Psychische Gesundheit in der Grünen Branche – wen interessiert’s?
Mit unserem Symposium am 09. und 10. Mai 2023 ab 12:00 Uhr im Haus der Land- und Ernährungswirtschaft in Berlin machen wir die seelische Gesundheit und psychische Belastungen in der Grünen Branche zum Thema.
Einleitende Worte
Die Anforderungen in den Betrieben der Grünen Branche werden immer komplexer. Termindruck und Arbeitsbelastung haben stark zugenommen. Die wirtschaftlichen Zwänge werden härter, der Druck von außen auf die Betriebe nimmt zu. Viele geraten in Existenznot. Betriebe werden aufgegeben, die Transformation in der Grünen Branche ist in vollem Gange.
Das macht etwas mit den Menschen, die dort leben und arbeiten. Zu den Arbeits- und wirtschaftlichen Belastungen kommen oft noch familiäre Beanspruchungen: die Pflege von Angehörigen, ein Unfall, ein Todesfall oder eine schwere Krankheit.
Die Belastungen verschieben sich immer mehr von körperlichen hin zu psychischen Belastungen. Vermehrt wenden sich Menschen aus den grünen Berufen mit hoher psychischer Belastung, mit Depressionen und Burnout bis hin zu suizidalen Gedanken an die SVLFG und ihre Sozialpartner und fragen nach Hilfe.
Unter dem Motto „Mit uns im Gleichgewicht“ bietet die SVLFG den Versicherten der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, Kranken-, Alters- und Pflegekasse bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Gesundheits- und Versorgungsangebote.
Insbesondere seit Einführung der Präventionsleistungen zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit in der Alterssicherung der Landwirte hat die SVLFG individuelle Angebote für die seelische Gesundheit entwickelt und kann auf ein beachtliches Portfolio an wissenschaftlich begleiteten und evaluierten Gesundheitsangeboten zurückgreifen.
In dem Symposium werden die Belastungssituationen aufgezeigt, es kommen Betroffene zu Wort, ausgewählte Gesundheitsangebote der Kampagne „Mit uns im Gleichgewicht“ werden vorgestellt, ebenso Evaluationsergebnisse. Zudem stellen verschiedene soziale Dienstleister für die Grüne Branche sich und ihre Arbeit vor. Vielleicht gelingt es dem Symposium auch, dass in die gesellschaftliche Diskussion um das Image der Landwirtschaft und die Transformation der Grünen Branche auch die menschliche und soziale Komponente mit einbezogen wird.
Berliner Erklärung
Die Menschen der Grünen Branche sollen nachhaltig unterstützt werden. Daher haben die Teilnehmenden eine Berliner Erklärung verabschiedet, in der weitreichende Ziele formuliert werden, um den komplexer werdenden Anforderungen in den Betrieben gerecht zu werden.
Ergebnisse des World-Cafés
Die Berliner Erklärung wurde aus den Ideen entwickelt, welche die Teilnehmenden gemeinsam im World-Café erarbeitet haben. Als Basis dienten vier Fragestellungen. Die Ergebnisse finden Sie hier.
- Ergebnisse zur Frage 1: Welche Unterstützungsangebote (vielleicht auch neue) braucht es, um Menschen/Familien/Mitarbeitende der Grünen Branche beim Transformationsprozess zu begleiten? PDF, nicht barrierefrei, 1.56 MB
- Ergebnisse zur Frage 2: Wie kann es gelingen, die menschliche Dimension im Transformationsprozess der Grünen Branche in den Fokus zu rücken? PDF, nicht barrierefrei, 1.47 MB
- Ergebnisse zu Frage 3: Wie kann die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren (Dienstleistende etc.) verbessert werden – zum Nutzen der Menschen in der Grünen Branche? PDF, nicht barrierefrei, 1.46 MB
- Ergebnisse zu Frage 4: Was braucht es insgesamt, damit der Transformationsprozess auch zu einem Erfolg für die Menschen in der Grünen Branche werden kann? PDF, nicht barrierefrei, 1.47 MB
- Ergebnisse des World-Cafés gesamt PDF, nicht barrierefrei, 1.58 MB
Agenda
Das sind die Vortragenden und Themen, auf die Sie bei unserem Symposium gespannt sein dürfen. Zu Wort kommen Betroffene ebenso wie Vertretungen aus Wissenschaft, Medien, Politik, Berufsstand, Sozialversicherung und Beratungsorganisationen.
