Vorsicht Tiefsilo
Alles SVLFG: Warum sind Tiefsolos besonders gefährlich?
Sebastian Thallmair:
In Silos entwickeln sich CO2 und unter Umständen Nitrosegase. Diese Gase sind schwerer als Luft und sammeln sich im Tiefsilo in Bodennähe oder auf Höhe des Futterstocks. Aufgrund der Konstruktionsart von Tiefsilos können die Gase nicht entweichen. Nitrosegase führen beim Einatmen zur Schädigung der Atemwege. CO2 ist unsichtbar und geruchlos. In Tiefsilos beträgt die CO2-Sättigung bis zu 90%. Bereits bei einer Sättigung der Atemluft mit etwa 10 % CO2 werden Personen ohnmächtig und ersticken innerhalb kürzester Zeit. Wenige Atemzüge können schon tödlich wirken. Selbst dann, wenn eine Person sich nur über den Rand eines Tiefsilos beugt, zum Beispiel um eine Abdeckfolie herauszuziehen, kann es passieren, dass sie aufgrund der CO2-Konzentartion bewusstlos wird und in die Siloanlage stürzt. Neben der Gasgefahr besteht grundsätzlich Absturzgefahr, da Tiefsilos mehrere Meter in die Tiefe reichen.
Alles SVLFG: Unfallermittlungen gehören zu ihren Kernaufgaben. Welche Unfälle fallen Ihnen ein, wenn Sie an Tiefsiloanlagen denken?
Robert Strixner:
Wenn Personen in ein Tiefsilo stürzen oder einsteigen, ohne vorher ausreichend zu belüften, sterben sie fast immer. Das ist an sich schon sehr tragisch – noch schlimmer ist es, wenn Familienangehörige oder Arbeitskollegen den Opfern nachsteigen, ohne sich selbst zu schützen. Auch die vermeintlichen Helfer ersticken in der Regel. Auf diese Weise sind schon ganze Familien ums Leben gekommen.
Alles SVLFG: Wie werden Tiefsilos sicherer?
Robert Strixner:
Zu enge Wirtschaftswege in den Tiefsiloanlagen provozieren immer wieder Stürze. Fehlen dann noch Absturzsicherungen, fallen Personen leicht in die Tiefsilos, wo sie sterben. Wer also um eine Tiefsilo herum und zwischen den einzelnen Silos genügend Platz lässt, so dass sich Personen sicher in der Anlage bewegen können und wer seine Tiefsilos mit Absturzsicherungen in einer Höhe von mindestens einen Meter Höhe umwehrt, beugt Unfällen schon sehr gut vor. Möglich sind auch sicher angebrachte Fangnetze, die verhindern, dass Menschen oder Tiere in die Siloanlage fallen. Beim Befüllen mit dem Ladewagen stören Umwehrungen und werden dann geöffnet. Es ist wichtig, diese umgehend danach wieder zu verschließen. Wie solche baulichen Verbesserungen aussehen können, hängt vom jeweiligen Betrieb ab. Wir kommen auf Wunsch gerne in die Unternehmen und führen eine kostenlose Bauberatung durch.
Sebastian Thallmair:
Organisieren Sie die Arbeit so, dass Personen nur sehr selten in ein Tiefsilo eingestiegen müssen. Vermeiden Sie vor allem Abdeckungen auf der Silage. Etwa die Hälfte aller Unfälle in Tiefsilos lassen sich darauf zurückführen, dass Personen Pressdeckel, Gewichte oder Planen aus dem Silo entfernen wollten. Für den Gärvorgang reicht eine Folienhaube als Abdeckung vollkommend aus. Ein fertig gegorenes Silo, welches zur Futterentnahme geöffnet wurde, benötigt keine Abdeckungen, da der Säuregehalt und das im Silobehälter enthaltene CO2 ausreichend Schutz vor Schimmel und ähnlichem bieten. Wer dennoch Probleme mit verdorbenen Futter hat, kann Siliermittel zum Beispiel in Form natürlicher Bakterienkulturen zusetzen. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft DLG bietet für die Wahl des passenden Siliermittels eine Entscheidungshilfe an. Doch auch dies ist in aller Regel nicht nötig.
Alles SVLFG: Und wenn doch jemand ins Tiefsilo einsteigen muss?
Robert Strixner:
An jedem Tiefsilo muss ein ausreichend dimensioniertes, funktionsfähiges Silosicherungsgebläse fest installiert sein. Eine Info-Tafel am Silo gibt Auskunft, wie das Gebläse funktioniert und was zu tun ist. Bevor jemand einsteigt, muss das Silo mit Hilfe dieses Gebläses ausreichend durchlüftet worden sein. Öffnen Sie zudem alle Scheunentore und Fenster, so dass ein Luftzug entsteht, der dafür sorgt, dass die Gärgase schnell entweichen können. Auch leere Tiefsilos müssen durchlüftet werden, denn dort sammelt sich ebenfalls CO2 in Bodennähe. Diese Gefahr wird häufig unterschätzt.
Sebastian Thallmair:
Wenn jemand im oder am Tiefsilo arbeitet muss eine zweite Person in unmittelbarer Nähe sein, die bei einem Unfall Rettungsmaßnahmen einleiten kann. Sie muss wissen, was im Ernstfall zu tun ist. Hier zählen Minuten. Zum Einsteigen selbst ist es vorgeschrieben, eine Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz zu tragen. Dieses Rettungsgeschirr ermöglicht es Helfern, eine im Silo liegende Person sicher zu bergen. Der Einsatz des Geschirrs ist nicht selbsterklärend. Nur darin unterwiesene Personen dürfen für solche Arbeiten eingesetzt werden.
Alles SVLFG: Wie läuft eine Rettung sicher ab?
Robert Strixner:
Damit eine Rettung funktionieren kann, muss sie regelmäßig geübt werden. Jeder Handgriff muss sitzen, alle brauchen einen kühlen Kopf. Wer als Ersthelfer zum Unfallort kommt, muss umgehend einen Notruf absetzen. Danach wird der Schlauch des laufenden Gebläses von außen in die Nähe des Gesichts der Person im Silo gebracht, damit diese wieder Frischluft bekommt. Erst nach rund 20 Minuten ist das Silo ausreichend durchlüftet. Früher kann nur ein Atemschutzgeräte-Träger das Silo betreten, ohne sich selbst zu gefährden. Trägt die Person im Silo ein Rettungsgeschirr, das über der Erdgleiche mit Seilen verankert ist, dann kann sie über diese Seile hochgezogen werden. Eine Rettung mit Hilfe eines Futterkrans birgt ein nicht kalkulierbares Verletzungsrisiko und fällt damit aus.
Alles SVLFG: Gärgase treten auch an anderer Stelle in der Landwirtschaft auf
Sebastian Thallmair:
Ja, das stimmt. Sie können insbesondere dann gefährlich werden, wenn Arbeitsplätze unter der Erde liegen, da sich die Gase hier anreichern. Das betrifft vor allem Weinkeller, Biogasanlagen und Güllegruben. Sorgen Sie unbedingt für eine ausreichende Belüftung, bevor Sie solche Bereiche betreten. In den häufigsten Fällen wird auch hier eine aktive Belüftung mit einem Gebläse die passende Lösung sein. Sorgen Sie unbedingt dafür, dass keine unbefugten Personen diese gefährlichen Örtlichkeiten betreten können.