschulen.
Eine Schulausbildung in diesem Sinne liegt jedoch nur dann vor, wenn die Schulausbildung einen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden wöchentlich erfordert (§ 48 Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Dies gilt auch dann, wenn die Schulausbildung zeitlich außerhalb der üblichen Arbeitszeit liegt, wie z. B. beim Besuch einer Abendschule oder beim Fernunterricht (BSG, 23.08.1989 - 10 RKg 8/86 und 10 RKg 5/86 - SozR 5870 § 2 Nr. 64 und 65; BB 1990, 1134). Bei der Ermittlung des Zeitaufwandes sind neben den eigentlichen Unterrichtsstunden auch die Vor- und Nacharbeiten sowie die Wegezeiten für Hin- und Rückweg von der Wohnung zur Schule zu berücksichtigen. Beträgt danach der zeitliche Aufwand für die Ausbildung mehr als 20 Wochenstunden, steht eine daneben ausgeübte Beschäftigung/Tätigkeit und das daraus erzielte Arbeitsentgelt/Arbeitseinkommen dem Waisenrentenanspruch nicht entgegen.
Zeiten, für die entweder der Nachweis eines ordnungsgemäßen Studiums fehlt, oder die die zeitlichen Mindestanforderungen nicht erfüllen, sind auch dann keine Ausbildungszeiten, wenn sie in einem späteren regulären Studium berücksichtigt werden (Bay. LSG, 12.09.2012 - L 19 R 17/10).
Der Zeitaufwand ist ohne Bedeutung für Zeiten, in denen das Ausbildungsverhältnis trotz einer Erkrankung fortbesteht und damit gerechnet werden kann, dass die Ausbildung fortgesetzt wird; das gilt auch für die Dauer der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz (§ 48 Abs. 4 Sätze 3 und 4 SGB VI).
Für den Beginn der Waisenrenten ist bei Ausbildungen an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen auf den Beginn des bundeseinheitlich festgelegten offiziellen Schuljahres am 01.08. eines jeden Jahres abzustellen. Das gilt auch, wenn der tatsächliche Unterricht ferienbedingt erst an einem späteren Tag beginnt.
Die Schulausbildung endet am Tag der letzten Prüfung, wenn der Waise dabei das Prüfungsergebnis bekannt gegeben wird (BSG, 01.07.2010 – B 13 R 86/09 R). Wird der Waise das Prüfungsergebnis erst später bekannt gegeben, ist Endzeitpunkt der Tag der Bekanntgabe des Prüfungszeugnisses. Unter „Bekanntgabe des Prüfungszeugnisses“ ist eine verbindliche Aussage zu verstehen, ob die Waise bestanden oder nicht bestanden hat. Die Aushändigung des Prüfungszeugnisses kann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Dagegen endet die Schulausbildung mit dem letzten Unterrichtstag, sofern eine Prüfung nicht vorgesehen ist.
Wird die Schulausbildung demgegenüber vorzeitig abgebrochen oder eine Beschäftigung aufgenommen, ist das tatsächliche Datum des Schulabbruchs oder der Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme gleichbedeutend mit dem Ende der Schulausbildung.
Die Hochschulausbildung beginnt grundsätzlich mit dem Tag des Semesterbeginns. Hierbei wird vorausgesetzt, dass die Immatrikulation bis zum Ablauf des auf den Semesterbeginn folgenden Kalendermonats erfolgt ist. Wurde die Immatrikulation zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen, beginnt die Hochschulausbildung mit dem Tag der Immatrikulation.
Die Hochschulausbildung endet
- in den Fällen der Ablegung eines Staatsexamens oder einer Diplomprüfung (Abschlussprüfung) mit dem letzten Tag des Examens bzw. der Abschlussprüfung, wenn der Waise am selben Tag das Prüfungsergebnis bekannt gegeben wird. Erfolgt die Bekanntgabe der Prüfungs- oder Examensergebnisse erst zu einem späteren Zeitpunkt, endet die Ausbildung mit dem Tag der Bekanntgabe bzw. dem Aushändigen des Prüfungszeugnisses,
- mit dem Ende des letzten Semesters, wenn eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen ist,
- beim Abschluss des Studiums durch Promotion mit dem Tag der mündlichen Prüfung,
- mit dem Tag des Erreichens des ersten Abschlusses, wenn sowohl eine Abschlussprüfung abgelegt als auch promoviert wird - Promotion vor Abschlussprüfung - und
- mit dem Tag des Abbruchs der Hochschulausbildung, wenn diese vorzeitig beendet wurde.