- Come together
- Begrüßung und Grußworte
- „Psychische Belastungen in der Grünen Branche - wen interessiert's?" Eine theologisch-ethische Betrachtung
Pfarrer Peter Schock, Studienleiter der Evangelischen Akademie Baden, Leiter des Kirchlichen Dienstes auf dem Lande Wohlbefinden und Gesundheit als Bestandteil einer sozial nachhaltigen Transformation der Landwirtschaft – eine Betrachtung der SVLFG
Dr. Marion Baierl, SVLFGVorstellung der Marktstände und des World Cafés und offizielle Eröffnung
- Wenn nichts mehr geht?! Stimmen der Betroffenen - über Mut, Resilienz und die passende Hilfe
Moderation: Margret Hospach, Dipl. Sozialpädagogin
Teilnehmer: Christoph Rothhaupt, Elke Maria Lücke - „Körperliche und seelische Gesundheit von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben – Ergebnisse der Onlinebefragung“
Dr. Zazie von Davier, Thünen-Institut - „Hinter den Kulissen - Ergebnisse zu der Vielfältigkeit der Lebensrollen von Frauen in der Landwirtschaft und deren Rollenkonflikt- sowie Arbeitsbelastungspotenzialen"
Anika Bolten, Universität Göttingen - Die Box „Gute Arbeit im Kleinunternehmen“ – ein Instrument zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung
Dr. Petra Abele, SVLFG
- Abendprogramm
- Ankommen am Marktplatz
- Ethische Grundlagen und Legitimation von Beratung
Prof. Dr. phil. Hugo Mennemann, Professor für gesundheitsbezogene Gemeinwesenarbeit in der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Münster, Fachbereich Sozialwesen, 1. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Care und Case Management - Podiumsdiskussion „Soziale Dienstleister für die Grüne Branche – Konkurrenz vs. Kooperation“
Moderation: Prof. Dr. phil. Hugo Mennemann
Teilnehmende:
Walter Heidl, Vorstandsvorsitzender der SVLFG
Hartmut Schneider, Vorsitzender Bundesarbeitsgemeinschaft der Landwirtschaftlichen Familienberatungen und Sorgentelefone
Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammern
Christine Singer, Landesbäuerin des Bayerischen Bauernverbandes - Sozioökonomische Beratung und Mediation als Präventionsmaßnahme – Evaluation und Einblicke in die Beratungsarbeit
Moderation: Regina Eichinger-Schönberger, SVLFG
Dr. Christian Hetzel, Institut für Qualitätssicherung in Prävention & Rehabilitation GmbH an der Deutschen Sporthochschule Köln
Anne Dirksen, Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Isidor Schelle, Bayerischer Bauernverband - Telefonisches Einzelfallcoaching – Evaluation und Einblicke in die Coachingarbeit
Moderation: Stefan Adelsberger, SVLFG
Prof. Dr. Matthias Berking, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Janika Thielecke, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Dipl. Psychologin Margot Flaig, Coach IVPNetworks GmbH - Online-Beratung mit professionellen Impulsgebern für die Grüne Branche
Prof. Dr. Bernhard Sieland, emeritierter Professor für Pädagogische Psychologie am Institut für Psychologie der Leuphana Universität Lüneburg - Vorstellung der Ergebnisse des World-Cafés
Unsere Vortragenden
Dr. Petra Abele
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich bin seit sechs Jahren als Arbeitspsychologin in der Prävention der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft in der SVLFG tätig. Organisatorisch gehöre ich zum Arbeitsbereich "Grundsatz- und Querschnittsaufgaben". Inhaltlich beschäftige ich mich mit der Gestaltung gesunder Arbeitsbedingungen in der Grünen Branche. Meine derzeitigen Arbeitsschwerpunkte sind „Gefährdungsbeurteilung Psychische Belastung“ und „Exoskelette in Landwirtschaft, Forst und Gartenbau“.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Bis zu meinem Eintritt in die SVLFG hatte ich keinen beruflichen oder familiären Bezug zu Landwirtschaft, Forst oder Gartenbau, fand die Grüne Branche jedoch sehr spannend. Inzwischen habe ich bundesweit umfangreiche Einblicke in die betriebliche Praxis in den unterschiedlichen Zweigen der Grünen Branche gesammelt. Dabei interessierten mich vor allem die Arbeitsbedingungen bei verschiedenen Tätigkeiten und Betriebsgrößen.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Die Arbeitssituation der Menschen in der Grünen Branche wird – ebenso wie in anderen Branchen – zunehmend komplexer. Die Anforderungen steigen und es sind vielfältige neue Herausforderungen zu bewältigen. Mein Fokus liegt dabei auf den Aspekten, die das Unternehmen selber beeinflussen kann, d. h. auf den Arbeitsbedingungen. Gut gestaltete Arbeit trägt zu Gesundheit, Produktivität und Motivation der arbeitenden Menschen bei. Schlechte Arbeitsbedingungen können krank machen – physisch und/oder psychisch.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich möchte dafür werben, die Bedingungen, unter denen die Menschen in der Grünen Branche arbeiten, wieder mehr in den Blick zu nehmen und gestaltend positiv darauf einzuwirken. Derzeit findet das Verhalten der arbeitenden Menschen, ihre individuelle (psychische) Gesundheit und wie sich diese bei Beeinträchtigungen positiv beeinflussen lässt, viel Beachtung. Das ist gut so. Darüber darf aber nicht vergessen werden, wie wichtig es ist, durch eine Gestaltung guter Arbeitsbedingungen gesundheitliche Beeinträchtigungen am besten gar nicht erst entstehen zu lassen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass Unternehmer und Unternehmerinnen die Arbeit ihrer Mitarbeitenden wertschätzen und für gute, gesunde Arbeitsbedingungen sorgen – auch für sich selber.
Prof. Dr. Matthias Berking
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Psychotherapeut und Psychotherapieforscher mit Herzblut
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Bin selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Von Umbrüchen geprägt.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Dass von Umbrüchen Betroffene mit diesen Umbrüchen möglichst gut klarkommen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Bessere Rahmenbedingungen (insbes. hinreichende Ermöglichung des Umstiegs auf Bioproduktion)
Anika Bolten
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ehemalige Wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Kassel und Göttingen; Doktorarbeit zum Umgang mit Fehlern, Scheitern und Versagen in der Landwirtschaft (zielstrebig, aktiv, hilfsbereit, pflichtbewusst)
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ich habe Agrarwissenschaften und Wirtschaftspsychologie studiert und versuche nun beide Disziplinen (vor allem in der Forschung) zu etablieren. Das spiegelt sich auch in der Promotion wider. Weitere dominante Forschungsthemen sind u. a. Rollenstress bei Frauen in der Landwirtschaft und Stereotypendenken bei konventionellen und ökologischen Landwirt:innen. Zudem lehre ich an der Uni Kassel-Witzenhausen Arbeits- und Wirtschaftspsychologie im landwirtschaftlichen Sektor und betreue schriftliche Arbeiten im Bereich der Agrarpsychologie. Darüber hinaus habe ich die Webseite www.agrarpsychologie.de erstellt, die den Transfer von wissenschaftlichen Arbeiten in die Praxis vereinfachen soll. (Die Seite befindet sich im Aufbau).
