Fassadenbegrünung
Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsgründe sprechen für die Gebäudebegrünung in Ballungsräumen. Die Stadt Düsseldorf hat sich bei den Kö-Bögen entschieden, auf einer Gebäudegröße von mehr als 41.000 qm 30.000 Hainbuchen zur Dach- und Fassadenbegrünung einzusetzen.
Die Hecke bindet etwa so viel CO2 wie 80 ausgewachsene Laubbäume. Die Entscheidung für die heimische Hainbuche fiel aus brandschutztechnischen Gründen. Die Versorgung der Hecke mit Wasser und Dünger erfolgt über eine zentrale Wasserversorgung. QR-Codes auf den Pflanzkübeln helfen, einzeln auftretende Probleme im Rahmen der gärtnerischen Pflege zu lokalisieren und zu dokumentieren.
Arbeitsschutz ist wichtig
Für den Arbeitsschutz ergeben sich aus dem ungewohnten Arbeitsumfeld besondere Herausforderungen.
TOP - Maßnahmen gegen Absturz
Über Laufroste und verschiedene Typen von Befahranlagen, die dauerhaft am Gebäudekörper angebracht sind, bewegen sich die Gärtner an der Fassade des Kö-Bogen II entlang. Schutzmaßnahmen gegen Absturz haben hier oberste Priorität. Diese konnten durch die zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen dem Bauherrn, dem Architekten, den beteiligten Fachfirmen aus den Bereichen Fassadenbau, Dachbegrünung, Garten- und Landschaftsbau und den Fachexperten des Bereiches Prävention der SVLFG umgesetzt werden. So musste u. a. berücksichtigt werden, dass bei gärtnerischen Arbeiten an Bauwerken wie hier an der Grünfassade bereits ab einer Absturzhöhe von mehr als 2 Metern Maßnahmen gegen Absturz ergriffen werden müssen, währenddessen bei Arbeiten auf Dächern diese Anforderung erst ab einer Absturzhöhe von mehr als 3 Metern gilt. Wirksame Schutzmaßnahmen müssen rechtzeitig im Rahmen einer detaillierten Gefährdungsbeurteilung in einer frühen Planungsphase ermittelt, festgelegt und im weiteren Verlauf zuverlässig realisiert werden.
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet die Verantwortlichen dazu, die Rangfolge der Schutzmaßnahmen nach dem TOP-Prinzip zu beachten . Dabei haben mögliche technische Schutzmaßnahmen, wie z. B. ein Geländer an der Absturzkante, immer Vorrang vor organisatorischen oder individuell wirkenden Schutzmaßnahmen wie einer Persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA). Eine Absturzsicherung, die lediglich aus einem unscheinbaren Anschlagpunkt am Gebäude besteht, ist als Arbeitsschutzmaßnahme nicht wirksam und allein nicht ausreichend.
Weitere Gefahren und Belastungen
Neben dem eigentlichen Absturz vom Bauwerk müssen weitere Gefahren und Belastungen betrachtet werden. Was geschieht bei einem etwaigen Notfall wie der Schnittverletzung mit einer Heckenschere? Besteht dann die Möglichkeit ohne weiteren Zeitverzug die verletzte Person zu erreichen, um Maßnahmen zur Ersten-Hilfe zu leisten? Oder müssen bewusstlose Personen, die in mit ihrem Auffanggurt unterhalb der Absturzkante am Gebäude hängen, erst noch aufwendig geborgen werden? Allein daraus wird ersichtlich, dass die Verwendung einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) keine wirksame Einzelmaßnahme ist, sondern immer kritisch hinterfragt und durch weitere Maßnahmen begleitet werden muss. Fragen wie u. a. nach der Anordnung, Belastbarkeit und dem Zustand der Anschlagpunkte, die Befähigung der Mitarbeiter zur bestimmungsgemäßen Benutzung solcher Schutzsysteme sind von großer Bedeutung und müssen vor Durchführung der Arbeiten beantwortet werden. Somit wird sehr deutlich, warum z. B. ein Geländer, welches fest am Bauwerk angebracht wurde, als kollektiv wirkende Schutzmaßnahme zu bevorzugen ist. Es schützt zuverlässig, sobald es an der Absturzkante angebracht wurde.
Auch die ergonomischen Belange an einen Arbeitsplatz dürfen nicht vernachlässigt werden. Hat der Mitarbeiter ausreichend freien Bewegungsraum und einen sicheren Stand, um mit einer Heckenschere die Grünfassade zu pflegen? Welche Antriebstechnik ist in diesem Fall geeignet? Die Heckenschere mit Verbrennungsmotor wohl kaum, da neben den Belastungen durch die Abgase und die Hand-Arm-Vibration, insbesondere die Lärmbelastung immer kritischer gesehen wird, vor allem dann wenn in der Nähe zu Wohnbebauung gearbeitet werden muss. Welche Akkutechnik kann alternativ verwendet werden? Ein Akku direkt an der Heckenschere, die dadurch schwerer wird oder doch ein externer Akku, der auf dem Rücken getragen wird, dann aber u. U. bei der Benutzung der PSAgA stört?
Ein besonderes Augenmerk wurde am Kö-Bogen II auf die individuell für dieses Bauwerk konstruierten Fassadenbefahranlagen gelegt. Diese müssen für die Gärtner sicher erreich- und verwendbar sein. Auf- und Überstiege zu Arbeitsplattformen müssen frei von Absturzgefahren sein. Anschlagpunkte müssen gekennzeichnet sein und müssen den zu erwartenden Belastungen standhalten. Der betriebssichere Zustand muss regelmäßig wiederkehrend von befähigten Personen überprüft und das Prüfergebnis über die gesamte Nutzungsdauer hinweg schriftlich dokumentiert werden. Die Mitarbeiter, die solche Arbeitsmittel nutzen, müssen vor erstmaliger Tätigkeitsaufnahme, danach mindestens einmal jährlich, in der bestimmungsgemäßen Verwendung unterwiesen werden. Die notwendigen Betriebsanweisungen, die der Arbeitgeber für die Arbeitsmittel und –verfahren zu erstellen hat, benennen in verständlicher Sprache die auftretenden Gefahren und Belastungen, die entgegenwirkenden Schutzmaßnahmen und das Verhalten im Gefahr- und Notfall. Somit sollten diese immer Bestandteil der Mitarbeiterunterweisung sein.
Die besondere Verantwortung des Bauherrn
Richten sich Anforderungen zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz zumeist vorrangig an den Arbeitgeber und dessen Mitarbeiter, so kommt bei der Errichtung eines Bauwerkes dem Bauherrn eine besondere Verantwortung zu. Zum Schutz der Beschäftigten schreibt der Gesetzgeber in der Baustellenverordnung (BaustellV) vor, dass für Bauvorhaben ab einer gewissen Größe ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator zu bestellen ist. Neben der Koordinierung der Schutzmaßnahmen aller am Bauvorhaben beteiligten Gewerke, wie die gemeinsame Verwendung eines Schutzgerüstes, muss dieser ein Dokument über einzuleitende Schutzmaßnahmen bei späteren Arbeiten am Bauwerk abfassen. Instandhaltungs- und Pflegearbeiten an der Dach- und Fassadenbegrünung müssen hier unbedingt berücksichtigt werden. Dank der intensiven und zielführenden Kooperation aller Beteiligten konnten am KÖ-Bogen II die notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden, die den Gärtnerinnen und Gärtnern bei ihrer fachkundigen Pflege der Fassaden- und Dachbegrünung immer einen optimalen Schutz bieten.