Schließt sich ein Master-Studium an einen Bachelor-Abschluss an, endet die Ausbildung i. d. R. erst mit dem Master-Abschluss (Bay. LSG, 12.09.2012 - L 19 R 17/10).
Berufsausbildung
Als „Berufsausbildung“ ist der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten anzusehen, die für die Ausübung eines zukünftig gegen Entgelt auszuübenden Berufs erforderlich sind. Auch bei der Berufsausbildung muss der zeitliche Aufwand für die Berufsausbildung mehr als 20 Stunden in der Woche betragen (vgl. § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB VI; zum alten Recht bereits BSG Urteil vom 23.08.1989 - 10 RKg 8/86 - SozR 5870 § 2 Nr. 64 und 65; BB 1990, 1134). Ein schriftlicher Ausbildungsvertrag wird bei der Berufsausbildung nicht zwingend vorausgesetzt. Es kommt vielmehr auf die tatsächliche Gestaltung des Ausbildungsverhältnisses und die Umstände des Einzelfalles an.
In Abgrenzung von einem normalen Beschäftigungsverhältnis muss ein echtes Ausbildungsverhältnis vorliegen, welches planmäßig ausgestaltet ist und sich an einem bestimmten Ausbildungsziel orientiert (BSG, 11.03.1987 - 10 RKg 2/86 - SozR 5870 § 2 Nr. 51). Einkommen, das die Waise während der Berufsausbildung erhält, steht dem Anspruch grds. nicht entgegen.. Bezieht die Waise Entgelt vom Ausbildenden, ist zu prüfen, ob es sich um Arbeitsentgelt für geleistete Arbeit handelt, so dass ein Beschäftigungsverhältnis und nicht ein Ausbildungsverhältnis vorliegt. Bei einer Ausbildung zum Golf-Professional nach Maßgabe der Ausbildungs- und Prüfungsordnung sowie der entsprechenden Ausbildungs- und Prüfungsrichtlinien der „Professional Golfers Association of Germany (PGA)“ liegen die für eine Weiterzahlung der Waisenrente geforderten Voraussetzungen vor. Etwas anderes gilt im Fall einer Ausbildung zum „Berufstennisspieler, bei der die Dauer und der Inhalt der Ausbildung durch die Waise weitgehend selbst bestimmt war; in einem derartigen Fall liegt eine Berufsausbildung i. S. d. Rentenversicherungsrechts nicht vor“ (BSG, 23.08.1989 - 10 RKg 12/88 - SozR 5870 § 2 Nr. 66; BSGE 65, 250).
Eine Berufsausbildung liegt auch dann vor, wenn das Kind nach einer nicht abgeschlossenen oder auch nach einer bereits abgeschlossenen Ausbildung für einen weiteren Beruf ausgebildet wird. In derartigen Fällen wird indes vorausgesetzt, dass das Kind ernstlich die Ausbildung für einen neuen Beruf anstrebt.
Die Berufsausbildung endet grundsätzlich mit dem Ablauf der Ausbildungszeit. In den Fällen, in denen zu einem vorherigen Zeitpunkt bereits die Abschlussprüfung abgelegt wurde, endet die Ausbildung bereits mit Bestehen der Abschlussprüfung. Wird demgegenüber die Abschlussprüfung erst nach dem Ende der Ausbildung abgelegt, besteht auch z. B. für den folgenden Monat (in dem die Abschlussprüfung abgelegt wird) ein Anspruch auf Waisenrente.
Praktikum
Als Praktikum wird eine auf eine bestimmte Dauer ausgelegte Vertiefung erworbener oder zu erwerbender Kenntnisse in praktischer Anwendung bzw. das Erlernen neuer Kenntnisse und Fähigkeiten durch praktische Mitarbeit in einer Organisation, in einem Arbeitsprozess oder einer Institution bezeichnet.
Ein Praktikum kann als Ausbildung anerkannt werden, wenn es entweder zwingend vorgeschrieben ist oder als Vorpraktikum verlangt, gewünscht oder empfohlen wird. Praktika, die lediglich dazu dienen, die Neigung oder Eignung für den angestrebten Beruf zu erproben, sind nicht anzuerkennen. Ebenfalls von einem Praktikum abzugrenzen sind gering oder nicht bezahlte Beschäftigungen.