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Schwankend; in den letzten Jahren nehme ich enorme Schwankungen wahr zwischen sehr gut laufenden Betrieben und kaum überlebend (Schweinemast, Milchvieh, etc.). Extreme Ups and Downs. Ebenso nehme ich ein verstärktes Schwarz-Weiß-Denken wahr.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Sensibilisierung von / Interesse wecken für agrapsychologische(n) Themen, Brechen mit Tabus und unangenehmen Themen im landwirtschaftlichen Kontext, Netzwerk vergrößern.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Die Frage ist schwer zu beantworten. Zum einen wünsche ich mir, dass die Landwirte mehr Gehör und Akzeptanz finden (Markt, Verbraucher, Politik etc.); zum anderen wünsche ich mir aber auch mehr Aktivismus von Seiten der Landwirt:innen und das Verlassen der seit Jahren verfestigten Opferrolle.
Dr. Marion Baierl
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Kreativer und optimistischer Gestalter im Auftrag der SVLFG
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ich hatte bis zu meinen Arbeitsantritt bei der SVLFG überhaupt keine Bezug zur Grünen Branche. Richtig in Kontakt mit den Versicherten bin ich bei den Besuchen der Seminare gekommen. Dies hat mir die Lebenswirklichkeit dieser Menschen vor Augen geführt. Das war wichtig für mich, um die Angebote zielgerichtet auszugestalten.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Ich habe großen Respekt vor der Leistung der Menschen in der Grünen Branche. Ich bin verwundert, dass alle, die ich bisher kennenlernen durfte, trotz aller Belastung sagen, wie schön dieser Beruf ist. Weiterhin erlebe ich eine Überforderung angesichts der sich ständigen gesetzlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für diese Betriebe. Dies setzt eine große Resilienz der Betroffenen voraus, gerade bei kleineren Familienbetrieben.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich möchte dafür sensibilisieren, dass alleine Fördermittel nicht reichen, um Veränderungen zu bewirken, sondern dass die Menschen auch methodisch befähigt werden müssen, den Wandeln eigeninitiativ zu gestalten.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Unterstützung der grünen Betriebe im Wandel, auch - oder gerade - der Nebenerwerbsbetriebe, Stärkung auch von weiblichen Unternehmerinnen; die Vielfalt der Betriebe ist ein gesellschaftlicher Gewinn.
Dr. Zazie von Davier
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich bin ein kreativer Mensch, der gerne liest und sich in (neue) Sachverhalte einarbeitet.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Mein Bezug zur Grünen Branche ist vielfältig. Mein Vater hat nach der Wende unseren enteigneten Betrieb in Sachsen-Anhalt wieder eingerichtet. Ich selbst habe Landwirtschaft gelernt und studiert und lebe heute mit meinem Mann und drei Kindern auf einem Forstbetrieb nicht weit vom elterlichen Betrieb. Kühe und Mähdrescherfahren sind meine Leidenschaft, aber durch die außerbetriebliche Tätigkeit als Wissenschaftlerin und die Betreuung unserer Kinder sitze ich leider zu oft am Computer oder bin im Haus und nicht draußen. Trotzdem tausche ich mich mit meinem Mann täglich betrieblich aus, und bin vor allem was Forstpolitik und betriebliche Abläufe angeht auf dem Laufenden. Gestern habe ich übrigens mal wieder einen Fragebogen der SVLFG zur Feststellung der Befreiungstatbestände bzgl. der Alterskasse ausgefüllt. Ich habe mich nach der Heirat befreien lassen, würde es aber heute vermutlich nicht mehr tun.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Die Herausforderungen sind groß, da ist zum einen der Klimawandel, dem wir uns auf unserem Forstbetrieb täglich stellen müssen. Die gesellschaftlichen Anforderungen machen es vor allem den Tierhaltern nicht leicht. Da müssen große Änderungen erfolgen und vielen ist nicht klar, wohin die Reise geht und wie der Umbau der Tierhaltung erfolgen soll. Hier muss die Politik die Menschen auf den Betrieben noch viel mehr mitnehmen.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich möchte zeigen, welche Ergebnisse der Landfrauenstudie auf Probleme in der physischen und psychischen Gesundheit hinweisen.
Wir Wissenschaftlerinnen sind weder Psychologinnen noch Arbeitsmedizinerinnen, aber ein paar Ansatzpunkte gibt es schon, um die Gesundheit auf den Betrieben zu verbessern. Zwar haben wir nur Frauen und keine Männer befragt, aber der Blick auf die Frauen ist meiner Meinung nach auch ein Spiegel für die Lage der Familien in der Landwirtschaft.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Das Leben in der Landwirtschaft ist sehr bereichernd, ich wünsche den Menschen auf den Betrieben finanzierbare und möglichst unbürokratische Entlastung und dass sie das Schöne (wieder) sehen können: Landwirtschaft ist eine tolles Berufsfeld und in der Regel ein schöner Arbeitsplatz, der alle Sinne anspricht.
Anne Dirksen
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich bin sozioökonomische Beraterin aus Leidenschaft und das seit einigen Jahrzehnten. Außerdem leite ich den Fachbereich „Familie und Betrieb, Landfrauenarbeit und Sozioökonomie“ in der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Meine Kolleginnen und Kollegen in den unterschiedlichen Fachschwerpunkten liegen mir dabei genauso am Herzen wie die Menschen auf den Höfen.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ja, in mehrfacher Hinsicht:
- Siehe oben
- Bin ich seit 32 Jahren mit einem Landwirt verheiratet, der den Betrieb mittlerweile gemeinsam mit unserem Sohn bewirtschaftet.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Sehr viele Familien sind finanziell, aber vor allem arbeitswirtschaftlich sehr überlastet. Die Menschen fühlen sich ausgebrannt, wenig wertgeschätzt und ohnmächtig. Ich erlebe in der Beratung erschreckend viele Betriebsleiter und Hofnachfolger, die psychisch sehr angeschlagen und zum Teil schon in Behandlung sind.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich möchte helfen, das Thema psychische Gesundheit aus der Tabuzone zu holen. Nur wenn ich eine Situation als solche anerkenne, kann ich erfolgreich nach Lösungen suchen.
Ich möchte den belasteten Menschen eine Stimme geben, damit sie gehört werden und die Spirale der weiteren seelischen und körperlichen Erkrankung durchbrochen werden kann.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Resilienz durch
- Von außen: Wertschätzung für die Arbeit und die Produkte
- Von innen: einfühlendes Zuhören, Miteinander statt Gegeneinander in der Familie und im Berufsstand
Margot Flaig
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich bin eine an meiner Umwelt interessierte Frau. Mich beschäftigen Menschen, ihre Lebensgeschichten, Überlebensstrategien und ihre Tricks, gut durch's Leben zu kommen. Ich lache oft und gerne, wenn es etwas zum Lachen gibt, und ich kann ruhig und mitfühlend zuhören, wenn Menschen ein offenes Ohr brauchen. Gesellschaftliche Themen gehen mich und uns alle an und so freue ich mich, das Thema „Mentale Gesundheit in der Landwirtschaft“ aktiv zu unterstützen und voranzubringen.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Als „seelische Feuerwehr“ stehen wir Menschen aus den grünen Berufen und ihren Angehörigen, die in innerer Not sind, keinen Ausweg mehr wissen, Zusammenleben verändern oder Beziehungen neugestalten wollen, zur Seite. Mit einer 24/7-Krisenhotline und/oder der Möglichkeit zu regelmäßigen psychologischen Gesprächen per Telefon wurden Angebote geschaffen, die niemanden alleine lassen.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Die psychische Gesundheit von Menschen in der Landwirtschaft und in den grünen Berufen ist Besorgnis erregend. Psychische Belastungen und Erkrankungen machen auch vor dieser Berufsgruppe keinen Halt. Leider suchen sich die Menschen nur selten Unterstützung, wenn sie gesundheitliche/psychische Veränderungen an sich oder ihrem Partner feststellen. Die Arbeit steht leider immer noch vor der Gesundheit.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich hoffe auf eine gesellschaftlich größere Sensibilität und mehr Verständnis für die Probleme von landwirtschaftlichen Betrieben und deren Familien. Meiner Ansicht nach fehlt ein tragfähiges politisches Konzept, wie die Landwirtschaft in Deutschland in Zeiten von Globalisierung, EU-Richtlinien und Klimawandel überleben kann.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Den Menschen in den grünen Berufen wünsche ich Zuversicht und Vertrauen, dass sie ihre Betriebe und ihre Familien gut durch diese schweren Zeiten manövrieren.
Dr. Christian Hetzel
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich komme aus der Wissenschaft und habe die Anwendung in der Praxis im Blick. Meine Themen sind Gesundheit, vor allem im betrieblichen Kontext.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Seit gut 15 Jahren bin ich mit der SVLFG verbunden. Ich darf Daten auswerten, Neues ausprobieren und mit engagierten SVLFG-Profis zusammenarbeiten. Es geht dabei stets um Gesundheit in der Grünen Branche: um Betriebsübergabe, um Stärkung pflegender Angehöriger, um Prävention von Demenz und um gute Angebote der SVLFG. Beeindruckt bin ich von der Nähe der SVLFG zu den Versicherten und von der SVLFG als Verbundträger, was einzigartig für die soziale Sicherung in Deutschland ist.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Krank wird man, wenn dauerhaft ein Missverhältnis aus Anstrengung und Belohnung besteht. Menschen in der Grünen Branche investieren sehr viel Zeit und Mühe, in der Regel aus einer tiefen Überzeugung und oft aus langer Tradition. Anforderungen an die Grüne Branche steigen aber immer weiter. Gleichzeitig schwindet die gesellschaftliche Anerkennung, ja die aktive Abwehr nimmt zu. Betriebe, vor allem die kleinen, verschwinden. Die Grüne Branche ist vielfältig, aber die Folgen insbesondere für die psychische Gesundheit sind offensichtlich.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Im Vortrag geht es um Mediation und sozioökonomische Beratung. Das Angebot der SVLFG nimmt gleichzeitig die ökonomische Situation des Betriebes und die gesundheitlichen Belange der Menschen im Betrieb in den Blick. Für viele Ratsuchende ist das Angebot ein Rettungsanker. Die Nachfrage ist groß und die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Ich möchte die Sinnhaftigkeit des Angebots vermitteln.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Dass diese Menschen die ihnen zustehende Anerkennung erhalten.