Der Ausbildungscharakter ist regelmäßig dann als gegeben anzusehen, wenn durch eine Bescheinigung nachgewiesen wird, dass das Praktikum zwingend für den Beruf bzw. für einen schulisch-theoretischen Ausbildungsgang bzw. einen Studiengang vorgeschrieben ist.
So kann beispielsweise ein Vorpraktikum anerkannt werden, das von der Ausbildungsstätte für einen anschließenden Ausbildungsvertrag verlangt, gewünscht oder empfohlen wird.
Auch ein Praktikum, das für die Aufnahme eines Studiums nicht zwingend erforderlich ist, aber von der Universität für den späteren Studienverlauf anerkannt wird, wurde vom Sozialgericht Trier als anspruchsbegründende Ausbildung anerkannt (21.05.2012 - S 2 LW 5/12).
Unterbrechung der Ausbildung
Eine Unterbrechung der Ausbildung mit der Folge, dass der nach § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB VI geforderte zeitliche Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Stunden nicht mehr vorliegt, ist nach § 48 Abs. 4 Satz 3 SGB VI ohne Bedeutung für Zeiten, in denen das Ausbildungsverhältnis trotz Vorliegens einer Erkrankung fortbesteht und damit gerechnet werden kann, dass die Ausbildung fortgesetzt wird.
Erforderlich ist deshalb, dass
- die Waise den nach § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB VI geforderten zeitlichen Aufwand von wöchentlich 20 Stunden aufgrund einer Erkrankung nicht erbringen kann
- das Ausbildungsverhältnis trotz dieser Erkrankung nicht aufgelöst, sondern lediglich hinsichtlich der Verwirklichung der aus ihm grundsätzlich folgenden Rechte und Pflichten ausgesetzt wird (bei Schulausbildung ist diese Tatbestandsvoraussetzung mangels Vertragsverhältnis nicht relevant) und
- im Wege einer vorausschauenden Betrachtung davon ausgegangen werden kann, dass die Ausbildung nach Ende der Erkrankung fortgesetzt wird.
Gleiches gilt auch für die Dauer der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz (vgl. § 48 Abs. 4 Satz 3 SGB VI), so dass während eines Zeitraums von regelmäßig sechs Wochen vor (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und acht - bei Mehrlings-/Frühgeburten 12 Wochen - nach der Entbindung (vgl. § 6 Abs. 1 MuSchG) ebenfalls ein Anspruch auf Waisenrente besteht, sofern die zuvor genannten Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB VI gegeben sind. Somit besteht außerhalb der Schutzfristen des MuSchG Anspruch auf Waisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres nur dann, wenn eine der Alternativen des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI gegeben ist. Der früheren Rechtsprechung des BSG, nach der ein Anspruch auf Waisenrente auch neben dem Bezug von Erziehungsgeld besteht (vgl. Urteil vom 29.04.1997 - 5 RJ 84/95), ist damit der Boden entzogen.
Für die Dauer der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes ist die Ausbildung unterbrochen.
Buchstabe b - Übergangszeit
Befindet sich die Waise in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten zwischen
- zwei Ausbildungsabschnitten,
- einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, der Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres i. S. d. JFDG oder der Ableistung eines Freiwilligendienstes nach dem BFDG,
besteht nach § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI Anspruch auf Waisenrente auch für diese Übergangszeit. Dies gilt gleichermaßen für die Übergangszeit nach Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder eines der genannten Freiwilligendienste und vor einem nachfolgenden Ausbildungsabschnitt.
Diese Grundsätze finden entsprechende Anwendung für eine Zeit zwischen zwei sonstigen Anspruchszeiträumen (z. B. Vollendung des 18. Lebensjahres - Beginn eines freiwilligen ökologischen Jahres).
Der gesetzliche Wehr- und Zivildienst i. S. dieser Vorschrift schließt auch den über den 30.06.2011 hinaus - auf freiwilliger Basis - fortgesetzten Grundwehrdienst oder Zivildienst ein. Wenngleich zum 01.07.2011 die gesetzliche Wehrpflicht und infolgedessen der Zivildienst durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 ausgesetzt wurde, konnten die zu diesem Zeitpunkt aktiven Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden ihren angefangenen Grundwehrdienst bzw. Zivildienst bis zum Ende der noch ausstehenden Dienstzeit fortsetzen (s.u. zu § 48 Abs. 5 SGB VI).