Margret Hospach
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Als Familientherapeutin interessieren mich systemische Zusammenhänge. Frieden und Wertschätzung sind mir wichtig. Ich arbeite an einer Familienberatungsstelle und bin Referentin für Seminare zur Betriebsübergabe und Betriebsaufgabe mit dem Schwerpunkt persönliche und familiäre Aspekte.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Die Grüne Branche ist mir sehr nah und vertraut. Ich stamme selbst von einem Bauernhof und bin seit über 35 Jahren beruflich mit Seminaren und Beratungsgesprächen in dieser Branche tätig. Schwerpunkte sind die persönlich/emotionale Seite bei Betriebsübergaben und -aufgaben sowie das Generationenmiteinander in der landwirtschaftlichen Familie. Die Grüne Branche braucht’s zum (Über-)Leben.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Bei vielen Menschen in der Grünen Branche ist eine gewisse Resignation festzustellen. Neben existenziellen Risiken, einem hohen bürokratischen Aufwand und einer Vielzahl an Vorschriften ist es nicht leicht, die Begeisterung und Anstrengungsbereitschaft für diesen Beruf aufrecht zu erhalten. Auch die Uneinschätzbarkeit der Marktlage führt zu Verunsicherung und lässt die Leute bei der Zukunftsplanung vorsichtiger werden. Diese Entwicklung senkt bei nicht wenigen Betriebsleitern die Hemmschwelle, ihren Hof aufzugeben. Ich bin aber auch erstaunt über die hohe Flexibilität und das Engagement bei jungen Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern, sich auf diese veränderte Situation einzustellen und darauf kreativ und innovativ mit neuen Angeboten zu reagieren. Insgesamt ist eine tiefgreifende Neuorientierung in der Grünen Branche spürbar.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Es soll aufgezeigt werden, wie im Kontext von individuellen Anforderungen, gesellschaftspolitischem Anspruch und berufspolitischen Bedingungen der einzelne Mensch überfordert und überlastet ist. Mittels eines Interviews mit Betroffenen soll Einsicht und Respekt erwirkt werden, welche Notlagen die einzelnen durchgestanden haben und wie es ihnen gelungen ist, Resilienzen zu entwickeln, um in der heutigen Situation bestehen zu können. Vor allem soll mein Beitrag deutlich machen, welche Hilfen diese Menschen in der Grünen Branche brauchen und welche Angebote dafür auf den Weg gebracht werden müssen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Dass ihre Begeisterung für die Arbeit in der Grünen Branche anhält und sie die notwendige Wertschätzung erfahren für ihre ökologische und gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Vor allem aber wünsche ich ihnen einen sorgsamen Umgang mit ihrer Gesundheit und ausreichend Unterstützung, um diese stabil zu halten.
Prof. Dr. phil. Hugo Mennemann
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Interessiert an anderen Menschen, strukturiert und offen für konstruktive Prozesse.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Alle meine Vorfahren und die meisten meiner Verwandten kommen aus dem ländlichen Bereich. Ich habe Mitarbeitende der SVLFG im Bereich Care und Case Management geschult.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Angespannt und gesellschaftlich kontrovers diskutiert.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Hintergrundwissen zu ethisch relevanten Fragen vermitteln und ein größeres Verständnis für die eigene Situation erwirken.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Bessere Rahmenbedingungen.
Christoph Rothhaupt
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich bin ein bodenständiger, dankbarer Mensch seit meiner Erkrankung. Und ich möchte anderen Menschen helfen.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ich stehe in besonderer Verbindung zur Grünen Branche, da ich selbst Landwirt bin.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Überlastung und Perspektivlosigkeit setzen den Leuten zu.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich möchte mit meinem Vortrag für die mentale Gesundheit in den Bereichen sensibilisieren, egal ob Überlastung, Burnout oder Depression. Dass Betroffene vielleicht früher Hilfe suchen. Und andere nicht abwertend über Betroffene denken.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass die Menschen auf den Betrieben die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen. Und dass es wieder Zukunftsperspektiven gibt. Denn: Wenn man ein Ziel hat, kann man dafür auch kämpfen!
Isidor Schelle
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Meine Grundwerte sind Verantwortlichkeit, Vertrauen, Loyalität, Professionalität, Erfolg und Begeisterung. Für mich ist jeder Tag ein Geschenk und mein Anspruch ist es, täglich für mich eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage „Was haben andere davon, weil es mich gibt?“ zu finden.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ich stamme aus einem landwirtschaftlichen Milchviehbetrieb zwischen München und GAP und bin weichender Erbe. Meine beruflichen Wege, die Ausbildungen und konkreten Tätigkeiten waren und sind von der Grünen Branche geprägt. Ich bin seit 32 Jahren im Bayerischen Bauernverband auf verschiedenen Ebenen bayernweit tätig und mit verschiedenen Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich und insbesondere mit der Beratung und Mediation im Kontext Generationenfolge in der Landwirtschaft betraut.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Die komplexen Aufgaben, Rahmenbedingungen und Entscheidungsprozesse führen die Menschen immer häufiger an ihre persönlichen Grenzen. Die psychischen Belastungen nehmen zu, deren Beachtung und Signalwirkung findet zu wenig Platz. Wir leben in herausfordernden Zeiten, die aktive Impulse und Methoden für die Begleitung von Entscheidungsprozessen benötigt. Die Menschen in der Grünen Branche brauchen Gesprächspartner auf Augenhöhe, die ziel- und lösungsorientiert denken und handeln. Die in der Grünen Branche tätigen Menschen müssen stärker in den Mittelpunkt gestellt werden und der Frage nach der individuellen Lebensqualität mehr Bedeutung geschenkt werden.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Mit einem Beispiel aus der Beratungs- und Mediationspraxis zeigen, dass es auch für schwierige und belastende Herausforderungen Lösungswege gibt. Es darf nicht die Frage sein, ob etwas schwierig scheint, sondern was im Fokus stehen soll bzw. wirklich wichtig und gewollt ist.