Der ab 01.07.2011 für Männer und Frauen mögliche neue, sog. freiwillige Wehrdienst gliedert sich in den freiwilligen Grundwehrdienst und den anschließenden freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst. Der freiwillige Grundwehrdienst ist dem früheren - von Wehrpflichtigen abzuleistenden - Grundwehrdienst (§ 56 WPflG) gleichgestellt und deshalb wie gesetzlicher Wehrdienst für die Anspruchsprüfung in der Übergangszeit zu berücksichtigen. Für den zusätzlichen freiwilligen Wehrdienst gilt dies nicht.
Mit Inkrafttreten des BFDG am 03.05.2011 ist der Bundesfreiwilligendienst als Ersatz für den bisherigen Zivildienst eingeführt und als Anspruchsvoraussetzung in § 48 Abs. 4 Satz 1 Buchst. c SGB VI aufgenommen worden. Der Bundesfreiwilligendienst begründet nicht nur einen Waisenrentenanspruch, er ist auch für die Anspruchsprüfung in der Übergangszeit zu berücksichtigen.
Die mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791) zum 01.08.2004 eingeführte Höchstdauer der Übergangszeit bemisst sich nach Kalendermonaten und nicht nach Zeitmonaten. Dies bedeutet, dass der nächste anspruchsbegründende Abschnitt spätestens am Monatsersten des fünften Kalendermonats nach Ende des vorherigen Abschnitts beginnen muss.
Die gesetzlich festgelegte Höchstdauer wurde durch das Urteil des BSG vom 01.07.2010 - B 13 R 86/09 R, SozR 4-2600 § 48 Nr. 4, bestätigt. Sie gilt auch, wenn die Waise z. B. aus generell unvermeidbaren schul- oder hochschulorganisatorischen Gründen nicht in der Lage ist, eine weitere Ausbildung innerhalb des vier-kalendermonatigen Übergangszeitraums aufzunehmen.
Buchstabe c - Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes
Die Angleichung an das Einkommensteuerrecht ist mit dem 5. SGB IV-ÄndG erfolgt und am 01.07.2015 in Kraft getreten.
Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG wird ein Kind berücksichtigt, wenn es
- ein freiwilliges soziales Jahr oder ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder
- einen Freiwilligendienst im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2013 zur Einrichtung von „Erasmus+“, dem Programm der Union für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport, und zur Aufhebung der Beschlüsse Nr. 1719/2006/EG, Nr. 1720/2006/EG und Nr. 1298/2008/EG (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 50) oder
- einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder
- einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 01.08.2007 (BAnz. 2008 S. 1297) oder
- einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Abs. 1a SGB VII oder
- einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.12.2010 (GMBl S. 1778) oder
- einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes
leistet. Dies gilt gleichermaßen, wenn es um den Anspruch auf Kindergeld geht, § 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Sinn und Zweck der Angleichung war u. a. die Reduzierung des Verwaltungsaufwands für eigene Ermittlungen der Sozialversicherungsträger. Grds. ist deshalb die Entscheidung, welche im Rahmen der Prüfung des Kindergeldanspruchs oder der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung getroffen worden ist, zugrunde zu legen. Zu diesem Zweck lässt sich die LAK den Kindergeldbescheid vorlegen (sh. die Begründung zu Artikel 3 Nr. 3 SGB IV-ÄndG, BR-Drucks. 541/14 S. 39).
Nachfolgend werden deshalb nur die praktisch wichtigsten freiwilligen Dienste dargestellt.
Freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr
Das freiwillige soziale Jahr (FSJ) und das freiwillige ökologische Jahr (FÖJ) wurden bereits in dem zum 01.06.2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten vom 16.05.2008 (Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG, BGBl. I S. 842) zusammengefasst.
Das freiwillige soziale oder ökologische Jahr beträgt mindestens sechs Monate (sog. Mindestverpflichtung), im Regelfall 12 zusammenhängende Monate. Die Dienstzeit kann auf bis zu 18 Monate verlängert werden (§ 5 JFDG). In Ausnahmefällen, wenn dies im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet ist, kann die Dienstzeit auch 24 Monate betragen (§ 8 JFDG).
Die Dienste können sowohl im Inland als auch im Ausland, wenn der Träger des Jugendfreiwilligendienstes seinen Sitz im Inland hat, geleistet werden. Ein Jugendfreiwilligendienst im Ausland wird ausschließlich ununterbrochen geleistet und ist regelmäßig auf 12 Monate begrenzt (§ 6 JFDG). Frühestens ab dem 01.09.2009 kann unter besonderen Voraussetzungen die Entsendezeit auf maximal 24 Monate ausgedehnt werden (§ 14 JFDG). Zudem sind Einsätze im In- und Ausland bis zu einer Dauer von 18 Monaten auch kombinierbar (Kombinierter Jugendfreiwilligendienst - § 7 JFDG). Ebenfalls bis zu einer Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten können FSJ und FÖJ miteinander kombiniert werden, sie müssen mit einer Mindestdauer von insgesamt sechs Monaten nacheinander geleistet werden (§ 5 JFDG).
Das FSJ (§ 3 JFDG) wird ganztägig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit, die an Lernzielen orientiert ist, in gemeinwohlorientierten Einrichtungen geleistet, insbesondere in Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, einschließlich der Einrichtungen für außerschulische Jugendbildung und Einrichtungen für Jugendarbeit, in Einrichtungen der Gesundheitspflege, in Einrichtungen der Kultur und Denkmalpflege oder in Einrichtungen des Sports.
Als Träger des FSJ sind ausdrücklich zugelassen:
- die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossene Verbände und ihre Untergliederungen,
- die Religionsgemeinschaften mit dem Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft,
- Gebietskörperschaften sowie nach näherer Bestimmung der Länder sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Weitere Träger können von der zuständigen Landesbehörde zugelassen werden, wenn sie eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Durchführung nach dem JFDG gewährleisten.
Das FÖJ (§ 4 JFDG) wird ganztägig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit, die an Lernzielen orientiert ist, in geeigneten Stellen und Einrichtungen geleistet, die im Bereich des Natur- und Umweltschutzes einschließlich der Bildung zur Nachhaltigkeit tätig sind.
Einsatzmöglichkeiten bieten u. a. Umweltverbände, Biohöfe, Bildungszentren, Naturschutzstationen, Behörden (z. B. Forst-, Naturschutzämter) und Ingenieurbüros für Artenerfassung und -kartierung. Weitere Einrichtungen und Stellen können von der zuständigen Landesbehörde zugelassen und benannt werden.
Der zugelassene Träger des Jugendfreiwilligendienstes und die oder der Freiwillige schließen vor Beginn des Jugendfreiwilligendienstes eine schriftliche Vereinbarung ab, mit der der Beginn des FSJ/FÖJ nachgewiesen werden kann. Nach Abschluss des Dienstes wird eine Bescheinigung ausgestellt, die den Zeitraum des abgeleisteten Dienstes ausweist. Mit dieser Bescheinigung kann das Ende und die Dauer des anspruchsbegründenden Dienstes dokumentiert werden.
Bundesfreiwilligendienst
Mit dem am 03.05.2011 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes (BGBl. I S. 687) ist der Bundesfreiwilligendienst nach dem BFDG eingeführt worden. Er ersetzt den im Zuge der Aussetzung der Wehrpflicht entfallenen Zivildienst.
Im Gegensatz zum Zivildienst führt der Bundesfreiwilligendienst nach § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI (i. d. F. ab 03.05.2011) zu einem direkten Anspruch auf eine Waisenrente für die Dauer der Dienstzeit, längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres.
Der Bundesfreiwilligendienst richtet sich ohne Altersbegrenzung an Frauen und Männer gleichermaßen und kann ausschließlich im Inland geleistet werden. In der Regel dauert der Bundesfreiwilligendienst 12 Monate, mindestens jedoch sechs und höchstens 18 Monate. In Ausnahmefällen kann er bis zu 24 Monate geleistet werden. Der Dienst kann auch in zeitlich getrennten Abschnitten geleistet werden, wenn ein Abschnitt mindestens drei Monate dauert. Die Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes ist - mit einer Zwischenzeit von jeweils fünf Jahren zwischen den einzelnen Diensten - mehrmals im Leben möglich.