Es ist notwendig, konkrete Ziele, Lebenspläne und Visionen zu formulieren, die man nur dann erreichen kann, wenn man diese definiert und darüber nachgedacht hat, was es für eine Umsetzung braucht. Dabei bekommt man frühzeitig eine realistische Wahrnehmung der Machbarkeit und erkennt Dinge, die eventuell im Wege stehen. Klarzustellen ist stets, dass vor dem Sein immer das Tun kommen muss. Erfolg ist kein Zufall, sondern ein Ergebnis einer bewussten Saat und eines konkreten Handelns.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Dass sich die Lebensqualität und Zufriedenheit im Durchschnitt verbessert, die Arbeitsbelastungen gut zu bewältigen sind und mit der Arbeit im grünen Bereich ein angemessener Lebensunterhalt für die Familien bestritten werden kann. Der Mensch soll das Wichtigste im Berufs- und Lebensalltag sein, die Menschen sollen gesund und zufrieden ihren Alltag bewältigen können und sich weniger über das Gefühl der Fremdbestimmung ärgern müssen.
Hartmut Schneider
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich lebe mit meiner Familie auf dem Land und arbeite gerne mit und für Menschen. Ich beteilige mich an der Entwicklung von Möglichkeitsräumen für ein gelingendes Zusammenleben in Partnerschaft, Familie, Beruf und dem Gemeinwesen.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ich arbeite in der Beratung von Menschen aus Familienunternehmen der Landwirtschaft, des Gartenbaus und des Weinbaus in Hessen (Familie&Betrieb in Hessen – LFBK in Rheinhessen) und auf Bundesebene (BAG Familie und Betrieb e. V.).
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Die Klimaveränderungen und der Preisdruck auf Nahrungsmittel haben für die Menschen in der Grünen Branche existenzielle Auswirkungen. Einerseits wird das Bild in der Öffentlichkeit geprägt von einem idyllischen Blick „auf die Dörfer, wie sie noch nie waren“. Andererseits nimmt die Arbeitsverdichtung immer weiter zu. Das Arbeitsleben in der modernen Landwirtschaft erfordert im Grunde die "Bezwingung des Unbezwingbaren": Rund um die Uhr ist man verantwortlich für den Betrieb, zugleich stellt sich aber auch die Frage: Wie sorge ich für mich?
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich möchte dazu ermutigen, achtsam würdigend mit sich und anderen umzugehen und Angebote zur „Hilfe zur Selbsthilfe“ und zur Stärkung der psychischen Gesundheit kooperativ und ressourcenorientiert gemeinsam weiter zu entwickeln.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Den Menschen auf den Betrieben wünsche ich eine nachhaltige Existenzgrundlage: ökonomisch, ökologisch und sozial und die Möglichkeit, selbstbestimmt und im Gleichgewicht zu leben und zu arbeiten.
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ein „Grenzgänger“, der von seiner festen Überzeugung und Verankerung her sich gerne in neue, unbekannte Gefilde vorwagt, um kennen zu lernen, sich auszutauschen und in den Dialog zu treten. Ich bin vor allem interessiert an den Menschen, ihren Lebensbedingungen, was sie belastet, was sie erfreut und was ihnen Zuversicht gibt.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ich habe vor meinem Theologiestudium eine Lehre als Landwirt abgeschlossen und während meines Zivildienstes 20 Monate in diesem Beruf gearbeitet. Ich wollte ursprünglich Agrarwissenschaft studieren, das Thema Landwirtschaft hat mich weiterhin begeistert. Heute, als Leiter des Kirchlichen Dienstes auf dem Lande der Ev. Landeskirche in Baden (KDL), kann ich meine beiden „Berufungen“ Landwirt und Pfarrer genial verbinden. Der KDL ist ein Fachdienst, der sich um die Belange der Landwirtschaft und ihrer Menschen kümmert und die Kirche in diesem Bereich vertritt.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Die Situation ist vor allem geprägt von Unsicherheit. Die Menschen wissen nicht, was ihnen die Zukunft bringen wird und welche Entscheidungen sie treffen können und sollen. Hinzu kommt das Gefühl, von der Mehrheit der Gesellschaft abgelehnt und angegriffen zu werden. Viele fühlen sich und ihre Leistung nicht wertgeschätzt und undankbar und ungerecht behandelt. Das alles führt neben der Überforderung in den Betrieben und den allgemeinen wirtschaftlichen Problemen zu Perspektiv-, Mut- und Hoffnungslosigkeit, im schlimmsten Fall zu Depressionen, die auch in die Familien hineinwirken.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Auf diese Probleme hinweisen und für sie sensibilisieren. Wir müssen begreifen, dass uns nicht egal sein kann, wie es den Landwirt:innen und ihren Familien geht. Anders als viele Wirtschaftszweige, die aufgrund von neuen Entwicklungen nicht mehr benötigt werden, können wir nicht einfach zuschauen, wie die Landwirtschaft bei uns ausstirbt. Sie wird benötigt, um die ökologischen und Klimaprobleme zu lösen, aber auch um den ländlichen Raum zu stabilisieren und unsere Kulturlandschaften zu erhalten. Probleme in der Landwirtschaft sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben und als solche anzugehen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Dass sie ihre Stärken und Leistungen erkennen. Landwirtschaft war immer schon ein Bereich, der einem heftigen Wandel unterworfen war. Das haben die Bauern im Gesamten immer gemeistert. Darauf müssen sie sich wieder besinnen und daraus Kraft und Zuversicht schöpfen. Und wieder Freude und Befriedigung an ihrem vielseitigen Beruf finden und diese positiven Erlebnisse weitergeben.
Und ich wünsche ihnen, dass die Gesellschaft ihre große und wichtige Bedeutung erkennt und sie entsprechend wertschätzt, unterstützt und Mitverantwortung übernimmt.