Der Bundesfreiwilligendienst wird ganztägig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen, den Einsatzstellen, geleistet. Hierzu zählen vor allem Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege, der Behindertenhilfe, der Kultur und Denkmalpflege sowie des Zivil- und Katastrophenschutzes.
Grundlage für den Einsatz im Bundesfreiwilligendienst ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Waise und der Einsatzstelle bzw. mit dem übergeordneten Träger. Die Vereinbarung dient als Nachweis und ist von der Waise für den Anspruch auf Waisenrente vorzulegen. Nach Abschluss des Dienstes stellt die Einsatzstelle eine Bescheinigung über die Teilnahme aus.
Buchstabe d - Behinderung
Bei Behinderung besteht ein Anspruch auf Waisenrente über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus, wenn das Kind wegen dieser Behinderung nicht imstande ist, sich selbst zu unterhalten. Eine Gewährung der Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus ist nicht möglich.
Eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung liegt vor, wenn Auswirkungen einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung vorliegen, die auf einem regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruhen. Als nicht nur vorübergehend ist ein Zustand von mehr als sechs Monaten anzusehen.
Es ist nicht erforderlich, dass die Behinderung bereits bei der Vollendung des 18. Lebensjahres bestanden hat.
Ein Kind ist außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn der angemessene Lebensunterhalt nicht durch Einkünfte aus seinem Vermögen oder aus einer gegenwärtigen oder früheren Erwerbstätigkeit bestritten werden kann. Ggf. sind die zivilrechtlichen Grundsätze des Unterhaltsrechts zur Ermittlung des Unterhaltsbedarfs heranzuziehen.
§ 48 Abs. 5 SGB VI - Zahlung von Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus
Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung
Die maßgebende Altersbegrenzung von 27 Jahren erhöht sich bei Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung durch Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder eines gleichgestellten Dienstes um die Zeit dieser Dienstleistung. Hierbei ist die Waisenrente höchstens für einen der Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes oder Zivildienstes entsprechenden Zeitraum über das 27. Lebensjahr hinaus weiter zu zahlen.
Voraussetzung ist, dass sich das Kind während des Verlängerungszeitraumes in Schul- oder Berufsausbildung befindet.
Hierbei ist es nicht von Bedeutung, ob der Wehr- oder Zivildienst vor oder nach dem zur Waisenrentengewährung führenden Tod des Versicherten geleistet wurde. So ist die Zahlung der Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus auch dann möglich, wenn der Tod des Versicherten zwar erst nach Vollendung des 27. Lebensjahres des Kindes, aber noch innerhalb des maßgeblichen Verlängerungszeitraumes eintritt und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Wird ein Kind zum Grundwehrdienst oder Zivildienst bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres (aufgrund freiwilliger Meldung) einberufen, so kommt für den maßgeblichen Verlängerungszeitraum nur der Teil des Dienstes in Frage, der auf die Zeit nach der Vollendung des 18. Lebensjahres entfällt.
Von dem Tatbestand der „Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung“ ist immer dann auszugehen, wenn die jeweilige Dienstleistung vor der Vollendung des 27. Lebensjahres erfolgt ist.
Der maßgebende Verlängerungszeitraum, in dem Wehr- oder Zivildienst oder ein gleichgestellter Dienst geleistet wurde, wird an den Ablauf des Monats der Vollendung des 27. Lebensjahres angehängt. Somit bestimmt sich der Verlängerungszeitraum allein aus der Dauer des geleisteten Dienstes, wobei höchstens ein Zeitraum bis zur Dauer des Grundwehrdienstes (ab 01.07.2011 freiwilliger Grundwehrdienst - § 56 WPflG) oder Zivildienstes (ab 01.07.2011 auslaufend - freiwillig fortgesetzter Zivildienst - § 83 ZDG) berücksichtigt werden kann.
Wird der entsprechende Dienst in vollem Umfang erst nach der Vollendung des 27. Lebensjahres abgeleistet, so liegt ein Verlängerungstatbestand nicht vor. Beginnt demgegenüber der Dienst vor der Vollendung des 27. Lebensjahres und endet erst nach diesem Zeitpunkt, so ist die gesamte Dienstdauer, also auch die nach der Vollendung des 27. Lebensjahres liegende Zeit, Verlängerungstatbestand.
Bei Lücken zwischen Ende des Dienstes und erneutem Beginn der Ausbildung gelten die Grundsätze für den Übergangszeitraum zwischen Ausbildungsabschnitten (s. o. zu § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a SGB VI) entsprechend.