Gerhard Schwetje
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich bin ein Mensch, der unvoreingenommen auf andere zugeht, der viel vom Austausch mit anderen Menschen hält und der den Dingen sehr gerne auf den Grund geht.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Mein Bezug zur Grünen Branche könnte kaum enger sein: Seit gut 40 Jahren bin ich mit Leib und Seele Landwirt im Kreis Wolfenbüttel. Seit vielen Jahren engagiere ich mich ehrenamtlich für meinen Berufsstand. Seit 2015 bin ich Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, außerdem amtiere ich als Präsident des Verbandes der Landwirtschaftskammern. Die Situation und die Zukunft der Menschen in der Grünen Branche liegen mir sehr am Herzen.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Als problematisch: Zahlreiche Menschen in der Grünen Branche arbeiten mehr, als es ihrer Gesundheit zuträglich ist, und machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Das gilt sowohl für Unternehmerinnen und Unternehmer als auch für Angestellte. Neue politische Rahmenbedingungen, die Preisturbulenzen sowie weitere Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der Klimawandel führen zu bisher kaum vorstellbaren Herausforderungen. Dazu kommt eine gesellschaftliche Debatte, die die Arbeitsweise in der Landwirtschaft kritisch hinterfragt. Das alles setzt den Menschen in der Branche sehr zu.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Ich möchte den Menschen außerhalb der Grünen Branche gerne mehr Wissen darüber vermitteln, wie es den Menschen auf den Betrieben geht, unter welchem Druck sie angesichts der vielfältigen Herausforderungen stehen. Ich möchte erreichen, dass die Menschen in der Grünen Branche den Respekt und die Akzeptanz erfahren, der ihnen angesichts ihrer wichtigen Arbeit gebührt. Nicht übereinander, sondern miteinander reden: Dieser Devise folgen wir bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen genauso wie beim Verband der Landwirtschaftskammern – und wir haben Erfolg damit.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Dass sie wieder mehr Zuversicht und Zufriedenheit empfinden, wenn sie an morgen denken – schließlich gehören ihre Tätigkeiten und ihre Aufgaben zu den schönsten und wichtigsten, die es gibt.
Prof. (em.) Dr. Bernhard Sieland
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Rückblickend habe ich die Kraft gefunden, Schweres auszuhalten, kann mich gut über Schönes freuen und bin neugierig auf meine Zukunft. Wenn ich das im Herzen behalte und den Mut finde, Hilfe anzunehmen, wenn es nötig wird, kann ich meinem persönlichen Finale zuversichtlich entgegen gehen.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Ich habe in drei SVLFG Wochen-Kursen „Stark gegen Stress“ sehr tapfere Frauen und Männer aus der Grünen Branche kennenlernen dürfen, die leider oft zu spät Hilfe gesucht und angenommen haben.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Die Betroffenen stehen samt ihren Familien aktuell unter extremen Transformationsdruck bei großer Unsicherheit über Preise, gesetzliche Rahmenbedingungen usw. Sie stehen oft vor und (zu) lange in beruflichen und privaten Entscheidungskonflikten und damit unter chronischem Dauerdruck.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Gibt mir Kraft zu ändern, was ich ändern kann, Geduld auszuhalten, was ich nicht ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Ich möchte mit dem multiprofessionellen anonymen Beratungsforum den Mitgliedern der Grünen Branche -egal, wo sie organisiert sind - und was sie gerade beruflich oder privat belastet, ein niedrigschwelliges Beratungsangebot sowie eine Aussprachemöglichkeit anbieten. Statt in privaten Grübeleien zu verharren, soll das Forum fachkundig über die Vielfalt vorhandener Hilfen informieren und ermutigen, diese zu nutzen.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Viel Anerkennung und wenig Druck aus der eigenen Familie, Selbstwertschätzung für die eigene Lebensleistung, feste Freundschaften und ein hilfreiches soziales Netz und mehr Freude über das Mögliche als Verzweiflung über das Unmögliche und den Mut, schnell Hilfe zu suchen, statt unnötig bzw. still etwas auszuhalten.
Christine Singer
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Bodenständig, naturverbunden, interessiert, leidenschaftlich mit viel Freude im Ehrenamt für den Berufstand. Wir Bäuerinnen und Bauern leisten so viel für diese Gesellschaft. Darauf dürfen wir stolz sein! Lebensmittel, Kulturlandschaft, Energie und Artenvielfalt. Ich arbeite gemeinsam mit einem großen ehrenamtlichen Team im Bauernverband daran, dieses Bewusstsein in der Gesellschaft zu verankern. Auch die Belange der bäuerlichen Familie im ländlichen Raum sind mir ein Anliegen. Da bringe ich mich ein, das ist meine Leidenschaft!
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Als Hauswirtschaftsmeisterin und Bäuerin auf einem Milchviehbetrieb bin ich in dieser Branche daheim. Lebensmittel mit Verantwortungsbewusstsein und Leidenschaft erzeugen, Kompetenzen im Umgang mit Lebensmitteln, Natur und Umwelt zu vermitteln, das ist mir ein großes Anliegen.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Aktuell ist besonders in der Tierhaltung viel Bewegung. Die Forderungen von Politik, Gesellschaft und LEH nach höheren Standards in der Tierhaltung sind deutlich zu spüren, aber es fehlt die Perspektive, wie das bezahlt werden soll. Die Tierhaltung ist in den Medien ständig in der Kritik. Leider wird Tierhaltung und Fleischverzehr nur mit negativen Botschaften im Bereich Umwelt/Klima/Ernährung dargestellt. Der Blick auf die positiven Auswirkungen wie Kreislaufwirtschaft und den gesundheitlichen Wert wird von den Medien vernachlässigt. Das belastet viele Bauern. Es führt zu Unsicherheit und Frustration. Betriebe, die für sich keine Perspektive mehr sehen, geben auf.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Der Mensch steht im Vordergrund. Jeder Bauer, jede Bäuerin muss einen Weg finden, wie man Betrieb und Lebensqualität unter einen Hut bringt. Das heißt auch manchmal Veränderungen zuzulassen und entsprechend zu reagieren. Ohne darauf zu achten, was die „soziale Kontrolle“ im Dorf sagt. Jede Generation muss den landwirtschaftlichen Betrieb so entwickeln, dass es für sie passt. Da heißt es, Generationenkonflikte im Dialog anzupacken! Dieses Bewusstsein müssen wir schaffen!