Verlängerungstatbestand „gesetzlicher Wehrdienst oder gleichgestellter Dienst“
Gesetzlicher Wehrdienst i. S. d. § 48 Abs. 5 SGB VI ist nur der zur Erfüllung der gesetzlichen Wehrdienstpflicht nach Bundesrecht zu leistende Wehrdienst. Insoweit ist die jeweilige Fassung des Wehrpflichtgesetzes maßgebend. Die Dauer des geleisteten Wehrdienstes ist durch eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Militärdienststelle nachzuweisen.
Nicht zum gesetzlichen Wehrdienst gehört der freiwillige zusätzliche Wehrdienst i. S. v. § 6b WPflG im Anschluss an den Grundwehrdienst.
Nach dem geltenden Wehrpflichtgesetz unterliegen Frauen nicht der Wehrpflicht. Seit dem 01.01.2001 können Frauen zwar freiwillig Wehrdienst leisten. Dieser freiwillig geleistete Wehrdienst ist jedoch kein Verlängerungstatbestand i. S. v. § 48 Abs. 5 SGB VI.
Die Dauer des Grundwehrdienstes beträgt seit dem 01.01.2011 höchstens sechs Monate. In der Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2010 betrug er höchstens neun Monate und im Zeitraum vom 01.01.1996 bis 31.12.2001 höchstens 10 Monate. In der Zeit vom 01.10.1990 bis 31.12.1995 betrug der Grundwehrdienst 12 Monate und in der Zeit vom 01.01.1973 bis 30.09.1990 15 Monate.
Der von Staatsangehörigen eines anderen EU/EWR-Staates bzw. der Schweiz nach dem Recht des jeweiligen Staates abgeleistete Wehrdienst ist dem deutschen Wehrdienst gleichzustellen. Die Waisenrente ist in diesen Fällen um die Dauer dieses Wehrdienstes über das 27. Lebensjahr hinaus zu verlängern (EuGH, 25.06.1997, C-131/96).
Bei Soldaten auf Zeit kommt eine Verlängerung der Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus um die Dauer des Grundwehrdienstes in Betracht, wenn der Dienst in der Bundeswehr den Zeitraum von drei Jahren nicht überschreitet. Hat ein Wehrpflichtiger sich für einen längeren Zeitraum als drei Jahre verpflichtet, ist ein Anspruch auf Waisenrente über das vollendete 27. Lebensjahr hinaus nicht gegeben (vgl. BSG, 26.09.1974, SozR 2200 § 1267 Nr. 3).
Gleichgestellte Dienste
Dienste, die nach dem Wehrpflichtgesetz zum Erlöschen der Grundwehrdienstpflicht führen, stehen dem Wehrdienst gleich. Dies gilt z. B. für die Dienstpflicht beim Bundesgrenzschutz. Dieser Dienst ist somit längstens bis zur Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes Verlängerungstatbestand im vorgenannten Sinne.
Haben Wehrpflichtige mindestens zwei Jahre Entwicklungsdienst geleistet, so erlischt ihre Pflicht, Grundwehrdienst zu leisten. Somit kann auch dieser Dienst bis zum Umfang des Grundwehrdienstes Verlängerungstatbestand sein. Von Wehrpflichtigen im Zivil- oder Katastrophenschutz (z. B. Technisches Hilfswerk oder Rotes Kreuz) geleisteter Dienst ist grundsätzlich kein Verlängerungstatbestand, weil durch diese Dienste regelmäßig keine Unterbrechung oder Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung eintritt.
Wehrdienst nach Aussetzen der Wehrpflicht ab 01.07.2011
Der Wehrdienst aufgrund gesetzlicher Wehrpflicht wurde durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 zum 01.07.2011 ausgesetzt und durch einen freiwilligen Wehrdienst von bis zu 23 Monaten ersetzt. Der „neue“ freiwillige Wehrdienst ist an Männer und Frauen gleichermaßen gerichtet (§ 54 WPflG) und gliedert sich in den freiwilligen Grundwehrdienst und den sich anschließenden zusätzlichen freiwilligen Wehrdienst. Der freiwillige Grundwehrdienst ist gleichsam eine Probezeit und beträgt sechs Monate. Innerhalb dieser Zeit können die Wehrdienstleistenden jederzeit den Dienst beenden. Dem Grundwehrdienst schließt sich der freiwillige zusätzliche Wehrdienst von bis zu 17 Monaten an.
Der freiwillige Grundwehrdienst ab 01.07.2011 ist gemäß § 56 WPflG dem früheren - von Wehrpflichtigen abzuleistenden - Grundwehrdienst (§ 5 WPflG) gleichgestellt. Demzufolge ist der freiwillige Grundwehrdienst für die Dauer der tatsächlich geleisteten Dienstzeit, längstens für sechs Monate, als Verlängerungstatbestand zu berücksichtigen. Dies gilt nunmehr infolge der im Zuge des Wehrrechtsänderungsgesetzes 2011 erfolgten Gleichstellung für Männer und Frauen gleichermaßen.
Für wehrpflichtige Männer, die vor dem Aussetzen der Wehrpflicht einberufen worden waren und ihren Grundwehrdienst noch über den 30.06.2011 hinaus hätten ableisten müssen, ist eine Übergangsregelung (§ 62 WPflG) zu beachten. Danach war entweder die Entlassung zum 01.07.2011 (nur auf Antrag) noch vor Ablauf der sechsmonatigen Grundwehrdienstzeit oder die Fortsetzung des angefangenen Grundwehrdienstes bis zum Ende der ursprünglich sechsmonatigen Dienstzeit über den 30.06.2011 hinaus möglich. In diesem Falle ist auch die gesamte Zeit des abgeleisteten Grundwehrdienstes als Verlängerungstatbestand zu berücksichtigen.
Der sich an den - freiwilligen - Grundwehrdienst anschließende freiwillige zusätzliche Wehrdienst nach § 6b WPflG ist nach wie vor kein Verlängerungstatbestand.
Verlängerungstatbestand „gesetzlicher Zivildienst oder gleichgestellter Dienst“
Der von anerkannten Kriegsdienstverweigerern zu leistende Zivildienst bewirkt eine Verlängerung der Waisenrentenzahlung über das 27. Lebensjahr hinaus.
Der Zivildienst dauert seit dem 01.01.2011 höchstens sechs Monate. Im Zeitraum vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2010 betrug er höchstens neun Monate. In der Zeit vom 01.01.2002 bis zum 30.09.2004 betrug er höchstens 10 Monate, davor 11 Monate und im Zeitraum von 01.01.1996 bis 30.06.2000 höchstens 13 Monate. Vor diesem Zeitpunkt hat er in der Zeit vom 01.10.1990 bis 31.12.1995 grundsätzlich 15 Monate und in der Zeit vom 01.01.1984 bis 30.09.1990 20 Monate gedauert. Die Dauer des geleisteten Dienstes ist durch eine entsprechende amtliche Bescheinigung nachzuweisen.
Wenngleich zum 01.07.2011 die gesetzliche Wehrpflicht und infolgedessen der Zivildienst durch das Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 ausgesetzt wurde, konnten die zu diesem Zeitpunkt aktiven Zivildienstleistenden ihre angefangene Zivildienstzeit bis zum Ende der noch ausstehenden Dienstzeit auf freiwilliger Basis fortsetzen (s. o.). Auch die über den 30.06.2011 hinaus freiwillig fortgesetzte Dienstzeit ist gesetzlicher Zivildienst und damit ein Verlängerungstatbestand i. S. von § 48 Abs. 5 SGB VI.
Der mit dem 03.05.2011 als Ersatz für den gesetzlichen Zivildienst eingeführte Bundesfreiwilligendienst ist selbst kein Verlängerungstatbestand, da er einen eigenen Anspruchsgrund für eine Waisenrente darstellt (s. o. zu § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI).
§ 48 Abs. 6 - Weiterzahlung der Waisenrente bei Annahme als Kind
Wird die Waise als Kind angenommen, bleibt der Anspruch auf Waisenrente bestehen. Es genügt, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen bei der Annahme vorgelegen haben, also das Rentenstammrecht entstanden war (BSG, 08.12.1986 - 4a Rj 73/85 - SozR 2200 § 1269 Nr. 3). Der Status „Halbwaise“ oder „Vollwaise“ bleibt erhalten.
Gemäß Satz 2 muss der verstorbene Elternteil (oder beide) die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben (vgl. § 17 ALG).