Selbstbewusstsein, Mut zur Veränderung und Vertrauen zum eigenen Gefühl.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Verständnis für die aktuelle Situation auf den Betrieben und Zukunftsperspektiven für unsere Bäuerinnen und Bauern. Die ganze Grüne Branche steht vor großen Herausforderungen. Wir könnten als Berufsstand Lösungen einbringen. Wir würden die Rahmenbedingungen gerne praxistauglich mitgestalten, damit bäuerliche Familien ihre Höfe auch weiterhin bewirtschaften können.
Janika Thielecke
Wie würden Sie sich selbst in wenigen Worten beschreiben?
Ich bin Psychologin und Wissenschaftlerin und möchte mich dafür einsetzen, dass jeder Mensch die Unterstützung für seine (psychische) Gesundheit erhält, die zu ihrer oder seiner Lebenssituation gerade am besten passt.
Stehen Sie in einem besonderen Bezug zur Grünen Branche ― wenn ja, in welchem?
Erst über die Arbeit im Modellprojekt der SVLFG „Mit uns im Gleichgewicht“ habe ich einen engeren Bezug zur Grünen Branche erhalten und wurde sehr für das Thema der Belastungen in der Landwirtschaft sensibilisiert.
Wie nehmen Sie die momentane Situation der Menschen in der Grünen Branche wahr?
Ich denke, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme in der Grünen Branche werden immer komplexer. Es ist gut und wichtig, dass diese mehr Aufmerksamkeit erhalten und mittlerweile auch in der internationalen Forschung auf viel Interesse stoßen.
Was möchten Sie mit Ihrem Vortrag erreichen?
Mit meinem Beitrag möchte ich auf die Möglichkeiten aufmerksam machen, die moderne Kommunikationsmittel für die Prävention psychischer Belastungen bietet und wie diese in der Grünen Branche unterstützend eingesetzt werden können.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich für die Menschen auf den Betrieben wünschen?
Ich wünsche mir für die Menschen auf den Betrieben, dass sie ihre Leidenschaft für ihren Beruf behalten und mehr Unterstützung durch die Gesellschaft erfahren.
Ziele des Symposiums
Mit unserem Symposium möchten wir u. a. beleuchten, dass
- der Transformationsprozess Landwirtschaft auch eine – bisher eher übersehene – psychosoziale Komponente hat und dass nur gesunde, ressourcenbefähigte Unternehmerinnen und Unternehmer überhaupt in der Lage sein werden, diese Herausforderung anzunehmen und zu bewältigen;
- es bereits jetzt unterschiedliche, zum Teil gut evaluierte Gesundheitsangebote/Beratungsangebote/Präventionsleistungen gibt;
- Beratung zu einem integralen Bestandteil von Veränderungsprozessen werden muss;
- soziale Dienstleister Hand in Hand agieren müssen;
- seelische Belastung in den grünen Berufen immer noch ein Tabuthema ist und sich Betroffene oft zu spät Hilfe suchen;
- wir vor diesem Hintergrund vor einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe stehen, die von uns als agrarsozialer Verbundträger, dem Berufsstand, der Politik und der Wissenschaft gemeinsam angegangen werden muss.
Präsentationen
- Dr. Petra Abele: Die SVLFG Box "Gute Arbeit im Kleinunternehmen" PDF, nicht barrierefrei, 443 KB
- Anika Bolten: Hinter den Kulissen - Die Vielfältigkeit der Lebensrollen von Frauen in der Landwirtschaft und deren Rollenkonflikt - sowie Arbeitsbelastungspotenziale PDF, nicht barrierefrei, 1.2 MB
- Dr. Marion Baierl: Veränderungen gesund gestalten PDF, nicht barrierefrei, 735 KB
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Zazie von Davier und Susanne Padel: Frauen in der Landwirtschaft
Ergebnisse der bundesweiten Onlinebefragung zur seelischen Gesundheit
PDF, nicht barrierefrei, 734 KB -
Dr. Christian Hetzel: Mediation & sozioökonomische Beratung in zwei Pilotregionen
Zwischenergebniss der Evaluation
PDF, nicht barrierefrei, 887 KB - Prof. Dr. Hugo Mennemann: Ethische Grundlagen und Legitimation von Beratung PDF, nicht barrierefrei, 955 KB
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Pfr. Peter Schock: Psychische Gesundheit in der Grünen Branche - wen interessiert's?
Eine theologisch-ethische Betrachtung
PDF, nicht barrierefrei, 218 KB - Prof. (em.) Dr. Bernhard Sieland: Gute Maßnahmen brauchen Änderungsbereitschaft. Lese- und Schreibberatung via Online-Forum PDF, nicht barrierefrei, 781 KB
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Prof. Dr. Matthias Berking; Janika Thielecke, M. Sc. Psychologin: Modellvorhaben "Mit uns im Gleichgewicht"
Einblicke in die Wirksamkeitsstudie zum telefonischen...
PDF, nicht barrierefrei, 459 KB